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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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diese Worte hervor.
    »Augustin! Hat Gott kein Recht, nach seinem Willen mit dem zu verfahren, was ihm gehört?« sagte Miß Ophelia.
    »Vielleicht; aber dadurch läßt es sich nicht leichter tragen«, sagte er in einem trockenen, harten, tränenlosen Ton, als er sich abwandte.
    »Papa, du brichst mir das Herz!« sagte Eva, richtete sich auf und warf sich in seine Arme; »du mußt nicht so empfinden!« Das Kind schluchzte so heftig, daß alle sich beunruhigten und die Gedanken ihres Vaters sofort abgelenkt wurden.
    »Komm, Eva, mein Herzblatt, sei ruhig! Es war verkehrt von mir, ich war im Unrecht. Ich will ja alles tragen – gräm dich doch nicht; hör auf mit Weinen! Ich will mich ja fügen; ich will nie wieder so reden.«
    Wie eine verirrte Taube lag sie in den Armen ihres Vaters, und er, über sie geneigt, suchte sie mit jedem Wort, das ihm einfiel, zu trösten und zu beruhigen.
    Marie erhob sich und rauschte in ihr eigenes Zimmer, wo sie einen heftigen hysterischen Anfall bekam.
    »Mir hast du keine Locke gegeben, Eva«, sagte ihr Vater und lächelte traurig.
    »Sie gehören dir alle, Papa«, sagte sie lächelnd – »dir und Mama, und Tantchen mußt du auch welche geben. Nur unseren Leuten hab ich sie selbst gegeben, weißt du, man könnte sie vergessen, wenn ich nicht mehr da bin, und sie sollten doch etwas zur Erinnerung erhalten… du bist doch ein Christ, nicht wahr, Papa?« fragte Eva zögernd.
    »Warum fragst du, mein Liebling?«
    »Ich weiß nicht. Du bist so gut, du mußt es doch sein!«
    »Was heißt das, ein Christ sein, Eva?«
    »Christus über alles zu lieben«, antwortete Eva.
    »Tust du das?«
    »Ja, gewiß.«
    »Du hast ihn doch nie gesehen«, sagte St. Clare.
    »Das macht nichts«, erwiderte Eva. »Ich glaube an ihn, und in wenigen Tagen werde ich ihn sehen«; und das junge Gesicht erglühte in strahlender Freude.
    St. Clare sagte nichts mehr. Er kannte dieses Gefühl noch von seiner Mutter her; aber keine Saite seines Innern erklang dabei.
    Eva siechte jetzt schnell dahin. Kein Zweifel konnte mehr an dem Ausgang bestehen. Auch die zärtlichste Hoffnung konnte nicht länger blind bleiben. Ihr schönes Zimmer wurde zur Krankenstube; und Miß Ophelia versah Tag und Nacht ihren Pflegedienst – nie wußten ihre Freunde sie mehr zu schätzen als in dieser Eigenschaft. Mit ihrer erfahrenen Hand, ihrer vollkommenen Übung und Geschicklichkeit, Behagen und Sauberkeit herzustellen, jeden unangenehmen Anblick der Krankheit zu entfernen – mit der absoluten Pünktlichkeit und ihrem klaren, überlegten Denken, womit sie die ärztlichen Vorschriften befolgte –, bedeutete sie ihnen alles. Alle, die über ihre kleinen Sonderheiten und Schrullen, die von der Leichtigkeit südlicher Manieren so merkwürdig abstachen, die Achseln gezuckt hatten, gaben jetzt zu, daß sie die einzige Person war, die hier am richtigen Platze stand.
    Onkel Tom hielt sich häufig in Evas Zimmer auf. Das Kind litt an nervöser Unruhe, und es gab ihr eine Erleichterung, wenn man sie umhertrug. Für Tom war es das größte Entzücken, die zarte, kleine Gestalt auf einem Kissen im Zimmer auf und ab oder auf die Veranda hinaus auf den Armen zu tragen.
    Wenn das Kind sich am Morgen noch wohl fühlte und der frische Wind vom See herüberwehte, trug er sie zuweilen unter die Orangenbäume im Garten oder saß mit ihr auf den alten Bänken und sang ihr ihre Lieblingschoräle.
    Ihr Vater trug sie auch oft, aber er war nicht so kräftig gebaut, und wenn er dann müde wurde, sagte Eva:
    »O Papa, laß doch Tom mich tragen. Es macht ihm Spaß, und du weißt doch, es ist alles, was er mir tun kann, und er will mir doch etwas Liebes erweisen.«
    »Das will ich auch, Eva«, sagte ihr Vater.
    »Ach, Papa, du kannst alles und bist mir alles. Du liest mir vor – du wachst bei mir in der Nacht – und Tom hat nur dies eine und das Singen; und ich weiß, ihm fällt es leicht, wenn er mich trägt.«
    Aber nicht nur Tom wollte ihr Liebesdienste erweisen. Jeder Dienstbote war dazu bereit, und jeder tat, was er konnte.
    Das Herz der armen Mammy verzehrte sich nach ihrem Liebling. Aber Tag und Nacht fand sie keine Gelegenheit, länger bei ihm zu sein, denn Marie erklärte, ihr Gemütszustand ließe sie nicht zur Ruhe kommen, und natürlich verstieß es gegen ihre Prinzipien, dann den andern Ruhe zu gönnen. Zwanzigmal in der Nacht mußte Mammy kommen und ihr die Füße reiben, ihre Stirn kühlen, ein Taschentuch suchen, nachsehen, was das Geräusch in

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