Operation Arche - 1
das wirklich so einfach?«, fragte Baron Seamount mehrere Stunden später, starrte die rauen, schwarzen Körner auf Merlins Handfläche an und schüttelte bedächtig den Kopf. Seine Miene verriet Ehrfurcht und Verdruss gleichermaßen.
»Es ist wirklich so einfach«, bestätigte Merlin. »Natürlich birgt es wieder eigene Probleme, dieses ›gekörnte‹ Pulver herzustellen. Es ist sehr leicht zu entzünden, sogar durch einfache Reibungshitze, vor allem während des Zermahlens. Aber im Ganzen ist es ungleich sicherer und auch sehr viel leistungsstärker.«
Der Navy-Offizier und er standen in Seamounts Arbeitszimmer in einem kleinen Steingebäude neben der Zitadelle von King’s Harbour. Das Arbeitszimmer war groß, hatte jedoch eine auffallend niedrige Decke; es war neuer als ein Großteil der restlichen Festungsanlage und befand sich auf dem Dach der Haupt-Pulverkammer dieser Feste.
Position ist alles, dachte Merlin nüchtern. Aber wenn ich jetzt so darüber nachdenke, ist es vielleicht wirklich nicht dumm, den Offizier, der für die Sicherheit der Pulverkammer verantwortlich ist, unmittelbar darüber unterzubringen. Das sollte ihn auf jeden Fall daran erinnern, seine Pflichten zu erfüllen!
»Ich bezweifle, dass diese Probleme auch nur ansatzweise mit denen zu vergleichen sind, die wir schon immer hatten«, sagte Seamount jetzt. Er streckte die Hand aus – die verstümmelte –, und Merlin schüttete ihm das schwarze Pulver auf die Handfläche.
Vorsichtig führte Seamount es an die Nase und roch daran, dann streckte er die Zunge heraus und probierte vorsichtig.
»Ich verstehe jetzt, warum Euer … ›gekörntes‹ Pulver so viel sicherer in der Handhabung ist, Seijin Merlin«, sagte er. »Aber warum ist es auch leistungsstärker?«
Merlin legte die Stirn in Falten und strich sich über den Schnurrbart, während er darüber nachdachte, wie er diese Frage am besten beantworten sollte.
Wie Seamount schon gesagt hatte: Die Vorteile waren offensichtlich. Auf Safehold gab es Schießpulver noch nicht allzu lange, und bislang war es noch eine ziemlich unsichere Angelegenheit. Über das genaue Mischungsverhältnis von Schwefel, Salpeter und Holzkohle wurde unter den Artilleristen, soweit sie diese Bezeichnung unter den gegebenen Umständen überhaupt schon verdienten, noch hitzig debattiert. Schlimmer – und deutlich gefährlicher – war, dass auf Safehold immer noch ›Pulverstaub‹ Verwendung fand, das hergestellt wurde, indem man die zerkleinerten Ingredienzien zu einem feinen Pulver zermahlte, das fast die Konsistenz von Mehl hatte. Das funktionierte – mehr oder weniger zumindest −, doch die Ingredienzien blieben eben nicht vermischt. Sie trennten sich wieder voneinander – vor allem wenn die Mischung geschüttelt oder anderweitig in Bewegung versetzt wurde. Und das bedeutete, gerade angesichts der Straßen von Safehold, dass ein mit Pulver beladener Wagen nur allzu oft von einer feinen Wolke hochgradig brennbaren, explosiven Staubs umgeben war.
Niemand auf Safehold war bislang auf die Idee gekommen, dieses Pulver zweckmäßigerweise zu befeuchten, es anschließend in Platten zu pressen und diese dann feinzumahlen, bis eine einheitliche Konsistenz erreicht war. Auf diese Weise verbanden sich die einzelnen Bestandteile miteinander, sodass sie sich auch später nicht mehr trennen konnten – und das erklärte zugleich Seamounts Ehrfurcht und seinen Verdruss. Wie sich das auf den gefahrlosen, effizienten Einsatz für die Artillerie und für kleinere Handfeuerwaffen auswirkte, war schlichtweg immens, doch die Lösung war so absurd einfach, dass es Seamount schwerfiel, sich selbst zu vergeben, nicht von alleine darauf gekommen zu sein.
Womit immer noch das Problem bestehen blieb, ihm die gesteigerte Leistung dieses Sprengstoffs zu erklären.
»So wie ich das verstehe, ist es aus mehreren Gründen leistungsfähiger, Sir Ahlfryd«, entgegnete Merlin nach kurzem Nachdenken. »Erstens habe ich das Rezept ein wenig … abgeändert. Das Schießpulver, das Sie verwendet haben, hatte einen zu großen Holzkohleanteil. Aber der Hauptgrund ist, so wurde es mir zumindest erklärt, dass Schießpulver eigentlich nichts anderes tut, als in einem eingeschränkten Volumen sehr, sehr schnell abzubrennen. Wenn das Pulver so gekörnt wird, dann ergibt sich zwischen den einzelnen Körnern mehr freier Raum, und das bedeutet, dass es sogar noch schneller und noch vollständiger abbrennen kann. Ich bin mir sicher, dass Sie
Weitere Kostenlose Bücher