Operation Amazonas
Recht«, meinte Manny. »Ihre Blutgier ist erwacht. Der geringste Auslöser genügt und sie drehen durch. Wir sollten zumindest so lange warten, bis das Feuer brennt.«
Die Raubkatze ließ ein durchdringendes Jaulen vernehmen, als ob sie ihn gehört hätte. Sie spannte ihre Muskeln an und schnellte sich ihnen mit verblüffender Schnelligkeit entgegen, eine Präzisionsmaschine.
Die Ranger feuerten, doch der weibliche Jaguar war zu schnell, bewegte sich mit geradezu übernatürlicher Geschwindigkeit. Kugeln nagten am Fels und schlugen Funken, allesamt das Ziel verfehlend, als hätten sie es tatsächlich mit einem Phantom zu tun. Das Bailey stieß sirrend eine einzelne Messerscheibe aus, die von einem Findling abprallte und den Hang hinunterrollte, ohne Schaden anzurichten.
Nate stützte sich auf ein Knie, zielte mit der Schrotflinte. »Na warte, Mieze«, murmelte er vor sich hin. Wenn sie erst mal nah genug war …
Carrera zielte erneut, wurde jedoch angestoßen, ehe sie einen weiteren Schuss abfeuern konnte. Tor-tor stürmte an ihr vorbei und sprang auf den angrenzenden Hang.
»Tor-tor!«, rief Manny.
Der kleinere Jaguar sprang ein paar Meter den Hang hinunter und hielt dann inne, verstellte der Riesenraubkatze den Weg. Fauchend duckte er sich, schlug drohend mit dem Schwanz und spannte sprungbereit die Hinterbeine an. Er fuhr die langen gelben Krallen aus und bleckte seine scharfen Zähne.
Der große schwarze Jaguar stürmte auf ihn zu, als wollte er ihn überrennen, hielt im letzten Moment aber vor Tor-tor an und nahm eine ähnliche Haltung ein wie er. Die beiden Raubkatzen forderten einander fauchend heraus.
Kostos hob die Waffe. »Du bist tot, du Mistvieh.«
Manny hob warnend die Hand. »Warten Sie!«
Die beiden Raubkatzen umkreisten einander mit einem Meter Abstand. Auf einmal wandte ihnen das riesige Weibchen den Rücken zu. Nate konnte erkennen, wie sehr sich die beiden Ranger beherrschen mussten, um nicht zu schießen.
»Was machen die da?«, fragte Carrera.
»Das Weibchen begreift nicht, warum ein anderer Jaguar, zumal ein so kleiner wie Tor-tor, uns beschützt«, antwortete Manny. »Es ist verwirrt.«
Mittlerweile hatten die beiden Tiere aufgehört, einander anzufauchen. Vorsichtig näherten sie sich einander, bis sich ihre Nasen beinahe berührten. Während sie sich lautlos austauschten, umkreisten sie einander weiter. Das Fell glättete sich wieder. Mit leisem Schnaufen sog die große Raubkatze den Geruch des seltsamen kleinen Jaguars ein.
Schließlich endete ihr Tanz und sie nahmen wieder ihre ursprünglichen Positionen ein. Tor-tor hockte zwischen der Höhle und der großen Raubkatze.
Mit einem letzten Knurren beugte sich das riesige Weibchen vor und rieb seine Wange an Tor-tors Kopf. Offenbar war eine Übereinkunft erreicht, ein Waffenstillstand. Dann wirbelte die schwarze Raubkatze herum und verschwand über den Hang.
Tor-tor richtete sich allmählich auf. Seine gelben Augen funkelten. Mit typisch katzenhafter Beiläufigkeit leckte er sich übers Fell und wandte sich zu seinem Herrn um. Er tappte zum Höhleneingang zurück, als habe er sich bloß mal die Beine vertreten.
Carrera senkte die Waffe und rückte die Nachtsichtbrille zurecht. »Sie ziehen sich zurück«, sagte sie verwundert.
Manny tätschelte den Jaguar. »Du dummer Kerl«, murmelte er.
»Was ist da eigentlich passiert?«, fragte Kostos.
»Tor-tor steht kurz vor Erreichen der Geschlechtsreife«, antwortete Manny. »Er ist sozusagen ein Halbwüchsiger. Das Weibchen scheint trotz seiner Größe etwa im gleichen Alter zu sein. Und mit dem vielen Blut ringsum lag Spannung in der Luft, auch sexuelle Spannung. Tor-tors Verhalten war anscheinend nicht bloß drohend gemeint, sondern auch als Werbung.«
Kostos blickte finster drein. »Dann wollen Sie damit also sagen, er wäre scharf auf sie gewesen.«
»Und sie war nicht mal abgeneigt«, meinte Manny und klopfte dem Jaguar stolz auf die Flanke. »Da Tor-tor ihr entgegengetreten ist, hält sie ihn wahrscheinlich für den Anführer des Rudels. Und für einen akzeptablen Geschlechtspartner.«
»Und was nun?«, fragte Carrera. »Sie haben sich zwar zurückgezogen, sind aber immer noch da. Es sieht sogar so aus, als sammelten sie sich in der Schlucht, um uns den Rückweg zum Sumpf abzuschneiden.«
Manny schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, was sie tun werden. Tor-tor hat uns jedenfalls eine Verschnaufpause verschafft. Ich finde, wir sollten sie nutzen. Das Feuer in Gang bringen und die Augen
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