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Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
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trotzdem noch nicht ganz einleuchten. „Ich frage mich, warum niemand ihn mit nach unten genommen hat, wenn er doch offensichtlich verwirrt war? Er könnte dort oben erfroren sein. In den Nächten wird es verdammt kalt. Oder er hat an der Höhenkrankheit gelitten.“
    „Ich kann nur wiedergeben, was ich gehört habe, Phil. Keiner hat erzählt, dass sie ihn mit runtergenommen haben. Aber erfroren ist er anscheinend auch nicht, denn erst vorgestern ist er wieder gesichtet worden. Er stand neben diesem komischen Röhrendings, das Sie dort aufgebaut haben.“
    „Das Röhrendings ist ein Empfangsterminal.“
    „Was auch immer. Jedenfalls soll er dort gestanden und unentwegt auf das Ding gestarrt haben. Die Leute nennen ihn schon den ‚Geist vom Pikes Peak‘. Echt gruselig, das kann ich Ihnen sagen!“
    Das war es in der Tat, dachte Philemon. Er konnte sich jedoch nicht daran erinnern, dergleichen bemerkt zu haben, als er mit den anderen oben auf dem Berg gewesen war. „Und wurde er auch mal unten in der Stadt gesichtet?“
    Herkimer schüttelte den Kopf.
    „Wissen Dr. Tesla und seine Assistenten davon?“
    Diesmal kam nur ein Schulterzucken von Seiten des Telegraphisten.
    Philemon spürte, wie sich das Unbehagen tiefer bei ihm einnistete. Sie mussten es wissen, Denn warum sollten Tesla und die beiden anderen sonst in den Nächten nach Myers gerufen haben? Angeblich war er vorgestern zum letzten Mal gesichtet worden. Das war dann doch während des Experiments gewesen!
    „Danke für die Informationen“, sagte er und erhob sich kurz darauf. „Ich muss jetzt gehen.“
    Herkimer blinzelte zu ihm hinauf. „Ich sage die Wahrheit.“
    „Das glaube ich Ihnen, Joe, und ich schulde Ihnen was dafür. Aber zuerst muss ich darüber nachdenken. Adieu, wir sehen uns.“ Er tippte sich an seinen Hut und verließ den verrauchten Kellerraum.
    Draußen strich Philemon seine Kleidung glatt. Er schnaubte in sein Taschentuch, um den Opiumgeruch aus seiner Nase zu bekommen, und atmete er ein paar Mal tief durch. Er musste das Gehörte erst mal verdauen, bevor er sich ins Bett legen und Schlaf finden konnte. Also ging er zurück auf die Pikes Peak Avenue und spazierte ziellos durch die Nacht.

    Bewaffnet mit einer Werkzeugtasche fuhr Philemon am folgenden Sonntag mit einer Kutsche nach Manitou Springs und ließ sich an der Talstation der Zahnradbahn absetzen. Zusammen mit einer Schar aufgeregt schnatternder Kurgäste aus Colorado Springs wartete er auf die Ankunft des Zuges. Immer wieder sah er sich um, um sich zu vergewissern, dass ihm niemand folgte.
    Dr. Tesla hatte sich am gestrigen Abend äußerst wohlwollend darüber geäußert, dass Philemon sich erboten hatte, das Terminal auf dem Gipfel zu inspizieren, und hatte ihm sogar Geld für eine Fahrkarte gegeben. Er solle jedoch darauf achten, am Tag des Herrn nicht zu lange zu arbeiten. Für sich als Sohn eines Priesters könne der Doktor es zwar vertreten, wenn er am Sonntag arbeite, doch er wolle keinesfalls seinen Assistenten den Gang in die Kirche verwehren. Denn Religion sei wichtig. Sie gebe dem Menschen Ideale und gutes Gebaren.
    Philemon verzog das Gesicht. Zwar pflichtete er Tesla in seiner Ansicht über die Religion bei, aber hier in Colorado Springs zur Kirche gehen? Nein, danke! Keine zehn Pferde würden ihn hier in ein Gotteshaus bringen. Auf dem Empfang des nächsten Abendmahls würde er wohl warten müssen, bis er wieder in New York wäre.
    Die Zahnradbahn kam und es entstand Gedränge. Die Leute, die vom Gipfel kamen, stiegen aus und die, die hinauf wollten, stiegen ein. Philemon beeilte sich und ergatterte einen Platz am Fenster auf der windzugewandten Seite. So konnte er während der Fahrt die Aussicht und die frische Luft genießen, ohne dass der Qualm der Lok ihn störte.
    Keuchend und rußende Wolken ausspeiend quälte sich die Bahn die etwa fünfzehn Kilometer lange Strecke hinauf; an den steilsten Kehren lediglich im Schritttempo, so dass man hätte nebenherlaufen können. Nach einer halben Stunde erreichten sie die Baumgrenze und die Landschaft wurde von grünen Magerwiesen und Geröllfeldern bestimmt. Der Himmel war leicht bewölkt, die Aussicht dennoch atemberaubend. Philemon konnte über Colorado Springs hinwegschauen bis zu der Stelle in der Prärie, an der das Laborgebäude stand; ein winziger dunkler Fleck auf der verdorrten gelben Fläche.
    Auf der Hälfte der Strecke begann die Luft, dünner zu werden, und Philemon hoffte, nicht wieder Kopfschmerzen

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