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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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rauszukommen, erhob er sich.
    „Haben Sie denn das Buch?“, fragte der Kofferjunge.
    Ondragon schob die Tüte über das Bett.
    Pete rieb sich die Hände. „Mann, das ist Spitzenklasse, Mr. On Drägn ! Dann können wir ja gleich anfangen!“ Er griff nach dem in Plastik eingewickelten Paket und begann es auszupacken.
    Ondragon legte ihm eine Hand auf den Arm. „Warte! Zuerst erzählst du mir alles über den Mord an euren Eltern. Vorher mache ich nicht mit.“
    Pete sah ihn einen Moment lang mit flackerndem Bick an, ob nun vor Aufregung oder aus Angst, das konnte Ondragon nicht erkennen.
    „Mr. On Drägn . Ich habe doch gesagt, dass es Momo war.“
    Ondragon sah von Pete zu seinem Bruder, der dumpf dreinschaute. „Das ist meine Bedingung, Pete! Ich möchte vorher alles wissen. Auch, warum du ihn für den Wendigo hältst. Eine Hand wäscht die andere. Danach helfe ich euch, versprochen.“
    Pete presste die Kiefer aufeinander. Ihm schien nicht ganz klar zu sein, dass das hier ein Geben und Nehmen war. Und jetzt war er an der Reihe.
    „Ooookay“, sagte er schließlich. „Ich erzähle es Ihnen, aber bitte verraten Sie es nicht an die Polizei weiter, ja? Ich habe nämlich damals die Cops belogen. Und das ist nicht gut. Wenn das rauskommt, kriege ich Ärger. Aber hier in diesem Buch steht, wie wir Momo heilen können. Das ist das einzige, was ich will. Ich will Momo retten.“
    Also ob man einen Mörder heilen könnte, dachte Ondragon. Die Tat war geschehen, die Parkers waren tot, und Momo würde die Verantwortung dafür übernehmen müssen, in welcher Form auch immer. Wahrscheinlich würde er ohne Umschweife in der Psychiatrie landen, wo er dann den Rest seines eh schon traurigen Daseins fristen würde. Aber zunächst wollte er Pete in dem Glauben lassen, er könne seinem Bruder helfen. Mit einer Geste forderte er den Hillbilly auf, endlich loszulegen. Dieser lehnte sich mit überkreuzten Beinen zurück an die Wand und kraulte gedankenverloren mit seiner rechten Hand über den klobigen Kopf des Hundes, der schon längst wieder schlief.
    Als Pete endlich zu erzählen begann, wurde es unmerklich immer wärmer und stickiger in dem Raum, und bald hatte Ondragon das Gefühl, er sei in einem weiteren grauenhaften Alptraum gefangen.
    Nur, dass er sich dieses Mal absolut sicher war, dass er nicht schlief!

43. Kapitel

    2009, Moose Lake, in der Hütte der Parkers

    Schwitzend spürte er, wie das Fieber langsam seinen Siedepunkt erreichte. Dünnflüssig pulsierte es durch seine Adern und pochte von innen an seine Trommelfelle. Ein glühender Funkenschwarm kribbelte unter seiner Haut, und sein Kopf hatte sich in einen Fußball verwandelt, der mit Nägeln und Glassplittern gefüllt war.
    Er brauchte dringend stärkere Medizin! Doch er konnte jetzt nicht zur Lodge zurück. Dafür war die Story, die Pete ihm da gerade servierte, zu grausam und zu faszinierend!
    Die Familientragödie begann mit den Ereignissen im Sommer 1997. Drei Wochen, bevor Herman und Louisa Parker umgebracht wurden, war der damals neun Jahre alte Mortimer plötzlich verschwunden. Pete und seine Eltern hatten den kleinen Bruder überall im Umkreis von mehreren Meilen um ihr Haus gesucht. Sie waren verzweifelt, gingen aber nicht zur Polizei. Auch nach drei Tagen nicht, denn sie dachten, dass sie sich sowieso viel besser im Wald auskannten als die Cops und suchten lieber selbst, durchforsteten jeden Busch, jede Höhle und jeden Tümpel, aber erfolglos.
    Am Abend des vierten Tages tauchte Momo ganz unerwartet wieder auf. Völlig verschmutzt und verwirrt stand er vor der Tür des Blockhauses. Sein Haar war ergraut und sein Geist verwildert. Der Speichel lief aus seinem Mund und er gab ein gutturales Stöhnen von sich, so als sei seine Zunge gelähmt. Am linken Bein hatte er eine tiefe Bisswunde, die seine Eltern sofort verarzteten. Immer wieder schüttelten sie ihn und fragten, wo er gewesen sei. Doch was der Junge schließlich mit schleppender Stimme erzählte, war eine völlig unglaubwürdige Geschichte. Er beharrte mit geradezu unheimlicher Ernsthaftigkeit darauf, er habe im Wald hinterm Haus gespielt, und dann sei plötzlich ein Tier zwischen den Bäumen erschienen. Ein sehr großes Tier. Es habe zu ihm gesprochen und behauptet, es sei der Wendigo. Und er sei gekommen, um ihn zu holen.
    „Zuerst wollte mein Bruder nicht mitgehen, weil er Angst hatte. Nicht war?“ Pete warf Momo einen Blick zu, der mit unglücklicher Miene nickte. „Doch dann hat der

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