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Op Oloop

Op Oloop

Titel: Op Oloop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Filloy
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Ohnmacht. Ein Mann wie Sie, aufgeblasen von seiner Normalität, kann unsere Seelen nicht ergründen. Die Liebe ist das einzig würdige Stadium des Lebens. Die, die sich nicht in ihm befinden, sind blind; und die, die aus ihm herausgetreten sind, kurzsichtig. Sie sehen den erleuchteten Erdkreis, den wir durchwandern, nicht oder kaum. Es ist vergebliche Liebesmüh, daß Sie, mein Vater und mein Onkel uns anleiten wollen, denn Ihre Ratschläge behindern unseren Weg; oder daß Sie den Kurs unserer Gedanken ablenken, denn die Einmischung anderer verliert sich in unserem Labyrinth.«
    Op Oloop nahm ihre rechte Hand, fast in Ekstase, und küßte sie. Berührt von ihrer trouvaille, unterbrach er seinen Anfall von Sinnenlust und stützte Franziskas verausgabte Stimme: »Jawohl. Ein Labyrinth. Ein Labyrinth, gebaut aus ihrem Glauben und meinem Glauben, aus ihrem Fieber und meinem Fieber, aus ihrer Qual und meiner Qual. Ein Labyrinth, Piet, das nur einen Schlüssel hat, einen geheimen und tiefsinnigen Schlüssel: unser Verständnis!«
    »Wer hätte das gedacht! Du, so gelehrt, so streng, so exakt …«
    »Kein Mitleid. Reiz mich nicht. Man stellt so lange peinlich genaue Gewohnheiten zur Schau, bis der Instinkt sich erhebt. Ich war fast unwillkürlich methodisch, von ekelhaften rationalen Begünstigungen in Versuchung geführt. Ich hatte mein Dasein kanalisiert, um frei zwischen den Mitläufern zu fließen. Ich habe also das Nützliche gezähmt, wodurch ich meine Zeit so vollständig wie möglich ausnutzen konnte. System, Ordnung, Kultur … Glasperlen, Blechwaren, Nippes … Die Kultur besteht darin, den Papagei ›Psittacus‹ zu nennen … Ha, ha, ha!«
    »Hi, hi, hi!«
    Van Saal war wie gelähmt, konsterniert.
    Ein feines Bächlein aus Lachen, das von Franziskas frischen Lippen perlte, vereinte sich mit Op Oloops immer höher angestautem Strom der Heiterkeit. Durch den gegenseitigen Ansporn erreichte das Gelächter absurde Ausmaße. Als die Angehörigen der Verlobten zurückkehrten, war Op Oloops Lachsalve eine breite Flußmündung und die Franziskas ihr kristallklarer Zustrom.
    »Ha, ha, ha, ha, ha!«
    »Hi, hi, hi, hi, hi!«
    Die seelische Erschütterung war so enorm, daß es ihnen bei ihrer Rückkehr kaum möglich war, die Schwelle der hall zu überschreiten.
    »Schnell. Wir müssen diesen Wahnsinnigen von hier fortschaffen. Sag dem Chauffeur, daß er das Automobil vorbereiten soll. Die Gouvernante und das Mädchen sollen kommen und sich um meine Tochter kümmern. Wir werden Op Oloop mitnehmen. Es reicht! Es reicht! Er wird letzten Endes auch uns noch in den Wahnsinn treiben!«
    Die Liebe ist eine ganz spezielle Psychose, die die Seele zweier Wesen gleichzeitig durchtränkt und in ihren Geist eindringt. Wenn sie nur einen befällt, ist es keine Liebe, sondern Wunschvorstellung, Leid. So läßt sich durch geistige Übereinstimmung und phänomenologische Identifikation begründen, wie die Geliebte die Erklärungen und Gefühle des Geliebten erklärt und fühlt, und wie sie, immun gegen die sie umgebende anmaßende Normalität, die Vision und Obsession des visionären und obsessiven Verlobten versteht.
    Franziska wurde von einer Liebe beherrscht, die sich derart an der Grenze befand. Sie selbst befand sich an der Grenze, strich um die Linie herum, die das Licht vom Schatten trennt, und neutralisierte mit ihrem zeitweiligen Ungleichgewicht das klarsichtige Ungleichgewicht Op Oloops.
    Unter solchen Umständen verfeinert sich der Scharfsinn. Und die Gedanken oder der Anstand, die sich im fading entfernen, diktieren den Stimmbändern und dem Benehmen erneut korrektes Reden oder Verhalten. Beide Verlobten schwiegen nun und bedachten ihre eigene Haltung, während sie aufmerksam auf das Wirrwarr aus Anordnungen, Klingeln und Gelaufe in der hall lauschten.
    »Liebling, sie führen etwas gegen dich im Schilde. Es ist fürchterlich!«
    »Ich weiß. Ich wittere ebenfalls etwas. Diese Leute mögen mich nicht. Es ist eine wahrhaftige Hölle! Du kannst nicht hierbleiben. Ein Engel in der Hölle! Unmöglich! Ich habe mich schon entschlossen, mit dir fortzugehen. Komm. Laß uns gehen.«
    Die Entschlossenheit hatte sich auf seinem erbleichten Gesicht eingeprägt. Sein Atem ging keuchend. Und indem er sie mit einer gewissen bildhauerischen Grazie vor sich postierte – ein leichtes Schild für seine gerade aufgerichtete Robustheit –, setzte er sich in Richtung der hall in Bewegung.
    Der Konsul und Franziskas Vater begriffen die

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