One Night Wonder
anzusprechen.
»Geh runter.«
»Was?«
»Runter!«
Mark schien plötzlich wieder klarer im Kopf zu werden. »Sag mal, was hast du denn plötzlich?«
»Ich will nicht mehr.«
»Dann sag das doch vorher!«
»Du hast mich doch nicht mal gefragt!«
»Kriegst du deine Tage?«
»Runter, verdammt!«
Unwillig ließ er sich von mir hinunterrollen. Ich schaute in sein gerötetes Gesicht, ich sah seine verschwitzten Haare, die geröteten Augen und seine offensichtliche Wut, und plötzlich war da nichts mehr. Keine Zuneigung, keine Freundschaft, nicht mal mehr wohlwollende Nachsicht. Meine Geduld war am Ende. In diesem Moment aufgestauten Frusts sagte ich den einen berühmten Satz: »Ich will nicht mehr.«
»Wieso, wir haben doch schon aufgehört«, erwiderte er bissig. Noch hatte er nicht kapiert, was ich meinte.
»Ich will gar nicht mehr.«
»Wie, gar nicht mehr?«
»Ich beende unsere Beziehung.«
Erst jetzt verstand er. »Du bist doch jetzt bloß sauer. Ich geb mir mehr Mühe, okay?«
Nein, darauf würde ich mich nicht mehr einlassen. Das hatte er mir schon zu oft versprochen. Wir hatten Bücher gekauft, Ratgeber für ein befriedigendes Sexleben, für mehr Spaß und Abwechslung im Bett. Doch Mark machte sich nicht die Mühe, sie zu lesen. Ich bot ihm an, ihm selbst ein wenig Nachhilfe zu erteilen. Keine Chance. Mark zeigte an der Gemeinsamkeit des Aktes so viel Begeisterung wie an den Wollmäusen unter seinem Bett. Er quetschte ein wenig an mir herum, und dann hatte es loszugehen. Ohne es abwertend zu meinen: Mark hatte an einem Frauenkörper an sich keinerlei pfadfinderisches Interesse. Und das schon seit dem Beginn unserer Beziehung. Ich würde die Hand dafür ins Feuer legen, dass er nie fremdgegangen ist, mit der einfachen Begründung, dass es ihm schlicht und einfach zu anstrengend gewesen wäre. Mark war sicherlich liebenswert, chaotisch und harmlos, aber ich wollte einfach nicht mehr.
»Nein, brauchst du nicht«, erwiderte ich also.
»Aber …«, schnaufte er, »das kannst du nicht machen!«
»Und warum nicht?«
»Wir sind doch schon so lange zusammen!«
»So lange ist es nun auch wieder nicht.«
»Du wirfst mich also weg, ja? Wie Abfall?« Seine Stimme überschlug sich.
»Nein, natürlich nicht.« Fast hätte ich doch wieder eingelenkt, weil ich ihm nicht wehtun wollte. Er war nun mal einfach so, wie er war. Sofort nach meiner hektischen Äußerung sah ich, wie er wieder Boden unter den Füßen gewann. Er schaute mich böse an. Ich musste mich jetzt wirklich zwingen, ihm den verbalen Todesstoß zu verpassen.
»Bitte geh jetzt.«
»Was?« Mark schmiss wütend die Decke von sich, er war nur im Unterhemd, ohne Hose.
»Mark, zieh dir was an, nimm deinen Kram und dann geh bitte! Es ist vorbei.«
Mit einem Satz sprang er auf und stand kerzengrade neben dem Bett. »Du spinnst ja!« Dann begann er sich anzuziehen.
Ich antwortete nicht. Als er vollständig bekleidet war, fühlte er sich bereit für einen zweiten Angriff.
»Hast bestimmt ’nen Neuen, ja? Ist er was Tolles? Ist er berühmt? Oder hat er wenigstens viel Geld? Und jetzt mal eben schnell den aktuellen Freund entsorgen.«
Er hatte das langsame und qualvolle Sterben unserer Beziehung nicht bemerkt. Für ihn war bis dato alles okay gewesen. Einerseits schockierte mich so viel Ignoranz, andererseits tat er mir doch auch leid. Und ich musste mich wieder einmal daran erinnern, dass man nicht aus Mitleid mit jemandem zusammen sein sollte.
»Mark, bei uns stimmt doch schon lange nicht mehr viel.«
»Wieso?« Ein ratloser Blick.
»Wir haben doch schon über so vieles geredet …«
»Ja und? Gehört das nicht dazu?«
»Ja, natürlich! Aber es gehört auch dazu, dass man vielleicht irgendwann mal Sachen ändert, die den anderen so sehr stören. Oder sie zumindest so macht, wie man sie am Anfang gemacht hat!« Ich konnte ihm jetzt unmöglich die Geschichte mit der fehlenden Hygiene um die Ohren hauen. Es war fast wie Fremdschämen, es war mir unangenehm. Und er würde vermutlich vollends ausrasten.
»Sachen ändern?«, hakte er nach.
»Na ja, zum Beispiel …« Okay, das Thema Bartwuchs konnte ich ansprechen, darüber hatten wir auch schon öfter geredet.
»Zum Beispiel das Thema Bartwuchs.«
»Was hast du gegen meinen Bart?«
Herrje, das, was in seinem Gesicht wuchs, konnte man doch nicht Bart nennen! Würde es sich nach drei Tagen in ein homogenes Erscheinungsbild fügen, wäre es ja kein Thema für mich. Aber er hatte geschätzte 15
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