Op Oloop
Gerede. Ich weiß nicht, welche bacchische Resonanz oder welche Impulse sich da vermengen.«
Er log.
Und mit sanfter Stimme, der Sanftheit der Erschöpfung, rief er sachte: »Hoerée! Franziska! FRANZISKA! FRAN-ZIS-KAAA! … Evohé! Io, ío, eleleleu!«
Das Erstaunen war nun in Bestürzung übergegangen. Keiner verstand mehr etwas. Während er die Anrufungen der Bacchantinnen ausstieß, setzte er dazu mit leichtem Fingerschlag Synkopen auf seine Lippen. In dieser Notlage stand sogar Gastón Marietti auf. Alle hatten die Erbitterung des Beginns und den nachgiebigen Stolz in der Fortführung seiner Erzählung bemerkt. Doch dieser unlogische Ausrutscher, wem war der zuzuschreiben?
»Vielleicht der Mercurey …«
»Oder die Mischung der Weine.«
»Nein. Er trinkt kaum«, flüsterte Erik in Slatters Ohr.
Als wäre nichts geschehen, nahm der Gastgeber den Faden seiner Erzählung wieder auf: »… durch die Beobachtung der Exportzahlen des Schichtholzes könnte ich Tausende Behauptungen über die Natur und Eigenart des Importlandes anstellen, nicht mehr und nicht weniger als jener Kondomhändler, der aus den Verkaufszahlen seiner Ware auf die Geburtenrate des Volkes schloß …«
Die Lacher kamen zaghaft. Dennoch brachte der Witz alle an ihren Platz zurück. Und das Symposium verschlang den gerade servierten Gang mit neuerwachtem Hunger.
Der Schatten seines Ausbruchs verfolgte ihn, ebenso wie der scharfe Blick der ihn Umgebenden.
Es gelang ihm nur schlecht, den Wunsch, sich von beidem zu befreien, zu verbergen und er fuhr geschwätzig fort: »Als ich mich später in Helsinki eingerichtet hatte, nahm mich die Statistik durch ihre wissenschaftliche Autonomie und durch die experimentelle Disziplin, die sie erfordert, für sich ein. Meine Liebe zur Methode stammt aus jener Zeit, denn es gibt für jedes Phänomen eine mechanische Ursache, für deren Analyse nötig sind: erstens, kritische Betrachtung; zweitens, Interpretation; drittens, Ehrlichkeit; und viertens, Genauigkeit. Und für jede Forschungsarbeit gibt es eine rationale Einschätzung, von der sich ableiten: erstens, die Bewertung der Kräfte im historischen Materialismus; zweitens, die Einsicht, im Voraus um den in der Unendlichkeit der Zukunft aufgedeckten Fehler wissen zu müssen; und drittens, die funktionale Gleichung, die die Vergangenheit mit dem System der verborgenen Prinzipien in Harmonie bringt. Reine Philosophie, meine Freunde, die Helmholtz und Hertz dem Universum beibrachten, indem sie, wie ein Spieler sagen würde, feine Ohren für die Zahlen hatten, die Zahlen, nichts als die Zahlen! Später, als Angestellter beim Demographischen Institut, nahmen meine Monographien die Liebes- und Todeschroniken der Hauptstadt auf. Wer auf philosophische Art mit den Ziffern spekuliert, kann anhand von unehelichen Kindern, Scheidungen und Verbrechen aus Leidenschaft die fatale Krise der gültigen Moral für die nahe Zukunft vorhersagen. Meine diesbezüglichen Thesen – die dazu raten, eugenisch ein soziales Konglomerat zu formen, das für die biotypische Verbesserung des Individuums geeignet ist – verdienten sich das Lob der »Statistical Society‹ in London und verschiedener Kongresse, die von meinen Arbeiten inspirierte Vorträge annahmen. Darüber hinaus führt der ›Annuaire Statistique de la Societé des Nations‹, Zeitraum 1932-33, die technische Überlegenheit der ›Methode Op Oloop‹ für die Koordinierung von Daten über Phänomene an, die verschiedenen Ländern gemein sind. Denn die Methode ist alles, Caballeros. Bacon hat es gesagt: »Claudus in via antecedit cursorem extra viam«, beziehungsweise übersetzt: Eine Person von mittelmäßiger Intelligenz, aber mit einer guten Methode, wird in der Wissenschaft weiter kommen als ein auf gut Glück vorgehender Feingeist. In diesem Sinne bin ich methodisch gewesen und werde es bis zu meinem Tode bleiben; denn der Tod ist als Phänomen ebenfalls konditioniert, durch allgemein bekannte physisch-chemische Grundregeln, unter der psychisch-hormonellen Ägide. Nun gut, als ich mit Beginn der Diktatur des reaktionären Senators Svinhufvud aus meinem Land auswanderte, ließ ich mich in Frankreich nieder. Meine Familie setzte alle Hebel in Bewegung, um mich zurückzugewinnen, und erreichte eine spezielle Begnadigung und die Wiedereinsetzung auf meinen Posten durch den ersten Präsidenten von Finnland, Professor Kaarlo Juho Stahlberg. Ha, ha! … Eine ›gute‹ Erfindung, die Familie, teilte ich die Meinung
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