Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)
Er sah den schattenumwogten Blick des Doktors. Der Grat zwischen Genie und Wahnsinn war bekanntlich schmal. Auch Dr. Felix Röhnfeldt war auf ihm gestrauchelt und schließlich auf der falschen Seite ins Dunkel gefallen.
„Bitte, Mr. Ailey“, wiederholte Tesla. Sein Blick war mit einem Mal erfüllt von tiefer Traurigkeit, und Philemon spürte einen Stich unterhalb seines Herzens. Und schließlich war es jene Traurigkeit, die ihn dazu veranlasste, sich an den Tisch zu setzen.
Eine Weile sahen die drei Männer einander an, schweigend in Gedanken vertieft. Und als der Doktor schließlich mit leiser Stimme zu erzählen begann, schien es, als hielte die ganze Welt den Atem an, um den Worten dieses Mannes zu lauschen.
51. Kapitel
02. Juni 2011 in der Wüste am Vormittag
Ondragon hielt mit dem Snake auf dem Kamm einer Düne und angelte nach seiner Wasserflasche. Er nahm einen kleinen Schluck und wischte sich mit dem losen Ende des Turbans den Schweiß aus den Augen. Die Dünen systematisch mit dem Snake abzufahren, Planquadrat für Planquadrat, war trotz GPS nicht einfach. Leider war der Metalldetektor bislang stumm geblieben. Entweder weil hier tatsächlich nichts war, oder weil der Turm zu tief im Sand steckte. Ondragon hoffte, dass beides nicht stimmte, und rückte entschlossen seine Sonnenbrille zurecht. Dann fuhr er weiter. Surrend arbeitete sich der Snake die Düne hinab und die nächste wieder hinauf. So ging es ständig. Hinab und hinauf, wie in einer Achterbahn.
„Was ist denn das?“, sagte er wenig später zu sich selbst und hielt an. Er blickte auf einen breiten Streifen aufgewühlten Sandes, der sich einmal quer durch die Dünen zog. Es sah aus, als wäre eine komplette Kompanie Soldaten hier entlang marschiert. Ondragon folgte der Spur einen ganzen Kilometer lang, bis er endlich auf die Verursacher der Fährte stieß. Gut verborgen in einem Dünental drängten sich über ein Dutzend Dromedare aneinander. Neugierig reckten sie ihre Hälse und beäugten den Besucher. Ondragon fiel auf, dass einige der Tiere eine unnatürlich helle Fellfärbung hatten. Sie waren weiß wie Schnee.
Malins Geisterdromedare! Sein Herz machte einen kleinen Satz. Schade, dass sie jetzt nicht hier sein konnte. Darüber hätte sie sich bestimmt gefreut.
Er zog seinen kleinen Fotoapparat aus der Hosentasche und machte einige Bilder. Er würde Malin die Aufnahmen später schicken mit dem Hinweis darauf, wo er die Tiere gesehen hatte. Mit einem Lächeln kehrte er den Dromedaren den Rücken und setzte die unerquickliche Suche nach dem Turm fort. Wenigstens das eine Planquadrat wollte er heute noch abarbeiten.
Plötzlich horchte Ondragon auf.
Er drehte sein Ohr in den Wind. Da waren Motorengeräusche. Schnell sprang er aus dem Scooter und suchte mit dem Fernglas den Himmel und die Wüste ab. Eine Windbö wehte ihm Sandkörner ins Gesicht und verursachte ein Stechen wie von kleinen Nadeln auf der Haut. Zum Schutz schob sich Ondragon den Stoff des Chèche-Turbans zurück vor Mund und Nase.
Aber der Wind brachte auch noch etwas anderes mit sich. Ein niederfrequentes, kaum wahrnehmbares Brummen. Eindeutig von einem Motor. Angestrengt blinzelte Ondragon in den Himmel, an dem es für den Bruchteil einer Sekunde aufblitzte. Die Reflexion von Sonnenlicht auf einer glänzenden Oberfläche! Vermutlich das Fenster eines Flugzeugs. Er hob das Fernglas und konnte eine kleine Maschine ausmachen, die tief über dem Kamm der Berge dahinflog und sich immer weiter herabsenkte. Es sah aus, als wolle sie dort in der Nähe der Oase landen. Ondragons Herzschlag beschleunigte sich. War das etwa Monsieur Noire? Er verfolgte den Flug der fremden Maschine, die inzwischen so tief war, dass die Bergrücken an ihrem Bauch zu kitzeln schienen. Dann tauchte sie zwischen die Felsen und war nicht mehr zu sehen. Ondragon blickte auf. Er konnte sich nicht daran erinnern, dort beim Überfliegen eine Piste gesehen zu haben. Es war ihm sowieso ein Rätsel, wie damals die viel größere und schwerere Junkers hier in dem Dünenmeer hatte landen und wieder starten können. Plötzlich kam ihm ein anderer Gedanke. Vielleicht war die Junkers auch gar nicht hier gelandet, sondern dort drüben. Vielleicht waren Schuchs Koordinaten nicht richtig und sie suchten an der völlig falschen Stelle!
Geduckt lief Ondragon zurück zum Snake. Wenn das dort tatsächlich Monsieur Noire war, dann war höchste Eile geboten!
52. Kapitel
02. Juni 2011 in der Wüste am
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