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Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
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zwischen einigen Felsformationen und undurchdringlichem Gestrüpp in Richtung Süden. Mehrere Male kreuzten ein Rennkuckuck und eine aufgeschreckte Schar Kalifornischer Wachteln seinen Weg.
    Wie angekündigt stieß er bald auf den Wash. Der Schweiß hatte mittlerweile sein Hemd unter dem Jackett durchtränkt. Mit brennenden Augen blickte er auf den ausgetrockneten Wasserlauf, der aus glattgeriebenen weißen Kieseln bestand, die anzeigten, dass hier zur Regenzeit regelmäßig ein reißender Strom durchfloss. Philemon schlug einen Haken nach links und marschierte weiter am Rand des Washs entlang, dabei hielt er seine Nase in den Wind. Und tatsächlich drang ihm kurz darauf der unverwechselbare Geruch von Ziegen in die Nase. Die Hütte konnte also nicht mehr weit sein. Er umrundete einen weiteren Felsen und sah das windschiefe Bauwerk auch schon vor sich liegen. Es duckte sich in den Schatten mehrerer Mesquite-Bäume, deren Zweige von unten zu einer klaren Linie abgefressen worden waren. Ziegen mähten wirklich alles ab, was ihnen in die Quere kam!
    Philemon blieb stehen und warf einen Blick zurück. Von Colorado Springs war kaum noch etwas zu sehen. Nur der Kirchturm ragte vor der blassgrauen Silhouette der Berge in den Himmel. Er drehte sich wieder um und betrachtete die von der Sonne ausgeblichene Holzhütte. Ein Hauch alter Zeiten umwehte sie – ein klägliches Überbleibsel aus dem „Wilden Westen“, jener fabelhaften Zeit der Pioniere und Planwagen. Philemon war noch nie weiter nach Westen als bis nach Chicago gereist, wo er 1893 als frisch gebackener Schulabsolvent die Wunder der Kolumbus-Weltausstellung bestaunen durfte. Sie war von Nikola Tesla persönlich elektrifiziert worden, nachdem er den Kampf um den von ihm propagierten Wechselstrom gegen Thomas Edison gewonnen hatte. Aber Chicago und auch New York waren fortschrittliche und aufstrebende Metropolen, gegen die Colorado Springs so lächerlich unbedeutend wirkte, dass es einem beinahe leid tat.
    Entschlossen setzte Philemon seinen Weg zur Hütte fort. Er hatte schließlich etwas mit dessen Bewohner zu klären. Als er bei der Behausung anlangte, schaute er sich um. Niemand war zu sehen, nur das Meckern der Ziegen drang an sein Ohr.
    „Hallo?“, rief er vorsichtshalber, denn er hatte wenig Lust, eine Ladung Schrot auf den Pelz gebrannt zu bekommen. „Hallo, Mr. Foley! Sind Sie da?“
    Keine Antwort. Philemon trat in den Schatten der baufälligen Veranda. Von Nahem sah die Hütte noch verkommener aus. So also lebte es sich westlich des Mississippi als angesehener Bürger eines maßgeblichen Kurortes! Weit genug weg von der feinen Gesellschaft, aber noch nah genug dran, um für Klatsch und Tratsch herzuhalten. Philemon hob eine Hand und pochte energisch an die geschlossene Tür. Stille antwortete.
    Unschlüssig verharrte er. Sollte er die Tür öffnen und nachsehen? Oder die Ziegen suchen? Vielleicht hielt sich der Hirte in ihrer Nähe auf. Er entließ erneut einen Ruf in die flimmernde Hitze des Vormittags. Weiter hinten auf der Ebene tanzte die gelbliche Säule einer Windhose in der staubigen Luft. Philemon blinzelte in die Sonne. Dann drehte er sich um und erschrak. Hinter ihm stand ein abgerissener Kerl mit verfilztem Bart und Schlapphut. Seine Hände waren riesige Pranken und hielten eine Flinte umklammert.
    „Was zum Teufel wollen Sie hier?“, blaffte er ihn an.
    „Sind Sie Mr. Foley?“, fragte Philemon furchtsam und hob rasch beide Hände.
    „Ja, bei den Eiern meines Vaters, diesem Bastard! Und wer sind Sie?“ Das Gesicht des Alten war unter einer schmierigen Schicht aus Staub und Schweiß kaum zu erkennen. Dafür leuchteten seine blauen Augen umso klarer. Aufmerksam huschten sie über den ungebetenen Gast.
    „‘N feiner Pinkel, sind Sie, was?“, knurrte er schließlich. „Sind nich‘ von hier.“
    Philemon räusperte sich, stellte sich vor und erklärte dem Mann sein Anliegen: „Ich bin aus New York und arbeite draußen in dem Labor mit D-“
    „Was? In dem Geisterhaus? Hauen Sie bloß ab! Damit will ich nichts zu tun haben! Los, verschwinden Sie!“ Der Lauf der Flinte zuckte.
    Philemon presste die Lippen aufeinander. Ihm hätte klar sein müssen, dass der Kerl nicht so leichtfertig alles ausplaudern würde. Erst recht nicht gegenüber einem Fremden. Ihm schwante, dass die Männer im Benson‘s deshalb so hämisch gegrinst hatten. Aber so schnell wollte er nicht aufgeben. Er zog den Hut vom Kopf und unternahm einen neuen Anlauf.

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