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Op Oloop

Op Oloop

Titel: Op Oloop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Filloy
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Abenteuer braucht! Darin bin ich ein Meister … Ich habe mehreren Typen, die heute auf der Straße leben – ohne daß ihnen mehr geblieben wäre als das Silber ihres Mate-Bechers und das Gold ihrer Zähne –, dabei geholfen, ihr Vermögen zu verschleudern. Ich trete zu einigen Prüfungen an und zu allen Streiks und Unruhen an der Universität. Ich kann boxen, ergo fluchen; denn wenn meine Beleidigungen nicht wären, hätte ich niemals eine Gerade oder einen upper-cut gelandet … Das Bewegende meiner Freundschaft mit Op Oloop liegt daher in der gegenseitigen Gleichgültigkeit, die uns vereint; denn wenn mir die Statistik nichts bedeutet, kann er meinen Kinnhaken nichts abgewinnen. Nichtsdestotrotz, was gäbe ich heute abend nicht, um bis zu seinem Herzen vorzustoßen und ihm zu sagen: Hier ist meine Solidarität, im guten ebenso wie im schlechten. Ich kann nicht erklären, welche seltsamen Kräfte ihn unterdrücken und wieder freisetzen, welche geheimen Geister ihn erhabene und idiotische Dinge aussprechen lassen. Ich bin ein schwer zu knackender Typ, mit rauher Schale, aber weichem Kern und hoher Sensibilität. Entschuldigen Sie das Eigenlob. Von Beginn an habe ich das Unglück dieses Mannes bemerkt und ich leide, da ich nicht mit ihm leiden kann. Bevor wir gehen, schlage ich einen Toast vor, der die Narbe seines Kummers auslöscht.«
    »Sehr gut. Peñaranda soll sprechen.«
    »Nein, jeder ein paar kurze Worte. Es soll, wie es rechtens ist, ein Landsmann beginnen.«
    Op Oloops Augenbrauen – der Umriß zweier im Gleitflug auf die Stirn begriffenen Schwingen – bildeten einen Knoten zwischen den Augen. Das Faltenhäufchen ließ seinen Blick zusammenlaufen. Er schielte fast vor soviel Grimmigkeit. Er schaute nicht, er spähte.
    Zerbrechlicher Genuß! Das Dinner stellte sich als reichhaltig an temperamentbedingten Schwankungen heraus und als trügerisch durch abrupte Anfälle der gegensätzlichsten Gefühle. Der Orientierungssinn wachte behutsam über den rechten Kurs. Zerbrechlicher Genuß!
    Ein Ellbogenstoß von Erik brachte den ehemaligen Mitschüler des Gastgebers zum Aufstehen: »Wenn ich mich in Chaplin verwandeln könnte, würde ich vielleicht die Mimik und Sprache erreichen, die in diesem Moment vonnöten sind. Op Oloop gehört zu einer Art von Personen, die in der menschlichen Nomenklatur nur selten auftritt. Da er tiefgreifend tragisch ist, verlangt er nach einem Ausdruck der Groteske, dem einzigen, der sich auf sarkastische Weise an das Verständnis seines strengen Wesens annähern kann. Von klein an hob er sich durch Feinfühligkeit, Schweigsamkeit und Zärtlichkeit ab: hoch entwickelte Eigenschaften, die nachdenklichen Menschen zu eigen sind. Für uns, die wir eine Kindheit als Raufbolde und Springinsfelde verlebten, war soviel Abwägen unecht. Kinder sehen ein Kind, das sich wie ein Großer verhält, als komisch an, ebenso wie die Erwachsenen den Erwachsenen, der sich wie ein Kind benimmt. Jener Zustand, den wir nun umgekehrt beobachten können, verletzte uns damals. Wir machten ihn zur Zielscheibe von Tausenden von Witzen und Streichen. Doch er kam durch! Die Zeit zeigt mir, daß seine vitale Substanz sich nicht verändert hat. Nichts als die Perspektive ist anders. Das Mann-Kind war konvex. Der Kind-Mann ist konkav. In jenem lief alles zusammen. In diesem entflieht alles … Wenn man in der menschlichen Seele wie in einem akustisch isolierten Raum das Lautregister der Leidenschaft überprüfen könnte, die hörbare Reichweite der Instinkte, die das Bewußtsein reflektierenden Klangwellen, dann könnte ich mit Ziffern und Koeffizienten die technische Lösung für die Unruhe feststellen, die dich bedrängt. Doch unmöglich. Die Wissenschaft traut sich noch nicht so viel zu. Du wirst leiden müssen. Deine Seele hat einen Sprung. Die Schalldämpfung ist zerstört. Und durch ihre Ritzen hindurch heulen schmutzige Bestien, die die Luft deiner geistigen Atmosphäre verpesten und die Ausstrahlungen eines so melodischen Herzens, wie es das deine ist, behindern.«
    Die Worte wurden aufgenommen, die Gedanken eingeatmet.
    »Es reicht! Genug der Zerlegung«, rief er. »Ihr beunruhigt euch ohne Grund und sorgen sich im Übermaß. Ich bin kein abtreibendes Schiff … Ich habe das Steuer jederzeit fest in der Hand!«
    »Nein, Op Oloop. Ihre Steuerung läuft Gefahr. Sie werden den bürgerlichen Frieden von vormals nicht mehr genießen. Ein Extremist ist aufgetreten. Ein Extremist, der alle inneren Kontrollen

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