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Operation Amazonas

Titel: Operation Amazonas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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verkrampften Körper des Mädchens. »Wir verlieren sie«, sagte sie mit ängstlich geweiteten Augen.
»Vielleicht kann ich Ihnen helfen«, sagte Kouwe. »Welche Medikamente hat sie bekommen?«
Kelly spulte die Liste herunter und streifte sich feuchte Haarsträhnen aus der Stirn.
Kouwe klappte den Angelkasten auf und nahm einen kleinen Beutel aus einem der zahlreichen Fächer. »Ich brauche einen Trinkhalm.«
Eine Schwester gehorchte ihm ebenso bereitwillig wie zuvor Dr. O’Brien. Nathan schloss daraus, dass dies nicht der erste Krankenhausbesuch von Professor Kouwe war. Niemand kannte sich besser mit Eingeborenenkrankheiten und ihrer Behandlung aus als er.
»Was machen Sie da?«, fragte Kelly, ganz rot im Gesicht. Das kastanienrote Haar hatte sie sich zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden.
»Sie sind von falschen Annahmen ausgegangen«, antwortete Kouwe ruhig, während er das Pulver in den Plastikhalm füllte. »Die mit der Zitteraalkrankheit einhergehenden Krämpfe sind anders als bei Epileptikern nicht auf eine Störung des zentralen Nervensystems zurückzuführen. Ursache ist ein angeborenes chemisches Ungleichgewicht in der Rückenmarksflüssigkeit. Die Krankheit kommt nur bei Yanomami-Indianern vor.«
»Eine erbliche metabolische Störung?«
»Ja, wie der Favismus im Mittelmeerraum oder die KälteFett-Krankheit bei den Maronen in Venezuela.«
Kouwe trat ans Krankenbett. »Halt sie fest«, wies er Nathan an.
Der Schamane steckte dem Mädchen den Trinkhalm in ein Nasenloch und pustete das Pulver hinein.
Dr. O’Brien stand dicht hinter ihm. »Sind Sie der Arzt des Krankenhauses? Dr. Rodriguez?«
»Nein, meine Liebe«, antwortete Kouwe und richtete sich wieder auf. »Ich bin der hiesige Medizinmann.«
Kelly musterte ihn mit einer Mischung aus Unglauben und Entsetzen, doch ehe sie reagieren konnte, hörte das Mädchen auf, um sich zu schlagen, und beruhigte sich allmählich.
Kouwe hob Tamas Augenlider an. Ihre Haut bekam bereits wieder Farbe. »Ich habe festgestellt, dass bestimmte Wirkstoffe durch die Nasenschleimhaut ebenso gut aufgenommen werden wie bei intravenöser Verabreichung.«
Kelly schaute verwundert drein. »Es funktioniert.«
Kouwe reichte den Beutel einer der Schwestern. »Wird Dr. Rodriguez bald wiederkommen?«
»Ich habe ihn bereits angerufen, Professor«, antwortete eine Krankenschwester und sah auf ihre Armbanduhr. »Er sollte in zehn Minuten hier sein.«
»Geben Sie dem Mädchen in den nächsten vierundzwanzig Stunden einen halben Halm alle drei Stunden, danach ein Mal täglich. Das dürfte ihren Zustand so weit stabilisieren, dass die übrigen Verletzungen behandelt werden können.«
»Ist gut, Professor.«
Tama schlug blinzelnd die Augen auf. Sie musterte erschreckt die um sie herum versammelten Fremden, dann bemerkte sie Nathan. »Jako Basho«, sagte sie mit schwacher Stimme.
»Ja, Bruder Affe ist bei dir«, sagte er auf Yanomami und tätschelte ihr die Hand. »Alles in Ordnung. Dein Papa ist auch hier.«
Eine der Schwestern ging Takaho holen. Als er sah, dass seine Tochter bei Bewusstsein war, fiel er auf die Knie nieder. Er ließ seine stoische Maske fallen und weinte vor Erleichterung.
»Sie wird wieder gesund«, versicherte ihm Nate.
Kouwe nahm den Angelkasten auf und ging hinaus. Nathan und Dr. O’Brien folgten ihm.
»Woraus bestand das Pulver?«, fragte die Ärztin.
»Aus getrockneter Ku-nah-ne-mah Liane.«
»Kletterhanf. Mit dem Rauch dieser Pflanze hat der Dorfschamane das Mädchen wieder aufgeweckt, wie ich schon sagte.«
Kelly errötete. »Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Ich wollte Sie nicht … Ich meine, ich konnte mir einfach nicht vorstellen …«
Kouwe berührte sie am Ellbogen. »Der westliche Ethnozentrismus ist hier draußen weit verbreitet. Das braucht Ihnen nicht peinlich zu sein.« Er zwinkerte ihr zu. »Er ist bloß ein wenig überholt.«
Nate sah keinen Grund, besonders höflich zu sein. »Beim nächsten Mal«, sagte er grob, »hören Sie besser unvoreingenommen zu.«
Sie biss sich auf die Lippen und wandte sich ab.
Sogleich tat es ihm Leid. Die Anspannung des Tages hatte ihn reizbar werden lassen. Die Ärztin hatte es bloß gut gemeint. Wohl wissend, dass er sie nicht hätte anfahren sollen, setzte er zu einer Entschuldigung an.
Ehe er jedoch etwas sagen konnte, schwang die Tür auf, und ein hoch gewachsener Mann, bekleidet mit Khakihose, Khakihemd und einer lädierten Baseballkappe der Red Sox, trat in die Lobby. Er sah die Ärztin an. »Kelly, wenn du die

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