Operation Amazonas
Dschungel«, erwiderte Nate. »Wer am Boden schläft, stellt am Morgen fest, dass er sein Bett mit allen möglichen garstigen Kreaturen teilt. Mit Schlangen, Eidechsen, Skorpionen, Spinnen. Aber wenn Sie’s unbedingt ausprobieren wollen, nur zu.«
Frank hantierte grummelnd weiter mit dem Netz. »Na schön, dann schlafe ich halt in der verdammten Hängematte. Aber wieso ist das Netz so wichtig? Die Moskitos haben uns den ganzen Tag lang zugesetzt.«
»Nachts ist es noch tausendmal schlimmer. Und wenn die Mücken einen nicht aussaugen, dann bestimmt die Vampirfledermäuse.«
»Vampirfledermäuse?«, wiederholte Kelly.
»Die gibt es hier überall. Nachts muss man sogar dann aufpassen, wenn man nur kurz austreten geht. Die fallen über jeden Warmblüter her.«
Kellys Augen weiteten sich angstvoll.
»Sie sind doch gegen Tollwut geimpft, oder?«, fragte er. Sie nickte langsam.
»Gut.«
Sie musterte die Schlafstatt, die er ihr hergerichtet hatte, dann wandte sie sich zu ihm um, als er sich gerade dicht neben ihr aufrichtete. »Danke.«
Abermals staunte Nathan über ihre Augen, deren Smaragdgrün mit etwas Gold gesprenkelt war. »Keine Ursache.« Er drehte sich zum Feuer um und sah, dass die anderen sich bereits zum Abendessen versammelten. »Mal sehen, was es zu futtern gibt.«
Hitzig waren nicht nur die Flammen des Lagerfeuers. Manny und Richard Zane waren in ein Streitgespräch verwickelt.
»Wie können Sie nur gegen Auflagen für die Holzindustrie sein?«, sagte Manny, während er das Fischfilet in der Pfanne wendete. »Die kommerzielle Holzfällern leistet weltweit den größten Beitrag zur Zerstörung des Regenwaldes. Hier im Amazonasbecken geht jede Sekunde ein Acre verloren.«
Richard Zane saß auf einem umgestürzten Baumstamm; er hatte die Khakijacke ausgezogen und die Hemdsärmel hochgekrempelt, als wollte er sich prügeln. »Diese Statistiken wurden von den Umweltschützern manipuliert. Sie basieren auf wissenschaftlich anfechtbaren Untersuchungen und sollen Angst machen statt informieren. Satellitenfotos beweisen, dass noch über neunzig Prozent des brasilianischen Regenwaldes intakt sind.«
Manny war kurz davor, zu explodieren. »Selbst wenn die Rodungsrate übertrieben sein sollte, wie Sie behaupten, sind die Verluste doch nicht mehr rückgängig zu machen. Täglich gehen hundert Pflanzen- und Tierarten unwiederbringlich verloren.«
»Das behaupten Sie«, erwiderte Richard Zane gelassen. »Die Vorstellung, dass gerodeter Regenwald nicht mehr nachwächst, ist überholt. Nach achtjähriger kommerzieller Nutzung des indonesischen Regenwaldes übertraf die Erholungsrate der einheimischen Pflanzen und Tiere die Erwartungen bei weitem. Und hier gilt das Gleiche. 1982 haben Grubenarbeiter im Westen Brasiliens ein großes Gebiet gerodet. Fünfzehn Jahre später stellten Wissenschaftler fest, dass der nachgewachsene Urwald vom umliegenden Dschungel praktisch nicht zu unterscheiden war. Dies deutet darauf hin, dass eine nachhaltige Nutzung möglich ist und dass Mensch und Natur hier koexistieren können.«
Nate mischte sich in die Diskussion ein. Wie kann dieses Arschloch nur der Zerstörung des Regenwaldes das Wort reden? »Und was ist mit den Bauern, die Wald niederbrennen, um Acker- und Weideland zu gewinnen? Ich nehme an, das unterstützen Sie ebenfalls.«
»Selbstverständlich«, sagte Zane. »In den Wäldern im Westen Amerikas betrachten wir es als gesund, wenn der ausgewachsene Wald hin und wieder abbrennt. Das tut ihm nur gut. Warum sollte es hier anders sein? Wenn dominante Spezies durch Holzfällen oder Brandrodung eliminiert werden, entsteht Platz für die so genannten ›unterdrückten Spezies‹, die kleineren Büsche und Pflanzen. Und vor allem diese Pflanzen haben den größten medizinischen Nutzen. Warum sollte man da ein bisschen Brandrodung und Holzgewinnung verbieten? Das ist gut für alle Beteiligten.«
Kelly brach das verblüffte Schweigen. »Sie lassen dabei aber die globalen Folgen außer Acht. Zum Beispiel den Treibhauseffekt. Ist der Regenwald nicht die sprichwörtliche ›grüne Lunge‹ des Planeten, der Hauptsauerstofflieferant?«
»›Sprichwörtlich‹ ist das Schlüsselwort«, meinte Zane säuerlich. »Die neuesten Messergebnisse der Wettersatelliten belegen, dass die Regenwälder keinen nennenswerten Beitrag zur Sauerstoffversorgung liefern. Das sind geschlossene Systeme. Zwar produziert das Laubwerk tatsächlich eine Menge Sauerstoff, aber der wird von den Verwesungsvorgängen am Boden
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