Operation Amazonas
ihr über die Wange, dann schlug sie die Hände vors Gesicht und wandte sich ab.
Nate richtete sich auf und überließ sie ihrem Kummer. Er bemerkte, dass Frank und Waxman eine Karte auf dem Boden ausgebreitet hatten und sich berieten. Er ging zu ihnen hinüber. Sich nach Kelly umblickend, wiederholte er lautlos sein Versprechen. Ich werde ein Heilmittel finden.
Es handelte sich um eine topographische Karte. Captain Waxman fuhr mit dem Finger darüber. »Wenn wir weiter nach Westen vordringen, gelangen wir irgendwann zur peruanischen Grenze. Das Gelände steigt an. Das Gebiet ist zerklüftet, ein Labyrinth aus Felsen und Tälern. Da kann man sich leicht verirren.«
»Wir müssen die Augen aufhalten und nach Gerald Clarks Zeichen Ausschau halten«, sagte Frank, dann blickte er auf, da er Nate bemerkt hatte. »Sie sollten allmählich packen. Wir brechen gleich auf, da wir das Tageslicht nach Möglichkeit ausnutzen wollen.«
Nate nickte. »In fünf Minuten bin ich so weit.«
Frank richtete sich auf. »Dann wollen wir mal.«
Im Laufe der nächsten halben Stunde sammelte sich das Team. Sie beschlossen, die SATCOM-Funkausrüstung der Ranger bei der zurückbleibenden Gruppe zu lassen, die den Rücktransport durch die brasilianische Armee organisieren musste. Die andere Gruppe würde weiterhin über das Satellitentelefon der CIA Kontakt nach außen halten.
Nate schulterte seine Flinte und rückte den Rucksack zurecht. Sie wollten ein zügiges Tempo vorlegen und sich bis Sonnenuntergang mit wenigen kurzen Pausen begnügen.
Auf Waxmans Zeichen hin marschierte die Gruppe, angeführt von Corporal Warczak, in den Wald.
Nate blickte sich um. Von seinen Freunden Kouwe und Manny hatte er sich bereits verabschiedet. Hinter ihnen standen die beiden Ranger, die die Zurückgebliebenen bewachen würden: Corporal Jorgensen und Private Carrera. Die Rangerin hob zum Abschied ihre Waffe. Nate winkte zurück.
Waxman hatte zunächst Corporal Graves zurücklassen wollen, da dieser seinen Bruder Rodney verloren hatte. Graves aber hatte Einspruch erhoben. »Sir, diese Mission hat meinem Bruder und meinen Kameraden das Leben gekostet. Mit Ihrer Erlaubnis wäre ich gern bis zum Ende dabei. Zum Gedenken an meinen Bruder … an alle meine Brüder.«
Waxman war einverstanden gewesen.
Schweigend drang die Gruppe in den Wald ein. Die Sonne hatte die Wolkendecke endlich durchbrochen, sodass sie sich unter dem feuchten Blätterdach wie in einer Sauna fühlten.
Nate marschierte neben Frank O’Brien. Alle paar Schritte nahm jener die Baseballkappe ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Nate hatte sich ein Taschentuch um den Kopf gebunden, damit ihm der Schweiß nicht in die Augen lief. Allerdings hinderte dies die vom Salz und vom Schweißgeruch angelockten schwarzen Fliegen und Mücken nicht daran, ihn unablässig zu plagen. Trotz der Hitze, der hohen Luftfeuchtigkeit und des lästigen Insektengesumms kamen sie gut voran. Nach zwei Stunden schätzte Nate, dass sie inzwischen über sieben Meilen zurückgelegt hatten. Warczak entdeckte am Boden immer neue Stiefelabdrücke, die nach Westen wiesen. Die Spuren waren kaum mehr zu erkennen, da sich aufgrund der gestrigen Regenfälle Wasser darin gesammelt hatte.
Vor ihm marschierte Corporal Okamoto, der sein verdammtes Gepfeife wieder aufgenommen hatte. Nate seufzte. Waren die Beschwernisse des Dschungels denn nicht schon genug?
Ständig hielt er Ausschau nach Gefahren; nach Schlangen, Feuerlianen, Ameisenbäumen, nach allem, was ihr Vorankommen verlangsamen konnte. Jeden kleinen Bach durchquerten sie mit äußerster Vorsicht. Piranha-Frösche aber wurden keine mehr gesichtet. Hoch oben im Blätterdach schlich ein dreizehiges Faultier einen Ast entlang, ohne sich von den Eindringlingen stören zu lassen. Als Nate unter ihm vorbeikam, blickte er sich über die Schulter um. Faultiere wirkten bedächtig und umgänglich, doch wenn sie verletzt waren, rissen sie jedem, der ihnen zu nahe kam, den Bauch auf. Ihre Kletterzehen waren messerscharf. Dieses Tier aber setzte seine Baumwanderung unverdrossen fort.
Als Nate den Kopf wieder nach vorn wandte, bemerkte er etwa eine halbe Meile hinter ihnen in einer Baumkrone einen Lichtreflex. Er blieb stehen.
»Was gibt’s?«, fragte Frank, als er bemerkte, dass Nate angehalten hatte.
Das helle Flackern verschwand. Er schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich bloß ein nasses Blatt, das im Sonnenschein flatterte. »Nichts«, sagte er und bedeutete Frank weiterzugehen. Im
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