Operation Arche - 1
tatsächlich in meiner Verantwortung liegt. Und in diesem Falle würde mich Vater, so glaube ich, auch unterstützten.«
»Nachdem er Euch die größte Tracht Prügel Eures Lebens verabreicht hat«, grollte Falkhan.
»Wahrscheinlich.« Jetzt lachte Cayleb leise. »Für derartige Züchtigungen werde ich allmählich zu alt, aber wenn Sie ihm berichten würden, wie ich Ihnen bewusst Sand in die Augen gestreut habe, wäre er vermutlich ein wenig erbost über mein Verhalten. Dennoch glaube ich, dass er mir beipflichten würde, dass ich, wo ich nun schon einmal hier bin, nicht den Schwanz einkneifen und nach Hause zurücklaufen sollte.«
»Er wäre auch nicht gerade erbaut darüber, dass ich mir von Euch diesen Sand in die Augen habe streuen lassen«, stellte Falkhan düster fest. Dann seufzte er.
»Also gut, Euer Hoheit. Wir sind hier, Ihr habt mich zum Narren gehalten, und ich werde Euch jetzt nicht gegen Euren Willen wieder nach Hause zurückzerren. Aber von jetzt an untersteht Ihr meinem Befehl! Ich werde nicht zulassen, dass Ihr ausgerechnet einer Peitschenechse zum Opfer fallt! Wenn ich Euch also sage, Ihr sollt verdammt noch mal aus dem Weg gehen, dann geht Ihr verdammt noch mal auch aus dem Weg!« Er schüttelte den Kopf, als er sah, wie der Prinz schon den Mund öffnete. »Ich werde Euch nicht sagen, dass Ihr dieses Viech nicht jagen dürft, und auch nicht, wie Ihr dabei vorzugehen habt. Aber Ihr werdet keine unnützen Risiken eingehen – zum Beispiel einer verwundeten Peitschenechse ins Unterholz folgen. Ist das klar?«
»Klar«, pflichtete Cayleb nach kurzem Schweigen bei.
»Gut.« Erneut schüttelte Falkhan den Kopf. »Ach ja, nur um das einmal deutlich festzuhalten, Euer Hoheit: Von jetzt an möchte ich auch wissen, was Ihr zu jagen beabsichtigt, nicht nur wann und wo.«
»Oh, aber natürlich!«, versprach Cayleb mit deutlich zur Schau gestelltem Gehorsam. Wie auch immer Cayleb ihn in die Irre geführt haben mochte, um überhaupt an diesen Ort zu gelangen, Falkhan musste zugeben, dass der Kronprinz sichtlich in seinem Element war, als sie nun gemeinsam vorsichtig den Abhang überquerten. Selbst jetzt noch hatten Caylebs Privatlehrer Mühe, ihn dazu zu bringen, sich mit seinen Büchern zu befassen. Als der Kronprinz noch jünger gewesen war, hatte sich das als hoffnungsloses Unterfangen herausgestellt, die königlichen Jäger und die Schwertmeister hingegen hätten sich keinen aufmerksameren Schüler wünschen können. Und so sehr es Falkhan auch bevorzugt hätte, wenn jemand anderes- irgendjemand anderes, um der Wahrheit die Ehre zu geben – diese Peitschenechse zu erlegen ausgezogen wäre, legte der Prinz doch wenigstens etwas an gesundem Menschenverstand an den Tag.
Peitschenechsen gehörten zu den furchterregendsten Landräubern von Safehold. Eine ausgewachsene Berg-Peitschenechse konnte vierzehn Fuß lang werden – von denen nicht mehr als vier der Schwanz waren. Ihre langen Schnauzen waren reichlich mit messerscharfen, dreieckigen Zähnen bewehrt − je zwei Reihen, im Ober- wie im Unterkiefer −, die selbst die dichtest gewirkten Rüstungen zu durchtrennen vermochten, und ihre langen Zehen wiesen Krallen auf, die bis zu fünf Zoll lang werden konnten. Sie waren schnell, reizbar, sehr darauf bedacht, ihr Revier zu verteidigen, und völlig furchtlos. Glücklicherweise war diese ›Furchtlosigkeit‹ – zumindest zum Teil – Folge der Tatsache, dass sie praktisch hirnlos waren. Eine Peitschenechse griff alles an, was sich bewegte – vielleicht von dem Großen Drachen einmal abgesehen –, doch so etwas wie ›Vorsicht‹ war Peitschenechsen völlig fremd.
Cayleb wusste das alles mindestens ebenso gut wie Falkhan, und so versuchte er erst gar nicht, sich an seine Beute anzuschleichen. Warum sollte er sich auch die Mühe machen, nach der Peitschenechse zu suchen, wenn er sich darauf verlassen konnte, dass sie unweigerlich nach ihm suchen würde? Falkhan war nicht gerade erbaut von der Logik, die dieser Vorgehensweise zugrunde lag, doch er verstand sie sehr wohl. Und, wenn man ganz ehrlich war, er war auch bereit anzuerkennen, dass Prinz Cayleb besser mit den Echsenspeeren, mit denen sie alle ausgestattet waren, umzugehen wusste als jeglicher Angehörige seiner Leibgarde. Auch davon war der Lieutenant nicht gerade erbaut, aber er wusste, dass es die Wahrheit war.
Während der Kronprinz über die Wiese schritt, pfiff er sogar – laut, unmelodiös und gelegentlich völlig schief –, er
Weitere Kostenlose Bücher