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Op Oloop

Op Oloop

Titel: Op Oloop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Filloy
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ihn mit Besorgnis zu erfüllen. Der Skeptizismus war die Droge seines Erwachsenenlebens. Die Wechselfälle des Lebens hatten ihn gelehrt, nicht von ihr abzusehen. Eine muntere Droge, stärkte sie sein Herz doch mit soviel Magie, daß sich die Schande in Mitleid und die Schmach in Nachsicht verwandelte.
    Gastón Marietti schloß sich gerissen seiner Hochstimmung an: »Es ist ein Jammer, daß wir Sie unterbrochen haben. Fahren Sie mit Ihrer Erzählung fort, Op Oloop.«
    »Herzlich gerne. Aber nur unter einer Bedingung. Erlauben Sie mir, daß ich von hier aus, von dem Belvedere aus, das ich bin, auf den anstoße, der ich war.«
    »Mit Vergnügen. Einstimmig angenommen.«
    »Jawohl. Die glückliche Fügung hat mir einen Aussichtsturm beschert. Ich sehe den in sich gekehrten und traurigen Jungen, der die familiären Umschmeichelungen in Verteidigung seines freien Willens verlassen hat … Ich sehe den abenteuerlustigen Jugendlichen, der durch Finnland zog, vom Ladogasee bis zum Arktischen Eis, und das Elend der Nächsten teilte, die unter den Tücken des Rauhreifes, der Schärfe des Eises und dem Grabtuch des Schnees litten … Ich sehe den verträumten und marxistischen Jüngling, der berauscht von der Poesie in Seen aus Seide und Birken- und Lärchenwäldern für eine Ordnung aus Liebe, Wahrheit und Gerechtigkeit kämpfte … Und ich kann nicht umhin, eine menschliche Landschaft von solcher Offenherzigkeit, solchem Enthusiasmus und solcher Reinheit bewegt und berührt mich! Ich trinke also mit meinen Tränen auf den Op Oloop, der ich gewesen bin, und mit meinem Wein auf den Op Oloop, der nie wieder sein wird …«
    Bereits durch wiederholte Trinkopfer geschult, war der Toast schnell erledigt.
    In den Ohren einiger seiner Gäste klang noch der sibyllinische Tonfall seiner letzten Worte nach: »… auf den Op Oloop, der nie wieder sein wird …«
    Ivar und Erik tauschten mit hochgezogenen Augenbrauen fragende Blicke aus.
    Der Student wies Slatter auf die abrupten Temperamentsschwankungen des Gastgebers hin: Redseligkeit, Abwesenheit, Zufriedenheit, Tränen.
    Gastón Marietti versenkte sich in tiefere Reflexionen: »Der nie wieder sein wird! Sollte Op Oloop unglückseligerweise ein uomo finito sein? Ich glaube es nicht. Seine Kultur, die außergewöhnliche Vitalität seiner Kultur, muß schlechterdings verhindern, daß er in seinem Humanismus nachläßt: in der höchsten Kunst, so sehr wie möglich Mensch zu werden. Seine Beredsamkeit von gerade, geschliffen in ihrem Sinn, sirupartig in ihrem Erguß, zeigte dennoch eine definitive Ermüdung, die ihn dazu zu verleiten schien, in seiner eigenen Vergangenheit auszuruhen. Was für eine Absonderlichkeit ist dies? Es ist wahr, daß im Geist widersprüchliche Gefühle nebeneinanderbestehen, die die Persönlichkeit zur gleichen Zeit mit dem Ziel bearbeiten, sie auf unterschiedliche Routen zu führen. Selbst ich mache diese Erfahrung. Verbi gratia, es ist paradox, daß er die Niedrigkeit der gängigen Moral annehmen sollte, um mit ihr zu gedeihen, ist er doch in allem auf das Zukünftige gerichtet …«
    Von Op Oloop entfacht, holte ein Sturm von spöttischen Bemerkungen und Gelächter den Zuhälter zum Getöse der Tafelrunde zurück.
    »Wer hat da meine Abwesenheiten und inneren Monologe kritisiert? … Man muß Sie gesehen haben, wenn Sie sich versenken … Sie haben wohl nicht viel Übung … Sie machen die Gesten eines Ertrinkenden.«
    Gastón errötete: »Verzeihen Sie mir. Ich habe zufällig an Sie gedacht. Ihr Toast auf ›den Op Oloop, der nie mehr sein wird‹, hat mich aufgewühlt.«
    »›Der Mensch ist ein Zufall in einer Welt aus Zufälligkeiten‹, hat Nietzsche gesagt.«
    »Gut. Doch diese inbegriffene Absage an die Zukunft, diese Absicht, die Seele in keine anderen Anzüge zu kleiden als die aus der Mode gekommenen der Vergangenheit … Ich hasse die Vergangenheit übrigens so sehr, daß ich mich systematisch geweigert habe, Kinder zu kriegen, aus Angst davor, daß ihr Alter mein Alter aufzeigen könnte.«
    »Ich hingegen habe gelitten und leide noch, da ich keine habe. Gerade damit sie es mir aufzeigen; denn die Luftspiegelung der eigenen Jugend ist und bleibt nichts weiter als eine Luftspiegelung.«
    Nachdem er diesen Gedanken ausgesprochen hatte, stürzte er mit seinem Denken in ein Luftloch. Er seufzte. Und ohne irgendeine Art der Zurückhaltung hielt er sich mit den Händen die Augen zu.
    Dieses Mal erklärte Peñaranda seinen Nachbarn die ungewöhnliche

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