Operation Amazonas
Der aufsteigende Qualm hatte einen widerlichen, moschusartigen Geruch. Doch nicht der Qualm oder der eigenartige Brennstoff verursachte Manny eine Gänsehaut – sondern das Muster.
Im Halbdunkel des Waldes brannte auf dem Dschungelboden ein mittlerweile wohl bekanntes Spiralsymbol – das Zeichen der Ban-ali.
Jorgensen berührte die ölige Substanz mit der Stiefelspitze. »Eine brennbare Paste.« Dann schob er mit dem anderen Fuß Erde über die Stelle und erstickte die Flammen. Er arbeitete sich an den brennenden Linien vor, bis das Feuer mit Mannys Hilfe gelöscht war. Anschließend hob Manny den Kopf und blickte dem in den Abendhimmel aufsteigenden Rauch nach.
»Wir sollten zum Lager zurückgehen.«
Manny nickte. Sie kehrten zu der schattigen Lichtung un- ter dem Paranussbaum zurück. Jorgensen berichtete von ihrer Entdeckung. »Ich funke die Basis an und erstatte Meldung.« Er näherte sich den unförmigen Funkgerät und nahm den Hörer ab. Nach einer Weile rammte er ihn fluchend wieder auf die Gabel.
»Was gibt’s?«, fragte Manny.
»Wir haben den SATCOM-Satelliten um ganze fünf Minuten verpasst.«
»Was bedeutet das?«, fragte Anna.
Jorgensen zeigte erst aufs Funkgerät und dann hoch zum Himmel. »Die militärischen Satelliten-Transponder befinden sich gegenwärtig außer Reichweite.«
»Bis wann?«
»Bis vier Uhr morgen früh.«
»Sollen wir nicht das andere Team anfunken?«, fragte Manny. »Mit unseren Handfunkgeräten?«
»Das habe ich bereits versucht. Die Saber-Geräte haben bloß eine Reichweite von sechs Meilen. Captain Waxman können wir damit nicht mehr erreichen.«
»Dann sind wir also abgeschnitten?«, fragte Anna.
Jorgensen schüttelte den Kopf. »Bis morgen früh.«
»Und was jetzt?« Zane tigerte nervös auf und ab, blickte immer wieder in den Wald. »Wir können hier nicht zwei Tage lang auf den verdammten Helikopter warten.«
»Das sehe ich genauso«, meinte Kouwe mit finsterem Blick. »Die Indianer aus dem Dorf haben an dem Abend, als sie von den Piranha-Fröschen angegriffen worden, das gleiche Zeichen an ihrem Shabano entdeckt.«
Private Carrera wandte sich ihm zu. »Was schlagen Sie vor?«
Kouwe runzelte die Stirn. »Ich bin noch unentschlossen.« Der Professor blickte zu der Rauchfahne am Himmel auf. Ein bitterer Geruch lag in der Luft. »Auf jeden Fall hat man uns markiert.«
17.33 Uhr
Noch nie hatte Frank den Sonnenuntergang freudiger begrüßt. Bald würden sie eine Rast einlegen. Da er zu wenig geschlafen hatte, schmerzte ihn nach dem stundenlangen Marsch jeder einzelne Muskel. Er stolperte im Gleichschritt mit dem vorausgehenden Ranger voran, Nate marschierte hinter ihm.
Plötzlich rief jemand an der Spitze: »Boah! Seht euch das mal an!«
Die müden Wanderer wurden schneller. Frank kletterte auf eine kleine Erhebung und sah nun den Anlass der Aufregung. Eine Viertelmeile voraus war der Dschungel überflutet. Der silberne See dehnte sich von der untergehenden Sonne aus nach Westen. Er versperrte ihnen den Weg und erstreckte sich meilenweit in beide Richtungen.
»Das ist ein Igapo «, erklärte Nate. »Ein Sumpfwald.«
»Auf der Karte ist er nicht eingezeichnet«, sagte Captain Waxman.
Nate zuckte die Schultern. »Solche Seen gibt es im Amazonasbecken viele. Sie kommen und gehen, je nach Stärke der Regenfälle. Dass dieser hier zum Ende der Trockenzeit noch so viel Wasser hat, deutet allerdings darauf hin, dass es ihn schon eine ganze Weile gibt.« Er zeigte nach vorn. »Man kann gut erkennen, dass der Dschungel hier abbricht, offenbar als Folge der jahrelangen Überschwemmung.«
Auch Frank fiel jetzt auf, dass das Laubdach in der Höhe endete. Hin und wieder erinnerte noch ein großer Baum, der inmitten der abertausend Inseln und Erhebungen aus dem Wasser ragte, an den Dschungel, der hier einmal gestanden hatte. Ansonsten war die Sicht auf den blauen Himmel unverstellt. Nach dem grünen Halbdunkel tat ihnen die plötzliche Helligkeit in den Augen weh.
Vorsichtig marschierte die Gruppe über den lang gestreckten flachen Hang zum Sumpf hinunter. Die Luft schien noch feuchter und drückender zu werden. Dornenbewehrte Ananasgewächse und riesige Orchideen schmückten den Rand des Sumpfes. Der Chorgesang der Frösche und Kröten setzte ein, während die Vögel mit ihrem Gezwitscher ihre amphibischen Nachbarn zu übertönen suchten. Am Rand des Wassers machten Reiher und andere Stelzvögel Jagd auf Fische. Eine Hand voll Enten flüchtete, als sich ihnen die Gruppe geräuschvoll
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