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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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hatte das Licht ausgeblasen.
    In dieser Weise trieb Cassy ihr loses Spiel mit Legree, bis er soweit war, daß er eher seinen Kopf in den Rachen eines Löwen gesteckt, als den Speicher untersucht hätte. Inzwischen aber legte sie nachts, wenn alles schlief, dort oben langsam und umsichtig einen Vorrat an, groß genug, um sie einige Tage lang mit allem Notwendigen zu versorgen; Stück für Stück trug sie auch den größten Teil von Emmelines und ihrer eigenen Garderobe hinauf. Nachdem alles vorbereitet war, warteten sie nur auf eine günstige Gelegenheit, um ihren Plan in die Tat umzusetzen.
    Zuletzt hatte sie Legree bei guter Laune gehalten und, sich seine bessere Gemütswandlung zunutze machend, ihn bewogen, daß er sie auf einer seiner Fahrten in die nächste Stadt mitnahm, die direkt am Red River lag. Mit ihrem zu äußerster Schärfe angespannten Gedächtnis prägte sie sich jede Straßenbiegung ein und überschlug in Gedanken die Zeit, die für einen Fußmarsch erforderlich war.
    Da nun die Zeit zum Handeln herangereift war, möchte der Leser vielleicht einen Blick hinter die Kulissen werfen, um zu sehen, wie endlich der Handstreich vonstatten ging.
    Es war gegen Abend. Legree war am Nachmittag zu Pferde bei einem entfernten Nachbarn gewesen. Seit vielen Tagen schon hatte sich Cassy ungewöhnlich gnädig und umgänglich gezeigt; sie befand sich mit Legree scheinbar in bestem Einvernehmen. Gegenwärtig treffen wir sie bei Emmeline, in deren Kammer sie eilig zwei kleine Bündel auswählt und zusammenschnürt.
    »Das wär' geschafft; sie sind groß genug«, sagte Cassy. »Und nun setz dein Häubchen auf und laß uns aufbrechen; jetzt ist der richtige Augenblick gekommen.«
    »Aber noch können sie uns sehen«, entgegnete Emmeline.
    »Das sollen sie ja«, meinte Cassy kaltblütig. »Weißt du nicht mehr, daß sie uns auf jeden Fall verfolgen müssen? Die Sache soll sich folgendermaßen abspielen: Wir schleichen uns zur Hintertür hinaus und laufen unten beim Quartier vorbei. Sambo und Quimbo werden uns bestimmt erkennen. Sie werden die Jagd aufnehmen, und wir verschwinden in den Sümpfen. Dann können sie uns nicht länger folgen, bevor sie nicht Lärm geschlagen und die Hunde geholt haben; während sie alle durcheinanderrennen und übereinanderpurzeln, wie das immer der Fall ist, werden wir beide uns zu dem Bächlein durchschlängeln, das hinter dem Haus vorbeifließt, und darin zurückwaten, bis wir wieder an der Hintertür angelangt sind. Das wird die Hunde irreleiten, denn im Wasser verliert sich die Spur. Jeder wird aus dem Haus gestürzt sein, um uns zu suchen, wir stehlen uns zur Hintertür hinein und laufen zum Speicher, wo ich uns in den großen Holzverschlägen ein behagliches Lager aufgeschlagen habe. Auf dem Speicher werden wir längere Zeit bleiben müssen; denn, das kann ich dir sagen, Himmel und Erde wird er in Bewegung setzen, um uns zu finden. Er wird sich einige Aufseher von den Nachbarfarmen holen und eine große Jagd veranstalten, zentimeterweise werden sie das Gelände, jeden Busch und die Sümpfe absuchen.«
    »Cassy, wie gut habt Ihr das alles geplant!« sagte Emmeline. »Wer hätte sich das wohl sonst so großartig ausgedacht?«
    Aber in Cassys Augen spiegelten sich weder Freude noch Triumph – nur eine verzweifelte Entschlossenheit.
    »Komm«, sagte sie und nahm Emmeline bei der Hand.
    Lautlos glitten die beiden Flüchtlinge aus dem Hause und huschten bei einbrechender Dunkelheit unten am Quartier vorbei. Die zunehmende Mondsichel stand wie ein Silberzeichen am westlichen Abendhimmel und zögerte noch ein wenig die Ankunft der Nacht hinaus. Wie Cassy erwartet hatte, hörten sie, als sie sich dem Rande der Sümpfe näherten, welche die Plantage umgab, wie eine Stimme sie anrief und zum Halten aufforderte. Es war allerdings nicht Sambo, sondern Legree, der sie mit wilden Flüchen verfolgte. Bei diesem Klang gaben Emmelines schwache Nerven nach; sie umklammerte Cassys Arm und sagte: »O Cassy, ich werde ohnmächtig!«
    »Untersteh dich! Dann bring ich dich um!« erwiderte Cassy und zückte einen kleinen, blitzenden Dolch, den sie dem Mädchen drohend vor die Augen hielt.
    Damit hatte sie ihre Absicht erreicht. Emmeline wurde nicht ohnmächtig, sondern brachte es fertig, mit Cassy in die Sumpfwildnis einzudringen, wo es so dicht und dunkel war, daß Legree zunächst die Verfolgung als hoffnungslos aufgeben und Hilfe holen mußte.
    »Na«, sagte er mit brutalem Grinsen, »auf jeden Fall ist mir

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