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Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Titel: Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickie
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Patrioten an.
    »Wohlan, edle Herren! Das Glück ist euch hold. Wir alle hier haben schon darauf gewartet, euch Ehre zu erweisen. Lang lebe Italien! Lang lebe die Freiheit! Wir Camorristi, die wir euer trauriges, ehrenvolles Schicksal teilen, entbinden euch hiermit jeglicher Camorrapflicht (…) Fasst Mut, edle Herren! Ich schwöre zu Gott, dass euch niemand hier auch nur ein Haar krümmen wird. Ich bin der Anführer der Camorra, und nur ich habe hier das Sagen. Ein jeder muss mir aufs Wort gehorchen, auch der Kerkermeister und seine Wärter.«
    Binnen einer Stunde hatten die neuen Gefangenen zwei nüchterne Lektionen gelernt: dass der Camorraboss den Mund keineswegs zu voll genommen hatte, was seine Macht anbelangte; und dass sein Versprechen, sie jeder »Camorrapflicht« zu entbinden, völlig wertlos war. Der Camorrista gab ihnen zwar die Beutel zurück, die bei ihrer Ankunft im Gefängnis beschlagnahmt worden waren. Doch diese Höflichkeit hatte eigennützige Gründe, denn so konnte er dem verdutzten Herzog eine exorbitant hohe Summe für widerwärtiges Essen abknöpfen.
    Diese erste Forderung war niederschmetternd. Castromediano glaubte einer endlosen Tortur aus Schutzgelderpressung entgegenzusehen, und stand kurz vor dem Selbstmord.
     
    Der Herzog von Castromediano wurde am 4 . Juni des Jahres 1851 in Eisen gelegt. Die Szene ist real, aber auch metaphorisch, denn im Gefängnis, um die Mitte des 19 . Jahrhunderts, fand sich Italien zum ersten Mal an die Schurken gekettet, die seitdem jeden seiner Schritte behindern.
    Die Camorra entstand in den Kerkern. Als der Herzog von Castromediano das Castello del Carmine betrat, war im südlichen Italien die Bandenherrschaft hinter Gittern seit Jahrhunderten bittere Realität. Während des Ancien Régime war es einfacher und kostengünstiger, die alltägliche Aufsicht innerhalb der Gefängnisse den brutalsten Insassen zu überlassen. Mit Beginn des 19 . Jahrhunderts wurde aus den Gefängniserpressern schließlich eine verschworene Geheimgesellschaft, die auch in der Welt außerhalb der Verliese Fuß fassen konnte. Die Geschichte, wie es dazu kam, ist reich an Intrigen, doch im Wesentlichen an den ironischen Feinheiten zu erkennen, welche die erste Begegnung zwischen dem Herzog und dem Camorrista auszeichnen. Vorerst lässt sich diese Geschichte mit einem Wort zusammenfassen: Italien.
    1851 war das, was wir heute Italien nennen, eher ein »geographischer Begriff« als ein Staat und auf eine ausländische Macht (Österreich), zwei Herzogtümer, ein Großherzogtum, zwei Königreiche und den Vatikanstaat verteilt. Das größte dieser Territorien war zugleich das südlichste, das Königreich Neapel beziehungsweise Königreich beider Sizilien, wie es offiziell hieß.
    Von der Hauptstadt Neapel aus herrschte ein König der Bourbonendynastie über das süditalienische Festland und über die Insel Sizilien. Wie die meisten Fürsten in Italien plagte Neapels Bourbonen die Erinnerung daran, was ihnen in den Jahren nach der Französischen Revolution von 1789 widerfahren war. 1805 hatte Napoleon die Bourbonen vertrieben und seine eigenen Günstlinge auf den Thron gesetzt. Die Franzosenherrschaft brachte eine ganze Reihe von Neuerungen in der Art und Weise, wie das Königreich regiert wurde. Die Feudalherrschaft ging, der Privatbesitz kam. Eine wilde Mischung aus einheimischen Bräuchen, freiherrlichen und geistlichen Rechtsprechungen sowie öffentlichen Verordnungen verlor ihre Geltung; stattdessen kamen ein neues Zivilrecht und die erste Polizeitruppe. Der südliche Teil der italienischen Halbinsel ähnelte allmählich einem modernen, zentralisierten Staat.
    1815 wurde Napoleon schließlich besiegt. Als die Bourbonen wieder an die Macht kamen, behielten sie die großen Vorteile bei, die sie aus den französischen Reformen ziehen konnten, um die eigene Autorität zu sichern. Doch Theorie und Praxis der modernen Verwaltung waren schwer zu vereinbaren. Der Thron des Königreichs beider Sizilien stand noch immer auf wackeligen Beinen. Allerorten gab es Gegner des neuen, zentralistischeren Systems. Überdies hatte die Französische Revolution den Ländern Europas nicht nur neue Wege in der Staatsverwaltung aufgezeigt, sie hatte zudem lebhafte Vorstellungen von einer konstitutionellen Regierungsform, einer geeinten Nation und gar von Demokratie verbreitet.
    Herzog Castromediano gehörte zu einer Generation junger Männer, die sich dem Aufbau einer italienischen
Patria
widmeten, einem

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