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One Night Wonder

One Night Wonder

Titel: One Night Wonder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Licht
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seiner Seite ist sowieso keine Reaktion zu erwarten. Ich werde ihm noch ein letztes Mal simsen und ihm dann seinen Kram kommentarlos zuschicken. Immer mal wieder hatte ich versucht zu rekapitulieren, was in unserer Beziehung eigentlich passiert war, kam aber stets zu demselben Schluss: gar nichts. Rein gar nichts. Na ja, eigentlich war nur mit ihm gar nichts passiert. Seit dem Abitur hatte er sich in einen Kokon der Stagnation verpuppt, an dessen undurchdringlicher Schale ich kontinuierlich abprallte.
    Sechs Wochen lang hatte er es an der Uni ausgehalten. Dann wurden die ersten Referats-Themen verteilt, und Mark hatte plötzlich keine Lust mehr. Er fand es dort genau wie in der Schule. Offenbar hatte er ein Diplom fürs Nichtstun erwartet. Nach einem Semester war also Schluss mit seinen Studien. Er brauchte ein weiteres Semester und die Drohungen seiner Eltern, um sich einen Job zu suchen. Schichtdienst an der Tankstelle war ihm nach einem Monat zu anstrengend, kellnern war ihm zu stressig und eine Lehre unter seinem Niveau. Am liebsten hätte er Musik studiert, konnte aber leider keine Noten. Die Bedingungen für die Aufnahmeprüfung ließen ihn blass aussehen, er schimpfte vor sich hin und murmelte etwas von künstlerischer Entwicklung, und die Bewerbungsunterlagen wanderten ins Altpapier. Stattdessen klampfte er lieber ziel- und planlos auf seiner Gitarre herum.
    Lange Zeit hat er mir den verkannten Künstler sehr erfolgreich verkauft. Ich fand sein schnoddriges Gehabe niedlich, seine Anti-Einstellung sehr lange ziemlich cool, und dass er gut aussah, war sowieso keine Frage. Vielleicht war er einfach nicht der Typ für eine klassische Karriere. Dass ich Noten lesen konnte und es ihm beibringen wollte, brachte mir übrigens nur ein herablassendes Naserümpfen ein. Mit seinem »absoluten Gehör« könne er eh alles ohne Noten nachspielen. Ich tat mich schwer, die fabrizierten Melodien zu erraten.
    Trotzdem hielt ich an ihm fest, vielleicht auch, weil ich glaubte, dass nicht jeder sofort wissen kann, was ihn wirklich interessiert. Ich wollte schließlich auch keine überhebliche Zicke sein, die ihm Vorhaltungen machte. Außerdem vertrat ich die Meinung, dass es Leute gab, die mehr schafften als andere und denen auch alles leichter fiel. Die mehr im »real life« zu Hause waren als die Künstler unter uns.
    Manchmal bewunderte ich Mark sogar für seine Gelassenheit. Er machte sich nie Stress! Er war witzig, unterhaltsam, und man konnte wunderbar mit ihm abhängen. Mit meinem Versuch, mich daran zu erinnern, wann diese Metamorphose einsetzte, komme ich zu keinem Ergebnis.
    Am schlimmsten wurde es im letzten halben Jahr: Da blieb selbst seine Körperpflege ganz schleichend auf der Strecke. Ich glaube, er dachte, mir würde das gar nicht auffallen. Doch das tat es natürlich. Aber was hätte ich sagen können? »Schatz, du stinkst«, und dabei milde lächeln? Manchmal wusch er sich ein ganzes Wochenende lang nicht, sodass ich seine Haare aus zwei Meter Entfernung roch.
    Ich wusste mir nicht anders zu helfen, als mit ihm zusammen zu duschen. Das führte dann allerdings dazu, dass er es als eindeutige Aufforderung ansah. Und anstatt sich zu waschen, ließ er nur das warme Wasser an seinem Körper entlanglaufen. Also schäumte ich ihn ein, was er wiederum noch stärker als Aufforderung auffasste. Ich war ein wenig frustriert.
    Wenig später stellte er auch das Rasieren ein. Von diesem Zeitpunkt an befand er sich eindeutig an der Startlinie des berühmten Anfangs vom Ende. Und dann – an einem warmen Sonntagmorgen – war er plötzlich da, der Tag, an dem ich meinen Traum von einer Beziehung mit Mark endgültig aufgab. Es war wie so oft: er auf mir drauf, ich unter ihm drunter, ganz klassisch. Angetörnt war ich eher mäßig, außerdem war Marks Rumgehopse auf mir eher hinderlich als stimulierend. Ich versuchte, mich auf mich selbst zu konzentrieren. Er stöhnte und schwitzte. An sich war das nicht weiter schlimm, aber wenn man selbst nicht so richtig bei der Sache ist, kann das schon ein wenig nervig sein.
    »Oh, ich komm gleich«, stöhnte Mark.
    »Nein«, sagte ich energisch.
    »Was?« Sein glasiger Blick deutete an, dass diese verbale Rückmeldung eher Reflex als bewusste Nachfrage war.
    »Nein, jetzt noch nicht!«
    »Was nicht?«
    »Jetzt noch nicht!«
    »Aber ich kann nicht mehr!«
    »Reiß dich doch einmal zusammen!«
    »Was?«
    »Denk an was anderes!«
    »Was?«
    Man sollte wohl doch vermeiden, Männer beim Sex

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