Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)
geben, bevor er sie dem Publikum vorstellt. Jedoch erst, wenn er sich sicher sein kann, dass sie erfolgreich durchführbar ist.“
Philemon stieß ein bitteres Lachen aus. „Genau wie Röhnfeldt!“
„Nein, eben nicht. Dr. Röhnfeldt hat bei seinen Experimenten etwas Entscheidendes übersehen, eine Größe, die er nicht kontrollieren konnte. Sie wissen ja, dass der Äther angefüllt ist mit ungenutzter Energie. Dr. Tesla nennt sie ‚dunkle kosmische Strahlen‘. Er hat ihren Einfluss auf das Experiment erkannt und sie mit einberechnet.“
„Aber erst nachdem Myers etwas zugestoßen ist!“
Löwenstein warf einen hilfesuchenden Blick auf die geschlossene Tür zu Teslas Studierzimmer. Doch dahinter regte sich nichts.
„Was ist mit Frederick Myers passiert?“, bedrängte Philemon den Deutschen weiter. Jetzt war es sowieso egal, was dieser dachte. „Myers ist dem Röhnfeldt-Effekt zum Opfer gefallen, nicht wahr? Dunkle kosmische Strahlen hin oder her. Sie haben die Original-Versuchsanordnung dieses deutschen Arztes nachgebaut und das Experiment durchgeführt!“
Förmlich zu Stein erstarrt hockte Löwenstein da und sah ihn an. Seine Gesichtshaut war so bleich, als hätte er niemals Sonne abbekommen.
„Ich weiß, dass Sie nach Myers suchen“, flüsterte Philemon. „Er ist bei dem Experiment vor drei Monaten verschwunden und nicht wieder aufgetaucht. Ich frage mich jedoch: ist das nun Glück oder Pech? Denn es hätte ihm ja auch ergehen können wie Röhnfeldts Frau!“
Löwensteins Backenbart begann zu zittern.
„Sie …“ Philemon stieß einen Finger in Richtung des Deutschen. „… haben es zugelassen, dass der Versuch eines verrückt gewordenen Arztes wiederholt wurde und dabei ein Mensch zu Schaden kam! Sie sind schuld an Frederick Myers Tod!“
Plötzlich ertönte eine Stimme aus den Tiefen des Labors: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!“
Erschrocken sprang Philemon auf und starrte mit aufgerissenen Augen zu der großen Spule hinüber, von wo die Stimme gekommen war. Dort stand eine hochgewachsene Gestalt im Dunkeln.
„Ist das nicht etwas selbstgerecht, so hart zu urteilen“, sagte sie, „wenn man von Ihnen durchaus dasselbe behaupten könnte, Mr. Ailey?“
Er sah, wie das blasse Gesicht des Doktors sich langsam aus den Schatten löste. Mit einem geisterhaften Glänzen in den Augen blickte er zu ihnen herüber.
„Doktor … warum sind Sie nicht in Ihrem Studierzimmer? Ich habe Sie doch vorhin reingehen sehen!“ Die Frage war reichlich dumm, aber Philemon fiel in diesem Moment nichts Besseres ein.
Auch Löwenstein hatte sich mittlerweile erhoben und sah ihn an.
„Ich …“ Philemons Stimme versagte und nun schoss die Röte der Scham in sein Gesicht. Sie brannte wie Feuer auf seiner Haut.
Dr. Tesla kam aus den Schatten der Spule hervor und trat neben seinen deutschen Assistenten. Beinahe feierlich faltete er seine behandschuhten Hände vor dem Körper. Philemon erzitterte am ganzen Leib und plötzlich war sie wieder da, die Angst! Die Angst, hier in etwas hineingeraten zu sein, aus dem er nicht wieder lebend hauskommen würde. Diese Männer hatten schon einmal einen Assistenten ins Unglück getrieben, und sie würden es wieder tun, wenn er sich ihnen in den Weg stellte!
Der Doktor runzelte leicht die Stirn und legte den Kopf schief. „Was ist mit Ihnen?“, fragte er, so als hätte er keine Ahnung, wie bedrohlich seine Erscheinung wirkte. „Geht es Ihnen nicht gut?“
Philemon hätte am liebsten über die Absurdität dieses Augenblicks gelacht, aber seine Furcht vor diesen beiden Männern war zu groß, als dass er auch nur einen Laut hätte von sich geben können. Er wich vor ihnen zurück und versuchte, mehr Abstand zwischen sich und dem Doktor zu bringen.
„Ihr Fehler war damals übrigens gewesen, zu wenig Abstand gelassen zu haben“, sagte Tesla plötzlich aus dem Zusammenhang gerissen. „Deshalb ist es missglückt, Ihr Experiment.“
Philemon blinzelte verwirrt.
„Na, das Experiment im Labor der Universität von Yale. Dem nicht genehmigten Experiment, wohlgemerkt. Wenn Sie berücksichtigt hätten, dass Luft ein Leiter ist, dann wäre es Ihnen gelungen und …“
„… und mein Kommilitone würde noch leben. Es ist ein unverzeihlicher Fehler gewesen“, fuhr Philemon niedergeschlagen fort. Jetzt wusste er, wovon der Doktor sprach. Betroffen senkte er den Kopf und im selben Moment überrollte ihn die Vergangenheit, die er so sorgsam
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