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Operation Amazonas

Titel: Operation Amazonas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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Krebsgeschwür, das den Bauch des Waldes zerfressen hatte. In Flussnähe überwogen Holzhütten und Verwaltungsgebäude aus Beton. An den Hängen sah man große und kleine Häuser. An den Kais und Molen drängten sich Touristenboote und Lastkähne, deren Farbe abblätterte.
Nathan dirigierte Takaho zu einem Stück unbebauten Flussufers. Er bemerkte, dass der Indianer die Stadt voller Entsetzen musterte, das Ruder fest an die Brust gedrückt.
»Das frisst die Welt auf«, murmelte er.
Nathan blickte sich zu dem Städtchen um. Sein letzter Besuch in São Gabriel lag zwei Wochen zurück, der Lärm und die Geschäftigkeit entsetzten ihn jedes Mal aufs Neue. Wie musste es da erst für jemanden sein, der noch nie aus dem Urwald herausgekommen war?
Nathan deutete auf eine geeignete Anlegestelle. »Hier gibt es nichts, was ein großer Krieger zu fürchten hätte. Wir müssen deine Tochter zum Krankenhaus bringen.«
Takaho nickte, sichtlich um Fassung ringend. Sein Gesicht nahm wieder einen stoischen Ausdruck an, doch sein Blick huschte ständig hin und her, um die Wunder dieser fremden Welt aufzunehmen. Er lenkte das Kanu ans Ufer, dann half er Nathan, die Trage mit der bewusstlosen Tama an Land zu schaffen.
Tama stöhnte, ihre Augenlider flatterten, dann sah man das Weiße. Während der Fahrt war sie merklich blasser geworden.
»Wir müssen uns beeilen.«
Gemeinsam schleppten sie das Mädchen durchs Hafenviertel, was die erstaunten Blicke der Einheimischen und die blendenden Blitze der Touristenkameras auf sie lenkte. Takaho war zwar »zivilisiert« gekleidet, aufgrund des Stirnbandes, des Federschmucks am Ohr und des runden Haarschnitts jedoch als Stammesindianer zu erkennen.
Das kleine Hospital lag zum Glück gleich hinter dem Hafenviertel. Zu erkennen war es lediglich am abblätternden Roten Kreuz über der Schwelle, doch Nathan war schon einmal bei dem aus Manaus stammenden Arzt gewesen. Nicht lange, und sie hatten die Straßen hinter sich gelassen und bugsierten die Trage durch den Eingang. Im Krankenhaus roch es nach Ammoniak und Desinfektionsmittel, doch gottlob gab es eine Klimaanlage. Die kühle Luft fühlte sich im Gesicht an wie ein feuchtes Handtuch.
Nate ging zum Schwesternzimmer und brachte eilig sein Anliegen vor. Die pummelige Schwester runzelte verständnislos die Stirn, dann merkte Nathan auf einmal, dass er Yanomami gesprochen hatte. Sogleich wechselte er ins Portugiesische. »Das Mädchen wurde von einer Anakonda angegriffen. Ein paar Rippen sind gebrochen, doch ich glaube, die inneren Verletzungen sind gefährlicher.«
»Kommen Sie mit.« Die Krankenschwester deutete zu einer Schwingtür, während sie Takaho misstrauisch beäugte.
»Das ist ihr Vater.«
Die Schwester nickte. »Dr. Rodriguez macht gerade einen Hausbesuch, aber ich kann ihn herrufen.«
»Tun Sie das«, sagte Nathan.
»Vielleicht kann ich Ihnen behilflich sein«, sagte hinter ihm jemand.
Nathan wandte sich um.
Eine hoch gewachsene, schlanke Frau mit langem kastanienroten Haar erhob sich von einem der Klappstühle im Wartezimmer. Zuvor war sie von einem Stapel Holzkisten mit Rotkreuzzeichen verdeckt gewesen. Sie näherte sich ihnen mit ruhiger Selbstsicherheit und musterte sie aufmerksam.
Nathan straffte sich.
»Ich bin Kelly O’Brien«, sagte sie in fließendem Portugiesisch, doch Nate hörte einen ganz schwachen Boston-Akzent heraus. Sie zückte einen Ausweis, der mit dem wohl bekannten Äskulapstab bedruckt war. »Ich bin amerikanische Ärztin.«
»Dr. O’Brien«, sagte er auf Englisch, »wir könnten Ihre Hilfe gut gebrauchen. Das Mädchen wurde –«
Die auf der Trage liegende Tama krümmte auf einmal den Rücken. Ihre Fersen trommelten auf die Palmwedel, dann schüttelte sie sich am ganzen Leib.
»Sie hat Krämpfe!«, sagte die Frau. »Bringen Sie sie auf die Station!«
Die pummelige Krankenschwester ging voran und hielt ihnen die Tür auf.
Kelly O’Brien eilte neben dem Mädchen her, als die beiden Männer zu einem der vier Betten in der kleinen Krankenstation herumschwenkten. Die hoch gewachsene Ärztin schnappte sich ein Paar Untersuchungshandschuhe und sagte im Befehlston: »Ich brauche zehn Milligramm Diazepam!«
Die Schwester nickte und eilte zu einem Medikamentenschrank. Kurz darauf drückte sie Kelly eine Spritze mit bernsteinfarbener Flüssigkeit in die behandschuhte Hand. Die Ärztin hatte bereits eine Aderpresse aus Gummi vorbereitet. »Halten Sie sie fest«, wies sie Nate und Takaho an.
Inzwischen waren eine weitere

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