Online Wartet Der Tod
Sie. Um wie viel Uhr?«
Ellie schaute Flann an. »Gegen Mitternacht.«
Taylors Knie unter dem Tisch hüpfte.
»Lassen Sie mich raten«, sagte Ellie. »Allein zu Hause vor dem Fernseher.«
»Allein in meinem Bett. Schlafend.«
»An einem Freitagabend?«, fragte Flann.
»Ja.« Offenbar merkte er selbst, dass das mehr als dürftig klang. »Hören Sie, ich bin nicht perfekt. Ich – wie haben Sie das genannt –, mir fällt es schwer, loszulassen. Aber über Amy war ich hinweg. Hundertprozentig, versprochen. Ich hab nicht verstanden, warum sie nichts von mir wissen wollte, aber – jetzt läuft da was anderes.«
»Eine Freundin?«
Noch heftigeres Hüpfen unter dem Tisch. »Jemand, dem ich momentan viel mehr Aufmerksamkeit widme, verstehen Sie?«
Ellie verstand. Seine Obsession, seine blindwütige Fixierung auf eine bestimmte Frau, die seine Neigungen nicht erwiderte, hatte ein neues Ziel gefunden.
»Wer ist sie?«
»Von FirstDate. Wenn Sie wollen, rufe ich meinen Account auf. Dann können Sie sich alle Nachrichten ansehen.«
Sie gingen zurück zum Postraum und fragten das Ungeheuer von einem Aufseher, ob er ihnen für einen Moment seinen Computer überlassen könne. »Wir brauchen ein paar Einzelheiten aus seinem Handyvertrag«, erklärte Ellie.
Taylor rief die FirstDate-Seite auf und ließ sich eine Liste der Mails anzeigen, die er verschickt hatte. Allein in den vergangenen fünf Tagen waren es fünfundvierzig, die meisten an eine Frau, die sich Libelle nannte. Seit elf Tagen nichts an Amy Davis. Offenbar hatte Taylor eine neue Richtung eingeschlagen.
Eine der Nachrichten an sein gegenwärtiges Zielobjekt war an dem Abend verschickt worden, an dem Amy ermordet worden war, und zwar kurz nach elf. Darin wurde ein witziges Interview erwähnt, an das Ellie sich erinnerte; es war an dem Abend in The Daily Soap vorgekommen. Wenn Taylor in seiner Wohnung in Prospect Heights ferngesehen hatte, war es möglich, dass er eine Stunde später in Manhattan aufgetaucht war und Amy getötet hatte, aber wahrscheinlich war es nicht.
Flanns Blick sagte Ellie, dass er das Gleiche dachte.
Taylor Gottman war unheimlich, aber ihr Verrückter war er nicht.
»Wie heißt sie richtig?«, fragte Ellie. »Diese neue Frau, Libelle. An die Sie die ganzen Mails schreiben.«
»Janet.«
»Janet wie?«
»Janet Bobbitt.«
»Okay. Sie werden ihr keine Mail mehr schicken.«
»Was?« Sofort senkte Taylor die Stimme, um bei seinen Kollegen keine Aufmerksamkeit zu erregen. »Aber Sie sind wegen Amy hier …«
»Und wir werden Sie in dieser Angelegenheit in Ruhe lassen.« Seine besorgte Miene hellte sich auf. »Im Gegenzug werden Sie Janet keine Mails mehr schicken. Und Sie werden FirstDate nicht mehr nutzen. Sowie wir hier weg sind, werden Sie Ihren Account schließen. Und ich fahre zurück ins Revier, und wenn ich dort bin, vergewissere ich mich, ob Sie es getan haben.«
Von Erleichterung war in Taylors Gesicht nichts mehr zu sehen, aber er wehrte sich auch nicht.
»Ich hätte Ihnen nicht helfen sollen.«
»Das haben Sie auch nicht«, erwiderte Ellie bestimmt.
»Aber ich kann. Sie müssen mir nur versprechen, dass Sie nicht böse werden.« Jetzt flüsterte er wieder.
» Böse werden ? Was glauben Sie, was das hier ist? Ein Kindergarten?«
»Sie wissen, was ich meine. Dass Sie mich nicht anschreien oder festnehmen oder so was.«
»Was haben Sie denn getan? Wir können Ihnen nicht versprechen, dass wir Sie nicht festnehmen, wenn wir gar nicht wissen, worüber wir reden.«
»Nichts Illegales. Gar nichts eigentlich. Es ist nur … na ja … ich … ich bin Amy ein paar Mal gefolgt.«
Seufzend schüttelte Ellie den Kopf. »Im Zusammenhang mit dem, worüber wir hier gerade sprechen, ist das Stalking. Genau deswegen haben Sie die einstweiligen Verfügungen bekommen.«
»Gut. Dann nehmen Sie mich fest. Ich wollte Ihnen nur helfen. Um Amys willen. Ich bin ihr gefolgt und habe … ja, ich habe noch einen Mann gesehen. Zweimal. Das erste Mal fiel er mir auf, weil er uns beobachtet hat, als wir zusammen beim Kaffee saßen. Von draußen. Ich war irgendwie stolz, so – dass ein anderer Mann mich mit einer so schönen Frau wie Amy sieht. Aber dann ist er mir noch mal aufgefallen. Er stand unten an der Feuerleiter von ihrem Haus.«
»Wann?«
»Weiß ich nicht mehr. Vielleicht vor zwei Wochen, nicht lange nach unserem Treffen. Ich habe deswegen sogar eine Mail an Amy geschrieben, aber sie hatte mich ja gesperrt. Hier, ich kann sie
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