Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)
aufzubrechen, wenn er früher von Bord gehen sollte. Deshalb hoffte er, dass Achille genau wusste, wen er bei den marokkanischen Behörden zu schmieren hatte, damit sie schnell ihre Genehmigungen bekamen. Zur Not mussten sie es eben ohne durchziehen. Wäre schließlich auch nicht das erste Mal.
Alles in allem war Ondragon recht zuversichtlich, dass es ihnen gelingen würde, an dem Unbekannten dranzubleiben, zumindest so lange, wie die Satellitenüberwachung des BND funktionierte. Er spürte, wie das Kribbeln der Vorfreude ihn wieder erfasste, und rieb erwartungsvoll seine Fingerspitzen aneinander. Der Wettlauf hatte begonnen.
Am Abend kehrte er schwer beladen mit seinen Besorgungen zum Hotel zurück. Sein Zimmer quoll über vor Tüten mit Kleidung, Proviant und anderen wüstentauglichen Utensilien. Den Metalldetektor hatte er bei einem Ausstatter für Amateur-Schatzsucher und Beachcomber erstanden. Es war zwar ein älteres Gerät, aber es funktionierte tadellos. Als er sich auf das Bett warf und die Augen schloss – nicht nur, um sich kurz auszuruhen, sondern auch um möglichst die Rüschen der Vorhänge auszublenden – klingelte sein Telefon. Ondragon warf einen flüchtigen Blick auf das Display, drückte auf die Taste mit dem grünen Hörer und schloss schnell wieder die Augen.
„Hallo, Truthfinder! Was gibt’s? Hast du den Code geknackt?“
„Leider noch nicht, Mr. O.“
„Und warum rufst du dann an?“
„Mann, Sie sind aber mies darauf.“
„In der Tat. Und es wird mit jeder Stunde mieser, die es mit dem Code noch länger dauert! Wir haben nur noch drei, maximal fünf Tage Zeit, um ihn zu knacken. Vielleicht auch viel weniger. Ich muss, wissen, was es mit den Zahlen auf sich hat.“
„Das klingt ja, als hätten Sie Dr. No im Nacken!“
„So in etwa.“
„Okay, ich rufe an, weil ich das Kreuztattoo gecheckt habe. Auf den ersten Blick ist es bloß ein geometrisches Muster, aber – und jetzt kommt‘s – auf den zweiten Blick könnten es auch Zahlen sein!“
„Was für Zahlen?“
„Römische Ziffern. Sie sind auf zwei gekreuzten Ebenen gespiegelt. Das oberste sind zwei X-Symbole, das heißt, zwei Zehnen. Sie bilden vermutlich eine Zwanzig. Darunter ist ein V, also eine Fünf. Krass, nicht? Das Symbol in der Mitte ist allerdings etwas komplizierter. Auf jeden Fall ist es schon mal kein Balkenkreuz. Wenn es Ziffern sein sollen, dann könnte man darin ein X und vier Vs mit jeweils einem Strich darin erkennen, also einer Eins.“
„Komm zur Sache!“, drängelte Ondragon ungeduldig.
„Okay, okay, bin ja schon dabei. Also, das Symbol in der Mitte ergibt entweder eine unmöglich zu konstruierende Zahl, oder wir streichen einfach drei der Vs und Is zu Ungunsten der Symmetrie und erhalten eine Vierzehn oder eine Sechzehn!“
„Zwanzig, Fünf, Vierzehn, Sechzehn? Was soll das bedeuten?“
„Ich habe die Zahlen durch ein spezielles Symbolik-Programm laufen lassen, aber leider ergeben sie keinen Sinn. Auch die Quersummen daraus nicht. Trotzallem können wir davon ausgehen, dass dieses Kreuz jemand gemacht hat, der genau wusste, was er da tat.“
„Es hat etwas zu bedeuten, das spüre ich“, murmelte Ondragon nachdenklich.
„Nur was?“
„Das werden wir noch herausfinden! Truthfinder, könntest du mal überprüfen, ob ein Kerl namens Chester William Black oder ein Monsieur Noire in deinem Forum unterwegs ist. Such auch andere Namen, die etwas mit Schwarz oder Dunkelheit zu tun haben könnten. Ich habe da einen Verdacht.“
„Mach ich. Sonst noch was?“
„Ja, erklär mir mal so einfach wie möglich, was es mit dieser Nullpunktenergie auf sich hat.“
„Jetzt?“
„Ja, jetzt!“
„Ooookay. So einfach wie möglich, sagten Sie. Nun gut. Es gibt da die These, dass jeder Raum unsichtbare Energie enthält, die man nutzbar machen könnte. Früher nannte man diese Form von Energie ‚dunkle Energie‘ oder auch ‚dunkle Strahlung‘. Nikola Tesla sagte dazu, glaube ich, Ätherenergie. Heute heißt sie zum Beispiel Vakuumenergie, Freie Energie, Neutrinopower oder kosmische Strahlung. Wir bleiben aber mal besser bei Nullpunktenergie, der Begriff gefällt mir am besten. Er leitet sich davon ab, dass auch am absoluten Temperatur-Tiefpunkt, bei Null Kelvin, immer noch Energie vorhanden sein muss. Leichter zu erklären ist das allerdings am Vakuum. In der Quantenmechanik wird es als wahrscheinlich angenommen, dass auch im Vakuum, also in einem vollkommen teilchenleeren Raum – dem Nichts
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