Op Oloop
gespannte Neugier:
»Abelardisieren?«
»Abelardisieren?«
»Abelardisieren?«
Der Arzt – ein frischgebackener, junger Arzt, der mit dem gleichlautenden Titel, Namen und der Praxis seines Herrn Papa spekulierte – stellte sich die gleiche Frage. Und ohne die Bedeutung des Wortes zu kennen, urteilte er zu den anderen gewandt mit gedämpfter Stimme: »Das ist ein Neologismus. Ein schlechtes Zeichen! Es gibt viele Arten der Geistesverwirrung mit einer Neigung zu Neologismen.«
Und er schritt auf Op Oloop zu.
Dessen Stimmung war abrupt umgeschlagen. Auf die heiße und angestaute Liebeserklärung an Franziska folgte nun eine verkrampfte Phase. Auf sanfte Weise verkrampft. Keine Störung war bei ihm festzustellen, sei es physischer oder degenerativer Art. Abgesehen vom anatomischen Stigma seiner Größe, entdeckte der junge Physikus keine andere auffällige Anomalie. Das Leiden nahm unterdessen im Verborgenen seinen Gang. Ohne Vorankündigung streckte sich Op Oloop keuchend auf dem Sofa aus. Und während seine Gesichtsmuskeln in einer bitteren Grimasse erstarrten, schien er in völlige Bewußtlosigkeit zu versinken.
Wenn man sich mit fremden Federn schmückt, gerät das eigene Ansehen in Gefahr. Ein solches widerfuhr dem jungen Arzt. Er war anstelle seines Vaters gekommen, indem er den gleichlautenden Titel, Namen und die Telefonnummer ausnutzte, und bekam nun die Quittung für seine Verwegenheit und die mangelnde Voraussicht des »Herrn Papa«, ihn mit seinem Ruf hausieren zu lassen. Doch er mußte etwas sagen. Die Umstehenden drängten ihn mit ihren Augen voll unruhiger Erwartung.
Über eine faule Ausrede nachsinnend, wich er einige Schritte zurück und sagte: »Der Puls ist in Ordnung. Er hat kein Fieber. Es handelt sich um einen nervösen Schock. Sicherlich hat der Patient gerade eine große Aufregung hinter sich. Die Leidenschaften und Qualen der Seele äußern sich auf solch krankhafte Weise. Vielleicht hat eine fixe Idee seine Gedankenbildung behindert. Alles geht vorüber. Wenn es sich nicht als eine histologische Verletzung herausstellt … Dann sähe die Sache anders aus. Der große Sympathikus …«
»Der große Sympathikus sind Sie«, brachte Op Oloop hervor und setzte sich gebieterisch auf. »Aus meiner angeblichen Lethargie heraus habe ich Ihre Sympathie für die Aufmerksamkeit bemerkt, die diese Herren Ihrem Unsinn schenken. Nehmen Sie zur Kenntnis, daß ich kein anderes Problem habe als das, völlig normal zu sein. Den zerebrospinalen Zellen, die meine Gefühle und Ideen verarbeiten, geht es gut, danke schön. Ich benötige Ihre Dienste nicht. Gehen Sie.«
Die allgemeine Verwirrung ließ die Luft schwer vor Wut, Verärgerung und Scham werden.
Der Mediziner wandte sich schlechtgelaunt ab und zischte dabei dem Konsul und dem Brautvater zu: »Ein Verrückter. Ein vernünftiger Verrückter. Das ist gefährlich. Rufen Sie mich nicht noch einmal in einem solchen Fall. Ich bin kein Spezialist.«
»In Ordnung, Doktor. Aber was sollen wir Ihrer Meinung nach tun?«
»Machen Sie, was Sie wollen. Bringen Sie ihn in ein Irrenhaus … geben Sie ihm Zyanid … Auf Wiedersehen.«
Eine derartige Unverfrorenheit heizte die Stimmung nur noch weiter an. Beide kochten vor Wut.
Ein Blick in die wohlwollenden Augen Franziskas ließ den Statistiker ein ironisches Lachen unterdrücken. Piet Van Saal dachte daraufhin über einen erfolgversprechenden Weg nach, zur alten Gesetztheit seines Freundes vorzudringen.
»Los, Op Oloop, gib es zu. Diese vorgetäuschte Attacke ist nicht in Ordnung. Mich wundert, daß du zu solchen Mitteln greifst. Du weißt, wie sehr man dich in diesem Haus schätzt. Ich kann mir nicht erklären, daß du uns derart erschreckst, genau am Tag deiner Verlobung. Sind Sie nicht auch der Meinung, Franziska, daß all dies geschmacklos erscheint?«
»Geschmacklos? Warum? Was auch immer my darling denkt, fühlt oder macht, ist der Gipfel an Perfektion.«
»Auch das noch!«
»Ganz richtig. Ganz richtig«, schaltete sich Op Oloop ein. »Wundere dich nicht. Du verstehst nichts. Du hast nie geliebt.«
»Mensch! Red kein dummes Zeug. Du bringst mich zur Verzweiflung. Ich habe in meinem Leben Hunderte verliebter Menschen kennengelernt. Nie habe ich etwas Vergleichbares gesehen!«
»Das erhöht ja gerade unsere Liebe. Wenn dem nicht so wäre, würde ich selbst ihn bezichtigen. Doch, Sie sehen ja. Ich habe Nachsicht mit seinem Irrsinn und seiner Besonnenheit, ich akzeptiere seine Heftigkeit und seine
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