Operation Amazonas
festzusetzen.«
»Sich festzusetzen?«, wiederholte Frank schaudernd.
»Er spreizt die Kiemengräten und blockiert auf diese Weise den Harnabfluss, was innerhalb vierundzwanzig Stunden zum Tode führt.«
»Und wie wird man ihn wieder los?«
Kelly hatte von dem kleinen Fisch und seinen Angewohnheiten tatsächlich schon gelesen. Sie wandte sich an ihren Bruder und sagte in sachlichem Ton: »Das einzige Gegenmittel besteht darin, dem Opfer den Penis abzuschneiden und den Fisch aus der Harnröhre herauszuziehen.«
Frank zuckte zusammen und fasste sich an den Schritt. »Den Penis abschneiden?«
Nate zuckte die Schultern. »Willkommen im Dschungel.«
Kelly blickte ihn finster an, wohl wissend, dass er ihnen bloß einen Schrecken einjagen wollte. Seinem Grinsen war zu entnehmen, dass er es nicht böse meinte.
»Und dann wären da noch die Schlangen …«, fuhr Nate fort.
»Ich glaube, das reicht«, sagte hinter ihnen Professor Kouwe, womit er den Geschwistern weitere Erläuterungen Dr. Rands ersparte. Er schloss zu ihnen auf. »Man sollte zwar Respekt vor dem Dschungel haben, wie Nathan soeben so beredt ausgeführt hat, doch er beherbergt nicht nur Gefahren, sondern auch viel Schönheit. Er macht nicht bloß krank, sondern vermag auch zu heilen.«
»Und deshalb sind wir hier«, mischte sich eine neue Stimme ein.
Kelly wandte den Kopf. Dr. Richard Zane hatte gesprochen. Sie sah, dass Anna Fong und Olin Pasternak in eine Unterhaltung vertieft waren. Und hinter ihnen schritt Manuel Azevedo mit seinem Jaguar neben den Rangern her, die die Nachhut bildeten.
Als sie den Kopf wieder nach vorn wandte, hatte sich Nates Grinsen verflüchtigt. Aufgrund der Wortmeldung des TelluxVertreters hatte sich seine Miene verhärtet. »Was wissen Sie schon vom Dschungel?«, sagte Nate. »Sie haben Ihr Büro in Chicago seit über vier Jahren nicht verlassen …, seit dem Verschwinden meines Vaters nicht mehr, wenn ich mich recht erinnere.«
Richard Zane streichelte seinen kleinen, akkurat getrimmten Spitzbart und wahrte die Fassung, doch Kelly entging nicht das Funkeln in seinen Augen. »Ich weiß, was Sie von mir halten, Dr. Rand. Das war einer der Gründe, weshalb ich mich freiwillig für diese Expedition gemeldet habe. Sie wissen doch, dass ich mit Ihrem Vater –«
Nathan trat einen Schritt auf den Mann zu, eine Hand zur Faust geballt. »Sagen Sie es nicht!«, fauchte er. »Sagen Sie nicht, Sie wären ein Freund meines Vaters gewesen! Ich habe Sie angefleht, die Suche fortzusetzen, nachdem die Regierung die Nachforschungen eingestellt hatte. Und Sie haben sich geweigert. Ich habe das Memo gelesen, das Sie aus Brasilien in die Vereinigten Staaten geschickt haben: ›Ich sehe keinen Sinn darin, die finanziellen Mittel von Tellux für eine sinnlose Suche nach Dr. Carl Rand zu verwenden. Unser Geld ist in neuen Projekten besser angelegt.‹ Erinnern Sie sich an Ihre eigenen Worte, mit denen Sie meinen Vater aufgegeben haben? Hätten Sie weiterhin Druck auf die Firmenleitung ausgeübt –«
»Dann wäre das Ergebnis das gleiche gewesen«, erwiderte Zane mit zusammengebissenen Zähnen. »Sie waren schon immer naiv. Die Entscheidung stand bereits vor meinem Bericht fest.«
»Blödsinn«, widersprach Nathan.
»Nach dem Verschwinden der Expedition bekam es Tellux mit über dreihundert Anwälten zu tun. Mit den Anwälten der betroffenen Familien, der Versicherungsgesellschaften, der brasilianischen Regierung, der NSF. Tellux wurde von allen Seiten unter Beschuss genommen. Das war einer der Gründe, weshalb wir uns das Vermögen von Eco-Tek einverleiben mussten. Auf diese Weise konnten wir uns vor anderen räuberischen Pharmafirmen schützen. Die kreisten wie die Haie um unseren finanziell ausblutenden Leichnam. Eine hoffnungslos erscheinende Suche konnten wir nicht länger finanzieren. Wir waren damit beschäftigt, um unser eigenes Überleben zu kämpfen.«
Nathan funkelte ihn weiterhin an.
»Die Entscheidung stand bereits fest.«
»Sie müssen schon entschuldigen, wenn ich wegen Tellux keine Tränen vergieße.«
»Hätten wir die Schlacht verloren, hätten tausende Familien ihre Jobs verloren. Schwere Entscheidungen standen an, und ich bin nicht bereit, mich deswegen zu entschuldigen.«
Nate und Zane fixierten einander.
Professor Kouwe versuchte zu vermitteln. »Einstweilen sollten wir die Vergangenheit ruhen lassen. Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen wir alle an einem Strang ziehen. Ich schlage einen Waffenstillstand vor.«
Nach kurzem Zögern
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