Op Oloop
habe gerade ein fürchterliches Unwetter durchquert. Wenn Sie, Caballeros, die Turbulenz meines inneren Meeres kennengelernt hätten, dann hätten Sie es wie viele Ketzer doch auf einen Versuch ankommen lassen und sich vor Schreck bekreuzigt. Ich … Sie sehen ja selbst. Ich kam in Korsika zur Welt, der Insel der größten Vulkane der Menschheit: Napoleon und Don Juan … Damit ist das Feuer meiner Leidenschaft beschrieben. Denn ich habe es, Señores – mit Ihnen beiden spreche ich – so groß, so unersättlich wie jene. Brüsten Sie sich nicht damit, mich zum Schweigen gebracht zu haben. Es gefällt mir zu schweigen. Ich bin es, der sich unterdrückt und überwindet. Darin besteht mein Triumph. Wenn ich im Laufe meines Lebens meine Leidenschaft nicht abgesenkt hätte, um sie zu mäßigen – so wie Sie es mit dem Unterseeboot machen, um aus dem Hinterhalt Torpedos abzuschießen – wäre meine Karriere gescheitert. Der Erfolg liegt darin, dieses Feuer gebändigt zu halten, damit es andere verbrennt, ohne einen selbst zu verbrennen, so wie man Hunde zum eigenen Schutz und zur Abschreckung anderer abrichtet. Wir, die Zuhälter mit Stil, üben uns in der Strategie des selfcontrol. Was hätte ich dadurch erreicht, Sie der Untreue gegenüber Op Oloop zu bezichtigen und des schlechten Benehmens mir gegenüber? Nichts. Die Lachhaftigkeit eines Strohfeuers in der Januarhitze. Nun hingegen hören Sie mir zu; und beim Zuhören werden Sie gerügt.«
»Was sagen Sie da?«
»…!«
»Ich spanne das Pferd nie hinter den Wagen … So wie die gangster und Schmuggler beharrlich dafür kämpften, das Prohibitions-Gesetz aufrechtzuerhalten, da die »Trockenheit« ihre Einkommensquelle darstellte, akzeptieren wir Zuhälter mit Stil …«
»Kein Zuhälter hat Stil!«
»… akzeptieren wir wohlgefällig die Verspottung der aktuellen Ordnung … Wir wissen, daß es in einem Zustand der perfekten moralischen und ökonomischen Ordnung weder Händler noch Kuppler gäbe. Und daß wir schließlich dazu gezwungen wären, die Ehrverletzung der Arbeit über uns ergehen zu lassen … Eine derartige Perspektive flößt der Zunft Angst ein. Sie erzieht uns zu schlauem Konformismus, zwingt uns, aus Vorsicht für Tadellosigkeit im Milieu zu sorgen, und läßt uns die Unterstützung von Politikern und Obrigkeit suchen, dank derer das Geschäft weiter läuft und floriert … Kein Zuhälter ist extremistisch, kein Zuhälter ist aufbrausend … In meiner Rechtgläubigkeit gefalle ich mir darin, diese Gedanken sachte zwischen kultivierten Personen zu äußern, die aus dem offensichtlichen Zynismus meiner Rede die untergemengten Netto-Wahrheiten herausfiltern können. Doch gelegentlich täusche ich mich. Vor allem, wenn es jenen Personen am nötigen Scharfsinn mangelt und sie das Verständnis mit ihren Vorurteilen verwirren. Hier, zum Beispiel. Diese Herren erachten meine Anwesenheit als verderblich und verdächtigen mich sogar der Schändlichkeit, den Geist von Op Oloop infiziert zu haben!«
»Das hat niemand gesagt!«
»Sie phantasieren.«
»Ich brauche den Beweis der Worte nicht, ob Sie es gesagt haben oder nicht. Ich habe Ihre Absichten abgewogen und das reicht mir. Es gibt so unheilträchtige Gedanken, daß sie die Augen schwanger gehen lassen. Ich habe die Ihren gesehen, angeschwollen vor Schreck und Prüderie. In Ihrem ständigen Getuschel ließ die Anstrengung, diese Gedanken zu übermitteln, Sie die Zähne zusammenpressen, als ob Sie bei der Niederkunft litten. Andere Male, wenn die Beleidigung zerbröckelte, schien der schnelle Wimpernschlag darauf abzuzielen, das Gleichgewicht wiederzugewinnen … Ich bin nicht auf den Kopf gefallen, Caballeros. Wenn meine Gesellschaft Sie stört, seien Sie so freundlich und gehen Sie. Ich fühle mich sehr wohl so wie ich bin.«
»Und ich …«
»Kapitän, Sie trinken keinen ›Kaffee‹, nicht wahr?«
»Seien Sie still. Das hochtrabende Geschwätz dieses … Herrn hier interessiert mich nicht die Bohne. Wir hatten uns schon entschlossen zu gehen, doch um Sie zu ärgern, werden wir das Vergnügen haben zu verweilen.«
Op Oloop, mit dem Schwung der Euphorie, sprengte seine abgezehrte Zerschlagenheit: »Endlich, Erik, endlich! Dieser schamlose Satz bringt dich vor der Tafel zu Ehren. Hüllenlose Nacktheit, egal ob elegant oder abstoßend, das ist es, wonach wir mit unserem ideologischen Nudismus streben. Ich habe vorhin gesagt, daß wir sieben Variationen über ein Hauptmotiv des Zynismus
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