Operation Amazonas
Kelly O’Brien –«
Manny brach ab, denn an der Kolonnenspitze tat sich was. Stimmen erhoben sich, dann hielt die Gruppe an und versammelte sich an einer Flussbiegung. Manny und Nate eilten nach vorn.
Anna Fong und Professor Kouwe hatten sich über einen Einbaum gebeugt, den jemand ans Ufer gezogen und mit Palmwedeln abgedeckt hatte.
»Die Spur endet hier«, sagte Kelly.
Nathan schaute sie an. Das schweißüberströmte Gesicht der Ärztin glühte geradezu. Das Haar hatte sie sich mit einem zusammengerollten grünen Taschentuch zurückgebunden.
Professor Kouwe hielt einen Palmwedel in der Hand.
»Die stammen von einer Mwapu-Palme.« Er zupfte am ausgefaserten Ende des Stengeis. »Nicht abgehauen, sondern abgerissen.«
Kelly nickte. »Agent Clark hatte kein Messer dabei, als er gefunden wurde.«
Professor Kouwe fuhr mit dem Finger über die verdorrten gelben Spitzen der Blattspreiten. »Ich schätze, dass der Wedel vor etwa zwei Wochen von der lebenden Pflanze abgerissen wurde.«
Frank beugte sich vor. »Etwa zu dem Zeitpunkt, als Gerald Clark das Dorf erreichte.«
»Richtig.«
Kellys Stimme schwang sich aufgeregt in die Höhe. »Dann ist er mit diesem Boot hergekommen.«
Nathan schaute auf den kleinen Fluss hinaus. Beide Ufer waren dicht bewachsen, mit Schlingpflanzen, Palmen, Büschen, Moosen, Würgepflanzen und Farnen. Der braune Fluss durchmaß etwa zehn Meter und floss träge dahin. In Ufernähe sah man das schlammige, mit Steinen übersäte Flussbett, jedoch nur ein paar Schritte weit.
Im Wasser konnte alles Mögliche lauern: Schlangen, Kaimane, Piranhas. Sogar Welse, die bisweilen so groß wurden, dass sie Schwimmern die Füße abbeißen konnten.
Captain Waxman schob sich nach vorn. »Wie geht es nun weiter? Wir können Boote herbringen lassen, aber was dann?«
Anna Fong hob die Hand. »Diese Frage kann ich vielleicht beantworten.« Sie schob weitere Palmwedel beiseite und streifte mit ihrer kleinen Hand über die Innenseite des Kanus. »Nach der Art und Weise, wie der Einbaum behauen wurde, und den rot bemalten Rändern zu schließen stammt er von einem Stamm der Yanomami. Das sind die Einzigen, die ihre Einbäume auf diese Weise anfertigen.«
Nate kniete nieder und fuhr seinerseits mit der Hand über die Innenseite des Kanus. »Sie hat Recht. Gerald Clark hat das Kanu entweder geschenkt bekommen oder gestohlen. Wenn wir flussaufwärts fahren, können wir die Yanomami fragen, ob sie einen Weißen gesehen haben oder ob einer ihrer Einbäume fehlt.« Er wandte sich an Frank und Kelly. »Und dann nehmen wir seine Spur wieder auf.«
Frank nickte und wandte sich Captain Waxman zu. »Sie haben von Booten gesprochen.«
Waxman nickte knapp. »Ich gebe unsere Position durch, dann bringen uns die Hueys Boote. Bis dahin wird es dunkel werden, deshalb können wir auch gleich das Nachtlager aufschlagen.«
Alle machten sich daran, in kurzer Entfernung vom Fluss ein Lager zu errichten. Ein Feuer wurde angezündet. Kouwe suchte im Wald ein paar Schweinspflaumen und Sawarinüsse, während Manny, nachdem er Tor-tor zum Jagen in den Dschungel geschickt hatte, mit Hilfe eines angespitzten Astes und eines kleinen Netzes ein paar Dschungelforellen fing.
Nach einer knappen Stunde tauchten die lärmenden Helikopter auf. Vögel und Affen begannen zu kreischen und zu kollern und flüchteten durchs Blätterdach. Drei große Kisten wurden ins Wasser herabgelassen und mit Seilen ans Ufer gezogen. Darin waren drei selbst aufblasende Schlauchboote mit kleinen Außenbordmotoren verstaut, die von den Rangern als »Gummi-Raider« bezeichnet wurden. Als die Sonne unterging, waren die schwarzen Boote an Uferbäumen vertäut, bereit zum Aufbruch.
Während die Ranger mit den Booten zugange waren, hatte Nathan seine Hängematte befestigt und hüllte sie nun sorgfältig in ein Moskitonetz. Als er bemerkte, dass Kelly Mühe hatte mit ihrem Netz, ging er ihr zur Hand.
»Man sollte darauf achten, dass das Netz nirgendwo die Hängematte berührt, sonst wird man von den Blutsaugern durchs Gewebe hindurch gestochen.«
»Ich komme schon zurecht«, sagte sie mit ärgerlich gefurchter Stirn.
»Warten Sie, ich zeig’s Ihnen.« Mit ein paar kleinen Steinen und Ästen befestigte er das Netz so, dass es einen luftigen Baldachin um ihre Schlafstatt bildete.
Auch Frank hatte mit seinem Moskitonetz zu kämpfen. »Ich kapiere nicht, weshalb wir keine Schlafsäcke benutzen sollen. Beim Campen bin ich immer gut damit zurecht gekommen.«
»Hier sind wir im
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