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Online Wartet Der Tod

Titel: Online Wartet Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alafair Burke
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erschossen worden.
    Wenn er jetzt, fast zwei Jahre später, zurückblickte, war ihm klar, dass Tatiana viel mehr gewusst hatte, als sie ihm erzählt hatte. Diese Andeutungen über »ein paar von den Typen«, die irgendeine »Abmachung« hatten, waren extra vage ausgefallen. Andererseits hätte Tatiana ihm nichts verheimlicht, wenn sie nicht fürchterliche Angst gehabt hätte. Was ihm am meisten zu schaffen machte, war die Vorstellung, dass sie möglicherweise sogar versucht hatte, ihn zu schützen. Schließlich hatte sie ihn geliebt. Und sie hatten beide gewusst, dass die Gauner, mit denen er normalerweise zu tun hatte, neben den Männern, von denen sie redete, wie Pfadfinder dastanden.
    Weil er aber die Sache mit FirstDate nicht zu einem Zeitpunkt hatte fallenlassen, zu dem es für Tatiana noch anders hätte ausgehen können, hatte er sich geschworen, sie nie fallenzulassen. Immer noch versuchte er herauszufinden, woher Stern gewusst hatte, dass Tatiana die Informantin gewesen war. Und er suchte immer noch nach der Verbindung zwischen Mark Stern und den Männern, von denen Tatiana gesprochen hatte. Kurz: Er suchte nach einer Möglichkeit, Stern zu Fall zu bringen.
    Es gab viele Hinweise darauf, dass Stern Dreck am Stecken hatte. Glaubte man seiner Steuererklärung, bezog er ein eher bescheidenes Gehalt – für einen Geschäftsführer jedenfalls – und hatte darüber hinaus keine nachweisbaren Einkünfte. Gleichzeitig brachten seine ausschließlich ehrenamtlich tätige Frau und er die Raten für ihre zweihundertfünfzig Quadratmeter große Wohnung mit Zugang zum Gramercy Park auf. Im vergangenen Winter hatten sie für eine Woche in einem Fünf-Sterne-Resort auf Paradise Island dreißig Riesen verpulvert. Sie hatten einen Chauffeur. Von Mark Sterns Gehalt allein lebten sie definitiv nicht. Schon tausendmal war Charlie versucht gewesen, das, was er hatte, der Steuerabteilung der Staatsanwaltschaft zu übergeben. Al Capone war letztlich wegen Steuerflucht festgenagelt worden. Aber dann hätte er erklären müssen, woher er so viel über Mark Stern wusste. Und Stern würde sich an ihre Begegnung zwei Jahre zuvor erinnern. Und Charlie würde seine Informantin nennen müssen. Und dann wäre seine Karriere beendet. Womöglich würde er selbst strafrechtlich verfolgt werden.
    Also wartete er ab, beobachtete weiter und verließ sich darauf, dass Stern eines Tages einen Fehler machen würde. Charlie würde ihn in der falschen Gesellschaft erwischen. Rausfinden, wer da noch alles mit drinhing. Er würde es so hinbiegen, dass einer von ihnen plötzlich als FBI-Informant dastand. Es war ein alter Juristentrick: erst in Erfahrung bringen, was man wissen musste, und dann jemanden zum Informanten machen, als dessen Verdienst es dargestellt wurde, die entscheidenden Hinweise geliefert zu haben.
    Auf der Grundlage von Gesetzen, die Maßnahmen zu Terror-Ermittlungen regelten, hatte er sich Zugang zu Mark Sterns Finanzdaten verschafft. Er unterhielt eine nicht aktenkundige Verbindung zu einem Informanten bei FirstDate, einem Marketingassistenten, der eine Bewährungsstrafe wegen wiederholten Kokainbesitzes hatte. Charlie riskierte alles und hatte noch nichts erreicht. Bis zum Anfang der Woche war der einzige Makel, den er Mark Stern anhängen konnte, der gewesen, dass dieser über seine – offiziellen – Verhältnisse lebte. Dann hatte am Vortag plötzlich sein Informant angerufen und berichtet, Mark Stern habe ein Memo herumgeschickt. Darin sei von einer polizeilichen Ermittlung die Rede, die auch die Firma berühre. Und nun bedrohten zwei NYPD-Detectives seinen Plan, indem sie mit eigenen Fragen zu FirstDate kamen.
    Charlie zog den einzigen Beweis seiner Beziehung zu Tatiana aus der Jackentasche – ein Foto von ihnen beiden, das er am Tag der Kreuzfahrt für fünf Dollar erstanden hatte. Sie strahlte. Sie hatte keine Drogen genommen. Sie war glücklich. Auf seinem eigenen Gesicht lag eine Ausgeglichenheit, die er seither nicht mehr kannte. Den Tag mit ihr auf dem Schiff – und die Liebe, die er damals für sie empfunden hatte – würde er nie vergessen.
    Er sah es ein letztes Mal an, dann riss er das Bild in zwei Hälften. Und in immer kleinere, unkenntliche Teile, die er in den Fluss unter sich segeln ließ.
     

19
    »Als LV990 sind Sie viel heißer rübergekommen, muss ich sagen.«
    »Danke. Ich werde dran denken. Nun zu dem Alibi …«
    »Was genau brauchen Sie von mir, Detective?«
    Das sollte wohl verführerisch klingen.

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