Opas Eisberg: Auf Spurensuche durch Grönland (German Edition)
völlig unpassend, sondern auch noch falsch. Ich habe meinen Opa auch erlebt. Jetzt gerade, mehrere Wochen lang. Ein sensibler 25-Jähriger mit eigenwilliger Rechtschreibung und nichts als Abenteuern im Kopf. Lebendiger geht’s kaum.
16. September 1912
Zürich, Brief der Mutter an Roderich
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Mein lieber Butz!
Herr Gott wie froh sind wir. Heute morgen brachte mir der Vater Deinen Brief herauf ans Bett, er kam mit der ersten Post. Alles kommt immer früher als wir’s erwartet (das war auch gut), so auch das Telegramm in der Züricher Zeitung. Ich hab gemeint, wir müssen noch lang auf Dich warten u. hab viel von Dir geträumt. Also ich brauch Dir jetzt weiter nix zu sagen – nur wie ich Deinen Brief und Dein Bild gestern auf den Frühstückstisch vor die Tassen der Kinder gestellt hatte – (ich bin gleich zum Bett raus gesaust u. war ganz ausgeschlafen), kam erst Gisela. Sie ist so erschrocken, aber vor Freude, sie guckte nur schnell Dein Bild an, legte es wieder hin und lief schnell in ihr Zimmer hinauf ........
Dann kam Roland – na, ich kann Dir halt nit beschreiben wie das war, – wenn Du’s gesehen hättest, der wurde halt feuerroth u. haute immer mit der Faust auf den Tisch u. rief und lachte »tadellos – tadellos«, er konnte erst nix anderes rausbringen. Und so gings rum.
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29. September 1912
Kopenhagen, Brief an die Eltern
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Also heut morgen sind wir hier (nach 3 tägiger Fahrt von Edinburg aus) angekommen – von Island aus sind wir erst nach den Westmannsinseln und dann nach Aberdine und Edinburg gefahren. In Edinburg waren wir 26 Stunden und da haben wir Zeit gehabt, die Stadt anzuschauen und sogar mit einem Automobilomnibus raus zu fahren nach der grossen Fjordbrücke. Dort haben wir auch englische Torbedoboote gesehen und Unterseeboote. – Bei der Einfahrt heut morgen hier in den Hafen von Kopenhagen haben wir gerade noch die russische Ostseeflotte abfahren sehen. – Euere Briefe habe ich gekriegt; darunter waren auch noch alte Westküstenbriefe, die mich an der grönl. Westküste nicht mehr erreicht haben. Die 200 Mark waren nicht gerade nötig; ich bin aber doch froh drum. Die Mamma fragte nach meinem blauen Anzug. Den hab ich an. Er ist mit anderen Expeditionssachen von der Westküste über Kopenhagen nach Angmagsalik gereist. –
Wann wir hier wegkommen, weiss ich jetzt noch nicht. Morgen sind wir von der Schweizer Kolonie, übermorgen von der Geografischen Gesellschaft eingeladen. Ich denk aber, dass wir am Mittwoch hier abreisen. Schad dass ich den Onkel Hans wieder nicht treff. Ich möcht aber doch wegen Halewick in Dresden einen Tag Aufenthalt machen.
30. September. Heut hab ich das Paket mit dem schwarzen Anzug gekriecht, was ich morgen für den Geografenbetrieb nötig hab. ...
1. Oktober. Also gestern war die Schweizergesellschaft, und heut abend ist die geografische. Dann werden wir am Mittwoch hier los kommen. Ich denk mir so, dass wir Anfang nächster Woche spätestens heim kommen. Ich stell mir so vor: Bis Donnerstag abend in Dresden, Freitag bei Halewick, Samstag weiter, Sonntag bei Onkel Hem und Montag in Zürich. – Bitte keinen Bahnhofsbetrieb; ich komm mir jetzt eigentlich ziemlich albern vor. Zum Beispiel haben sich der Hü und ich für heut abend Zilinder geliehen; wir müssen sehr lachen. – Q. ist heut vom König empfangen worden. – So, ich weiss grad nix mehr und wir müssen jetzt gleich weg zu der Gesellschaft.
Roderich.
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Oktober 1912
Zürich, Tagebuch Marie Fick
2. Oktober 1912
Bis 12 Uhr hatten Adoler (Adolf Fick) und ich unten im Stübli auf Roderich gewartet. Aber weder die beiden Grönländer selbst, noch eine Nachricht von ihnen ist hier heute eingetroffen.
4. Oktober 1912
Heute kam endlich ein Brief von Roderich an ... mit der Nachricht, daß er erst über Dresden-Hellerau, Tübingen fahre. Da ergoß sich die schmerzliche Enttäuschung in wahre Fluthen, mit denen ich all mein Warten, meine aufgestapelten Sorgen herausschwämmte. Ich kam in meinem Bett dann zur Vernunft, und eingedenk meines Gelübdes und guter Vorsätze, so er heil zurückkehrt, trockneten meine Wangen u. Nase – ich schnäuzte nochmal energisch u. schlief mit verschwollenen Augen dann ein. Roderich ist jung, ein Mann, u. ein »Sohn«. – Er fürchtet, wir könnten ihn zu feierlich und beglückt empfangen, u. macht deshalb einen Umweg, um die unmittelbare Rückkehr etwas zu dämpfen u. unsere Herzen abzuhärten. Die 2 Beefsteaks vom Londen, die schon
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