Operation Arche - 1
war hocherfreut zu sehen, wie schnell dieser Marineoffizier die neuen Möglichkeiten erkannte, die sich ihm hier boten. Der ›Seijin‹ hatte gehofft, diese neuen grundlegenden Konzepte würden einen derartigen Synergieeffekt hervorrufen, aber nicht einmal Seamount hatte er zugetraut, sie so schnell nicht nur zu begreifen, sondern sogar weiterzuentwickeln.
Andererseits, rief er sich ins Gedächtnis zurück, ist einer der Gründe dafür, dass die Charisianer so erfolgreich auf See sind, dass sie das Konzept einer professionellen Marine überhaupt erst erfunden haben. Alle anderen bestehen weiterhin darauf, im Kampf Offiziere des Heeres auf Schiffen einzusetzen – idealerweise auch noch Heeresoffiziere von adeliger Herkunft. Die erfahrenen Seeleute werden an Bord praktisch nur geduldet, um das Schiff dahin zu steuern, wo ihre Landratten-Kommandanten es haben wollen; abgesehen davon erwartet man von ihnen nur, dass sie brav die Klappe halten. Aber nicht in Charis. Ich frage mich, ob Seamount wohl bewusst ist, welchen großen Vorteil seine Leute davon haben?
Besagter erfahrener Marineoffizier betrachtete mittlerweile die Diagramme, die mit Kreide an eine Wand seines Arbeitszimmers gezeichnet waren. Diese ganze Wand war mit Schieferplatten getäfelt, sodass sie eine einzige, riesige ›Tafel‹ darstellte, und als sie gemeinsam dieses Arbeitszimmer betreten hatten, waren darauf ein halbes Dutzend kleiner Skizzen und einige Notizen für Seamount zu erkennen gewesen. Doch ungeduldig hatte Seamount sie abgewischt und mit kräftigen, deutlichen Strichen sofort neue Skizzen angefertigt, während sie miteinander gesprochen hatten. Jetzt betrachtete er diese neuen Skizzen und Notizen nachdenklich und schüttelte langsam den Kopf.
»Einige unserer Offiziere werden sich offen gegen diese Ideen stellen, Seijin«, sagte er.
»Wie kommen Sie darauf?«
»Seijin Merlin«, erwiderte Seamount und stieß einen Laut aus, der halb ein Schnauben, halb belustigtes Lachen war, »Ihr habt Euch heute Nachmittag außerordentlich taktvoll verhalten. Aber ich bin doch recht zuversichtlich, dass die weitaus meisten meiner ›brillanten Einfälle‹ Euch schon vor geraumer Zeit gekommen sind.«
Merlin spürte, wie seine Miene sich unwillkürlich verzog – zu äußerst vielsagender ›Ausdruckslosigkeit‹, und der Charisianer lachte.
»Das sollte keine Beschwerde sein«, sagte er. »Und auch wenn ich meine eigenen Vermutungen habe, warum Ihr es wohl vorzieht, dass wir uns das alles ›selbst überlegen‹, werde ich mir dennoch nicht die Mühe machen, diese Vermutungen auch bestätigen zu wollen. Aber wenn man das alles hier zusammennimmt – dieses neue Pulver, diese ›Drehzapfen‹, die Ihr hier vorgestellt habt, die neuen Lafetten für die Kanonen, diese Idee, Ladungen schon vorbereitet abzupacken, die kürzeren Geschützrohre –, dann stellt das alle bislang gewohnten Techniken, wie man Seegefechte durchzuführen hat, schlichtweg auf den Kopf. Ich hatte natürlich noch nicht genügend Zeit, das alles richtig zu durchdenken, aber eines ist schon jetzt offensichtlich: Jede einzelne Kriegsgaleere der Flotte ist gerade eben völlig nutzlos geworden.«
»Ich weiß nicht, ob ich so weit würde gehen wollen«, widersprach Merlin vorsichtig, doch wieder schüttelte Seamount den Kopf, dieses Mal kräftig und entschieden.
»Mit Galeeren wird das nicht funktionieren«, sagte er, und wie mit einem kleinen Hammer tippte er mit der Kreide immer und immer wieder auf die grobe schematische Darstellung der neuen Lafetten an der Tafel. »Wir werden uns etwas anderes überlegen müssen, und auch einen völlig neuen Satz Taktiken und taktische Flottenformationen. Im Augenblick sehe ich nur eine Möglichkeit: Wir müssen die Galeeren weiterentwickeln, auch wenn wir, weiß Langhorne, nicht gerade viele haben, mit denen wir experimentieren können! Ich vermute …« Wieder betrachtete er Merlin äußerst aufmerksam. »Ich vermute, dass Ihr und Sir Dustyn genau darüber schon sehr bald sprechen werdet. Aber es ist ganz offensichtlich, dass eine Galeere einfach nicht genug Platz bietet, um darauf hinreichend viele Kanonen aufzustellen – nicht, wenn wir Kanonen entwickeln und aufstellen können, die so schnell feuern werden, wie mir das im Augenblick gangbar erscheint. Man wird sie entlang der Breitseite des Schiffes aufstellen müssen, nicht nur auf der Back und dem Achterdeck – und das geht auf einer Galeere nun einmal nicht. Da wären die Ruderer im
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