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Operation Arche - 1

Operation Arche - 1

Titel: Operation Arche - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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er nur ein Echo, eine Aufzeichnung – eine größenwahnsinnige KI? Und besaß er noch die unsterbliche Seele, an die Nimue Alban immer geglaubt hatte? Oder hatte Nimue diese Seele mitgenommen, als ihr biologischer Körper in den Tod gegangen war?
    Auf alle diese Fragen wusste er keine Antwort. Eine Zeit lang hatte er sich sogar gefragt, ob ein Wesen aus MolyCircs und Legierungen überhaupt das Recht hatte, Gott um Antworten auf diese Fragen zu bitten. Dann war Merlin zu dem Schluss gekommen, Gott müsse in der Lage sein zu verstehen, was ihn dazu brachte, diese Fragen zu stellen – ebenso wie Merlin auch zu dem Schluss gekommen war, auch wenn die Kirche des Verheißenen nur eine gewaltige, obszöne Lüge war, würde das doch niemals die Ohren Gottes gegen die ernsthaft vorgebrachten Gebete ihrer Anhänger verschließen.
    Doch er wusste auch, dass er noch eine andere Verantwortung hatte – und diese Verantwortung ging über die Aufgabe hinaus, die Überlebenden der Menschheit darauf vorzubereiten, sich eines Tages wieder den Gbaba entgegenzustellen: Er war der letzte noch lebende Christ. In gewisser Weise war er auch der letzte überlebende Moslem. Der letzte Jude. Der letzte Buddhist, Hinduist, Shintoist. Der Bibliothekscomputer in Nimues Höhle war der letzte Verwahrungsort ganzer Jahrtausende menschlichen Glaubens, das Letzte, was an die Suche der Menschheit nach göttlicher Inspiration erinnerte, und Merlin Athrawes war der Einzige, der wusste, dass es diesen Verwahrungsort gab.
    Eines Tages würde dieser Verwahrungsort, diese Quelle, wieder geöffnet werden, denn auch das lag in Merlins Verantwortung. Er war der Hüter und Wächter des Christentums, des Islam, des Judaismus, des Buddhismus, all dessen; und ob er nun lediglich eine Maschine war oder nicht: Es gehörte zu seinen Aufgaben, dieses reichhaltige, mannigfaltige Erbe dereinst der Menschheit zurückzugeben, der man es gestohlen hatte.
    Er hoffte nur, wenn dieser Tag käme, sei die Fähigkeit der Menschheit, noch zu glauben, nicht durch die Erkenntnis zerstört worden, dass sie fast eintausend Jahre lang im Namen einer Lüge versklavt worden war. Es war eine Dankesmesse, keine Beerdigungszeremonie.
    Gemäß den Doktrinen der Kirche des Verheißenen war es Verrätern nicht gestattet, in heiligem Grund und Boden zur letzten Ruhe gebettet zu werden. Oder zumindest, korrigierte sich Merlin geistig, war es Verrätern verboten, deren Hochverrat tatsächlich bewiesen worden war, und das war wahrscheinlich auch gut so. Nach allem, was er bislang hatte beobachten können, hätte sonst mindestens ein Viertel des Adels von Safehold – und wahrscheinlich mindestens die Hälfte aller Vikare – außerhalb der Friedhofsmauern beerdigt werden müssen. Doch die Definition ›Verräter‹, traf nach seinem eigenen Geständnis bedauerlicherweise auf Kahlvyn Ahrmahk, den einstigen Herzog von Tirian, eindeutig zu.
    Das zu akzeptieren, war Haarahld und Cayleb sehr schwer gefallen. Trotz allem hatten sie, wie es Haarahld auch Zhenyfyr Ahrmahk und ihren Söhnen erklärt hatte, ihren Vetter und Onkel geliebt. Dass ihm das Recht verwehrt wurde, im Namen der Kirche beerdigt zu werden, dass es erforderlich war, ihn in ungeweihtem Boden zur Ruhe zu betten, war für sie beide sehr schmerzhaft gewesen. Doch sie hatten keine andere Wahl. Nicht einmal Bischof Maikel konnte daran etwas ändern – so sehr er es vielleicht auch ersehnt haben mochte. Doch was er hatte tun können, das hatte er auch getan. In diesem Hochamt dankten sie Gott dafür, dass er das Leben des Königs gerettet hatte, und ebenso das des Kronprinzen und des Ersten Ratgebers. Doch die Predigt, die während dieses Hochamtes gehalten wurde, behandelte vor allem die Fehlbarkeit des Menschen und den Preis, den andere für Sünden zahlen mussten.
    »… und so hat Shan-wei die Menschen nicht zum Bösen verführt, indem sie deren boshafte Natur angesprochen hätte.« Innerlich knirschte Merlin mit den Zähnen, doch seine Miene blieb unergründlich, während Maikels Worte jeden Winkel der gewaltigen Kathedrale ausfüllten – mit einer volltönenden Stimme, um die ihn jeder ausgebildete Schauspieler beneidet hätte. »Die Heilige Schrift lehrt uns, dass zu Anbeginn nicht einmal Shan-wei böse war. Tatsächlich war sie eine der leuchtendsten aller Erzengel. Und als sie selbst dann dem Bösen verfallen war, da war es doch nicht die boshafte Natur des Menschen, über die sie ihn verführen konnte, sondern gerade das Gute in

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