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Op Oloop

Op Oloop

Titel: Op Oloop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Filloy
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Haltung befreit. Mir gefällt es, von der Umrandung meines mechanischen Lebens aus in den Brunnen der Jugend hinabzublicken. Im Wasser wie Fische aufblitzende Ideen zu sehen, die ich selbst ausgesetzt habe … Im Wasser die Himmelsscheiben zu sehen, die ich früher als romantischer Diskuswerfer ins Blau des Ideals geschleudert habe.«
    »Sie sind unerträglich kitschig«, gab Peñaranda von sich. »Ich reise oftmals im Blauen, und niemals bin ich mit irgendeiner Scheibe oder irgendeinem Ideal zusammengestoßen. Mit Ihnen stimmt etwas nicht, doch Sie tragen noch Ihren Panzer. Erst Ihr Zurückziehen, nun Ihr Hang zum Kitsch. Auch wenn es für mich unglaubwürdig bleiben wird, Sie müssen sich erklären.«
    Der Luftfahrtkommissar sprach wenig; und da er kategorisch war, ließ die vorhergehende geistige Konzentration die Sätze als zerhackte Wörter herausschießen.
    Der Gastgeber war perplex. Er praktizierte für gewöhnlich das never explain, never complain. Nun griff er sinnierend nach einem Glas Wein, liebkoste es mit Augen und Fingern, schlürfte die duftende Flüssigkeit langsam mit mehreren Schlucken und sagte: »Nun gut, da Sie mich drängen, werde ich mich erklären. Doch es gilt die Wahrheit des Sinnspruches: das Geheimnis des Verdrusses liegt im Streben danach, alles erklären zu wollen … Ja, Caballeros, ich war in mich selbst versunken. Was ist daran kitschig? Nichts. Abgesehen von der flüchtigen Unhöflichkeit, mich Ihnen zu entziehen, stellt es kaum einmal ein Vergehen dar. Ich hasse Spiegel, weil sie meine Existenz bezeugen. Doch wie den inneren Spiegeln ausweichen? Kaum lenkt man seine Achtsamkeit nach innen, führt uns unser unbestechlicher Narzißmus in den Saal der metaphysischen Spiegel. Fraglos merkwürdige Spiegel, in denen nicht die Gegenwart gespiegelt wird, sondern die Bilder der vergangenen und die Träume der zukünftigen Ichs. Die Gegenwart ist unsichtbar. Man nimmt sie wegen ihres üblen Geruchs wahr …«
    »Hups! Man beachte den Seitenhieb.«
    »… so wie die Merowinger die Anwesenheit des Teufels an seinem Schwefeldunst wahrnahmen. Ich beleidige niemanden, Robín. Ich führe lediglich meine persönliche Ansicht an. Denn was wir zum Beispiel hic et nunc machen, gilt nicht aufgrund seiner historischen Wirklichkeit als Bankett von Freunden, sondern als bereits vergangener Stoff einer Sehnsucht, die ich mir für die unmittelbare Zukunft aufbewahrt hatte. Die Zeit ist das einzig Gegenwärtige. Wir sind es, die wir uns bewegen. Und wir bewegen uns, um unsere Vergangenheit auszustellen: die entwickelten Photos. Und unsere Zukunft: die zu entwickelnden Photos …«
    »O.k.! Alles ist eine Ausstellung. Bis hierhin bin ich einverstanden. Doch von einem anderen Gesichtspunkt aus vertrete ich das Gegenteil: nämlich, daß der Mensch unbeweglich ist, immer in Pose, während das übrige neben ihm dahinfließt. Nicht mehr und nicht weniger als der Radfahrer auf dem Jahrmarkt, der vortäuscht zu fahren, während er eigentlich stillsteht … nur im Hintergrund zieht ein szenischer Vorhang vorbei.«
    »Ein schlechter Vergleich, Ivar. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß das Kino und die Philosophie Tricks, Kunstgriffe und noch schlimmere Dinge kennen. Doch bringe das nicht durcheinander.
    Dieser Gesichtspunkt ist genau jener hedonistische, der die Illusionen – das wahre Fleisch der Gegenwart – ausbeutet und in der fürchterlichsten nur vorstellbaren Schiebung Gewinn aus ihnen schlägt.«
    »Großartig, Op Oloop! Ich bin mit Ihnen einer Meinung, daß die Filmproduzenten die schlimmsten maquereaux der Menschheit sind.«
    »Ganz genau.«
    »Wie, ganz genau?«
    »Diskutieren wir nicht. ›Die Welt ist unverbesserlich und das Leben abgrundtief schlecht.‹ Wir müssen die Blasphemie von Hartmann dadurch überwinden, daß wir das Leben bis hin zur Beseitigung seiner harten Hornstellen glätten. Diskutieren wir nicht. Ich bin viel herumgekommen und habe viel gelitten. Wohin ich auch kam, habe ich die Welt bereit zum Genuß gesehen … und den Genuß selbst von einer Minderheit in Beschlag genommen. Und wohin ich auch kam, war ich ein Rebell.«
    »Ein Rebell, Sie?«
    »Jawohl. Wissen Sie etwa nicht, daß die Rebellion der Gesetztheit, in der heroischen Bedeutung des Wortes, die würdigste und effizienteste ist? Sie sind ein ungestümer Mensch, Peñaranda. Und als solcher wissen Sie nicht, daß das Ungestüm eine verbale Staubwolke ist, die sich im ersten Kugelhagel auflöst. Ich hätte Sie gern an meiner

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