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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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mich in die Höhe. Soll der Henker diesen verfluchten Quäker holen! Wäre er nicht gewesen, hätte ich die Nigger hier runtergestoßen und gewartet, wie ihnen das zusagte.«
    Unter großen Anstrengungen und mit vielem Gestöhn hob man den Verletzten auf, zwei Leute packten ihn unter den Schultern, und so schleppte man ihn mühsam und fluchend zu den Pferden zurück.
    »Wenn ihr mich nur zurück in die Schenke schaffen könntet. Gebt mir doch einen Lappen, damit ich dies verfluchte Bluten stillen kann.«
    Georg spähte über die Felsen und sah, wie sie versuchten, Toms ungeschlachte Gestalt in den Sattel zu heben. Nach zwei oder drei vergeblichen Versuchen taumelte er und stürzte zu Boden.
    »Ach, hoffentlich ist er nicht tot!« sagte Eliza, die mit der ganzen Gesellschaft dem Vorgang gefolgt war.
    »Warum nicht?«, fragte Phineas, »er hätte es wahrhaftig verdient.«
    »Weil nach dem Tode das Gericht folgt«, antwortete Eliza.
    »Ja«, sagte die alte Frau, die während des ganzen Vorfalles gestöhnt und auf ihre Methodistenweise gebetet hatte, »seine arme Seele wird Schreckliches erleiden.«
    »Wahrhaftig, ich glaube, sie wollen ihn im Stich lassen«, rief Phineas.
    Das war richtig: denn nach einigem Zaudern und Bereden stieg die Bande auf die Pferde und ritt davon. Als sie verschwunden war, besann sich Phineas wieder.
    »Wir müssen jetzt hinunter und ein Stück zu Fuß gehen«, sagte er. »Ich hatte Michael beauftragt, Hilfe zu holen und den Wagen wieder zurückzubringen. Aber ein Stück Weges werden wir wohl noch zurücklegen müssen, bis wir ihn treffen. Gott gebe, daß er bald kommt. Es ist noch früh am Tage, da wird noch nicht viel Verkehr unterwegs sein; wir sind nicht viel mehr als zwei Meilen von unserem nächsten Halteplatz entfernt. Wären die Wege in der Nacht nicht so schlecht gewesen, wären wir ihnen längst entkommen.«
    Als unsere Flüchtlinge an dem Zaun wieder ankamen, sahen sie bereits in der Ferne auf der Straße ihren eigenen Wagen zurückkehren, einige Reiter begleiteten ihn.
    »Da kommen ja schon Michael und Stephan und Amariah«, rief Phineas freudig aus. »Jetzt haben wir es geschafft, als ob wir schon dort wären.«
    »Dann könnten wir uns doch um den armen Kerl kümmern«, sagte Eliza, »er stöhnt so schrecklich.«
    »Das wäre nicht mehr als Christenpflicht«, sagte Georg, »wir wollen ihn aufheben und mitnehmen.«
    »Und ihn bei den Quäkern verarzten! Ganz sinnig! Na, mir soll's gleich sein. Zuerst wollen wir ihn einmal ansehen«, und Phineas, der sich in seinem Wald- und Jägerleben einige primitive chirurgische Kenntnisse erworben hatte, kniete neben dem Verwundeten nieder und untersuchte ihn sorgfältig.
    »Marks«, sagte Tom mit schwacher Stimme, »bist du das, Marks?«
    »Nein, Freund, anscheinend nicht. Marks kümmert sich erst um dich, wenn er seine Haut in Sicherheit weiß. Er ist schon lange auf und davon.«
    »Dann bin ich geliefert«, stöhnte Tom. »Der verfluchte feige Hund, mich hier allein sterben zu lassen. Meine arme alte Mutter hat es mir immer vorausgesagt.«
    »Hört ihn an! Der arme Mensch, jetzt hat er eine Mammy«, sagte die alte Negerin. »Er tut mir doch leid.«
    »Sachte, sachte; jetzt brumme und beiße nicht, mein Freund«, sagte Phineas, als Tom zusammenzuckte und seine Hand wegstieß. »Es ist aus mit dir, wenn ich das Blut nicht zum Stillstand bringe.« Und Phineas mühte sich, einen Notverband anzulegen, zu dem alle ihr Taschentuch beigesteuert hatten.
    »Ihr habt mich hinuntergestoßen«, sagte Tom mit schwacher Stimme.
    »Ja, siehst du, sonst hättest du uns hinabgestoßen«, antwortete Phineas, als er sich bückte und den Verband anlegte. »So, so – laß mich nur den Verband festmachen. Wir meinen es gut mit dir, wir tragen dir nichts nach. Wir bringen dich jetzt in ein Haus. Da werden sie dich erstklassig pflegen, deine eigene Mutter könnte es nicht besser.«
    Tom ächzte und schloß die Augen. Bei Leuten seiner Art war Kraft und Entschlossenheit eine rein körperliche Sache, die mit dem strömenden Blut vorbei war; der riesige Bursche sah in seiner Hilflosigkeit wirklich bemitleidenswert aus.
    Inzwischen war der Wagen herangekommen. Man nahm die Sitze heraus, breitete die doppelt zusammengelegten Büffelfelle alle auf eine Seite und dann hoben vier Mann Toms schweren Körper mühsam hinein. Noch bevor er lag, verlor er die Besinnung. In überströmendem Mitleid setzte sich die alte Negerin auf den Boden und nahm seinen Kopf auf ihren Schoß.

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