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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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immer mein kleiner Bruder. Und große Brüder passen auf die kleinen Brüder auf, das ist doch so, oder? Ich habe nicht gut genug auf ihn aufgepasst. Momo kann nichts dafür. Es war der Wendigo, der ihm dies alles befohlen hat. Das Waldmonster ist da draußen und ruft nach ihm. Es will Momo zu sich holen!“
    „Und das FBI hat dir deine Lüge geglaubt?“, fragte Ondragon. Er fühlte sich unwohl und warf einen Blick auf Momo, der unschuldig dreinschaute. Wie hatten die beiden Hillbillies es geschafft, die erfahrenen Psychologen vom FBI hinters Licht zu führen? Vielleicht, weil sie damals Kinder gewesen waren und einer von ihnen dazu noch geistig zurückgeblieben. Aber Ondragon hatte nicht vor, den Mord dieses verrückten Mongos zu decken. Wer wusste schon, was in solch einem verkorksten Gehirn vor sich ging? Vielleicht brachte er morgen seinen Bruder um!
    „Das FBI hätte die Wahrheit nie geglaubt, deshalb hat unsere Lüge vielleicht so gut funktioniert. Aber Sie, Mr. On Drägn , Sie glauben uns doch? Sie kennen die Wahrheit nun und wissen, dass Momo nichts dafür kann.“
    Ondragon fuhr sich mit der Hand durch das Haar. Er war müde, und das Fieber wütete in ihm wie ein unkontrollierter Waldbrand. Es war ein Wunder, dass er nicht Qualm ausatmete. Und zu allem Überfluss knurrte auch noch sein Magen. Ein schönes Steak käme jetzt gerade recht.
    „Wissen Sie, Mr. On Drägn , Sie sind der Erste, dem ich das erzähle, seit dem es passiert ist. Wir brauchen Ihre Hilfe.“
    Brauchten sie das? Eigentlich war die Sache eindeutig. Mortimer Parker waren, aus welchem Grund auch immer, die Sicherungen durchgebrannt und er hatte seine Eltern massakriert. Und Pete weigerte sich, das wahrhaben zu wollen. Im Grunde genommen war Momo eine tickende Zeitbombe und womöglich hatten nur Dr. Arthurs Bemühungen um den Jungen ihn davon abgehalten, einen neuen Mord zu begehen. Auf einmal war Ondragon das Interesse des Arztes an Momo sonnenklar. Der Junge war ein perfektes Forschungsobjekt. Kannibalismus bei Kindern! Was für eine ungeheure Schweinerei betrieb Dr. Arthur hier eigentlich? Es war höchste Zeit, dem Kerl das Handwerk zu legen.
    „Zu dir spricht er doch aaauch. Hab iiich Recht?“
    Ondragon sah Momo an, dessen Frage ihn aus seinen Gedanken auftauchen ließ.
    „Wer spricht zu mir?“, fragte er den geistig behinderten Jungen.
    „Der Wendiiiigooooo! Ich sehe es. Er hat dich auch berührt. Daaaaa!“ Er zeigte auf die Wunde an seiner Stirn. Ondragon hob überrascht die Hand und befühlte die pochende Schwellung. Konnte es wirklich sein, dass der Wendigo ihn k.o. geschlagen hatte?
    „Hast du Hunger?“, wollte Momo wissen. „Iiiich habe iiiimmer Hunger! Und heiß ist mir auch, aber daran hab ich mich gewöhnt. Brauch‘ nachts keine Decke mehr, und im Schnee kann ich auch länger spiiielen, auch wenn mir oft die Füüüße wehtun.“
    Das reichte! So ein Blödsinn. Hirnloses Gequatsche aus dem Mund eines zurückgebliebenen Trollkindes.
    „Ich gehe jetzt, Pete“, sagte Ondragon. „Deinem Bruder kann ich nicht helfen. Tut mir leid.“ Er wollte sich erheben, doch Pete klammerte sich unvermittelt an seinen Oberarm und hielt ihn zurück.
    „Bitte, Mr. On Drägn ! Sie haben es versprochen. Ich habe Ihnen alles über unsere Familie erzählt, und jetzt helfen Sie uns. Bitte, lesen Sie das Buch vor. Das war der Deal!“
    Ondragon kämpfte mit seinem aufwallenden Zorn, seine Geduld mit diesem Humbug war am Ende. Er benötigte dringend Fieberpillen und ein Bett, sonst nichts. Das Letzte, was er jetzt brauchen konnte, war, in einem alten … beschissenen Buch zu lesen!
    Der Hillbilly heulte derweil Rotz und Wasser und bot einen jämmerlichen Anblick. Er bettelte und flehte. Seine zähe Verzweiflung füllte den kleinen Raum langsam an. Ondragon fühlte sich davon in die Enge getrieben. Und er hasste es, in die Enge getrieben zu werden.
    „Sie haben es versprochen!“
    Hatte er das? Verdammt, ja!
    Schwindelgefühl überkam ihn und sein Schutzschild aus Selbsterhaltungstrieb und Nahkampfausbildung versagte endgültig. Heftig rang er um einen klaren Gedanken und blinzelte in das trübe Licht. Er kam sich vor wie in einer schlechten Geisterbahn. Das Zimmer schwankte und die Figuren waren auch nicht sonderlich überzeugend. Aber der erdrückende Sandsack aus den verschiedenartigen Empfindungen war da und machte ihm das Atmen schwer. Er kämpfte dagegen an, aber es war zwecklos. Er musste es einsehen. Er hatte verloren. Verloren

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