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Online Wartet Der Tod

Titel: Online Wartet Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alafair Burke
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Ihnen zeigen.«
    Er drehte sich zum Computer um und öffnete eine Nachricht, die er elf Tage zuvor an MoMAGirl gerichtet hatte. Amy. Ich weiß, dass Du nicht daran interessiert bist, Dich mit mir zu treffen, und ich weiß auch, dass das jetzt ziemlich irre klingt. Ich war in Deiner Gegend, habe einen Freund besucht, und da ist mir in der Gasse neben Deinem Haus ein Mann aufgefallen. FLIPP JETZT NICHT AUS. Ich hab Dich einmal zufällig da reingehen sehen, nur daher weiß ich, dass Du da wohnst. Wie auch immer. Ich glaube, ich habe denselben Mann gesehen, wie er uns beobachtet hat, als wir in dem Coffeeshop waren. Ich weiß, es hört sich verrückt an, aber bitte sei vorsichtig. Ich verspreche, dass ich mich nie wieder bei Dir melde.
    Es war tatsächlich die letzte Nachricht, die er ihr geschickt hatte, und sie war sofort mit dem Kommentar, dass er für ihren FirstDate-Account gesperrt sei, zurückgekommen.
    Ein Mann unten an ihrer Feuerleiter. In dem Durchgang, in dem sie tot aufgefunden worden war. »Wie sah der Mann aus? Den Sie in der Gasse gesehen haben?«
    Er zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Groß, nehme ich an. Aber nicht riesig. Er hatte sich zusammengekrümmt gegen die Kälte. Ich denke, ich würde ihn wiedererkennen.«
    Ellie machte einen Versuch, indem sie Taylor die Bilder jener Männer anschauen ließ, mit denen Amy auf der FirstDate-Seite in Verbindung gestanden hatte, aber in seinem Gedächtnis rührte sich nichts.
    »Ich hätte was unternehmen müssen«, sagte er. »Ich hätte sie anrufen können oder so.«
    Ellie musterte Taylor Gottman ein letztes Mal, beugte sich zu dem Bildschirm seines Vorgesetzten vor und warf einen Blick auf die Nachrichten, die ein vermeintlicher Marketing-Manager verschickt hatte.
    »Das hätte nichts gebracht, Taylor. Sie hätte Ihnen nicht geglaubt.«
     

18
    Special Agent Charlie Dixon starrte hinaus auf den Hudson, aber er sah etwas ganz anderes vor sich. Er sah das lächelnde Gesicht von Tatiana Chekova, umrahmt von langen honigblonden Locken, zersaust vom Wind, an einem ungewöhnlich warmen Frühlingsnachmittag ungefähr zwei Jahre zuvor.
    Er hatte sich an dem Tag krankgemeldet, sodass Tatiana und er eine Sightseeing-Kreuzfahrt mitmachen konnten. Der Fremdenführer mit Matrosenmütze, der den Sekt ausschenkte, nervte, aber so hatten sie zumindest den Hauch einer echten Luxus-Kreuzfahrt, von der Tatiana träumte. Mehr war nicht drin, das wussten sie beide. Er dachte an ihr seliges Strahlen – diesen hingerissenen Ausdruck –, als sie unter den anderen Touristen am Pier dreiundachtzig gestanden und darauf gewartet hatten, an Bord zu gehen. Daran, wie er sie gestreichelt und wie sie die Wange in seine Hand geschmiegt hatte. Das einzige Mal, dass er sie in der Öffentlichkeit berührt hatte. An all das erinnerte Charlie sich, als er jetzt auf das Wasser starrte.
    Zwei Monate vor jenem Tag hatten sie einander kennengelernt. Er war zu dem Polizeirevier in Brooklyn gefahren, um eine Russin zu vernehmen, die gerade wegen Kreditkartenbetrugs und Heroinbesitzes festgenommen worden war. Sein Freund und Vorgesetzter Barry Mayfield sagte gern, Charlie sei von Tatiana »überrollt« worden. So konnte Mayfield es eher akzeptieren: Charlie das Opfer, nicht Tatiana. Seiner Auffassung nach hatte Tatiana in Charlie sofort ein leicht zu eroberndes Ziel ausgemacht.
    Charlie hatte seine Autorität als Angehöriger der Bundesbehörde genutzt, um sie vor der drohenden Anklage zu bewahren. Aber statt zu kooperieren, hatte sie ihm Lügen erzählt und falsche Versprechungen gemacht, in deren Folge es zur Verletzung etlicher Justiz-Spielregeln gekommen war – in solchem Umfang, dass es ihn seinen Job und seine Pension hätte kosten können, wenn nicht gar seine Freiheit. Mayfield nahm an, dass irgendein anderer leichtgläubiger Trottel, der dumm genug gewesen war, auf ihre Geschichten hereinzufallen, Tatiana ermordet hatte. Und Mayfield fand, dass es für Charlie so besser war – solange niemand etwas von der Sache zwischen ihm und Tatiana erfuhr.
    Charlie verstand, warum Mayfield diese Version bevorzugte, aber er wusste auch, dass sie nicht stimmte. Er erinnerte sich genau daran, wie Tatiana während der ersten Vernehmung geweint hatte. Er hatte viele Verdächtige erlebt – Männer wie Frauen –, die versucht hatten, sich aus einer Sache herauszuschluchzen. Diese Tränen aber waren echt gewesen. Sie hatte tief im Dreck gesteckt und keine Ahnung gehabt, wie sie je wieder herauskommen

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