Operation Arche - 1
ich selbst niemals damit gerechnet habe, mich jemals in einer derartigen Rolle wiederzufinden. Dennoch glaube ich, die Heilige Schrift warnt uns, die Aufgaben, die im Leben vor uns liegen, würden uns auswählen, wo auch immer wir sein mögen, und was auch immer wir planen.«
Falkhan nickte. Wieder hatte er das deutliche Gefühl, seine Fragen, und auch sein Misstrauen, würden diesen Athrawes eher belustigen. Dennoch spürte er keinerlei Arglist bei diesem Fremden. Weil ihm so schwindlig war, wollte er seinen eigenen Instinkten nicht unbedingt trauen, und doch machte diese ganze Situation ihn eher neugierig, als dass er sich bedroht wähnte.
»Seit einiger Zeit«, fuhr Merlin jetzt fort, »bin ich mit Visionen gesegnet. Gelegentlich sehe ich Geschehnisse, die sich in tausend Meilen Entfernung ereignen, auch wenn ich niemals in die Zukunft oder die Vergangenheit habe sehen können, so wie manche anderen es für sich in Anspruch genommen haben. Diese Gabe, Ereignisse in weiter Ferne erkennen zu können, hat mich zu dieser Zeit nach Charis gebracht. Auch wenn ich nicht in der Lage sein mag, die Zukunft zu erkennen, habe ich doch schon andere Visionen erkannt – Visionen, die Charis betreffen, Kronprinz Cayleb und seinen Vater, und auch deren Feinde. Irgendwie fällt es mir schwer zu glauben, derartige Visionen würden mich überkommen, wenn ich nicht auch entsprechend würde handeln sollen.«
»Vergeben Sie mir«, sagte Cayleb mit ernster Miene, »aber wenn Sie, wie Sie sagen, nicht die Zukunft sehen können, wie konnten Sie dann von diesen Geschehnissen hier wissen?«
Er nahm die Hand von Falkhans Schulter und vollführte eine Handbewegung, die das ganze Blutvergießen rings um sie einschloss.
»Euer Hoheit«, sagte Merlin sehr sanft, »Ihr seid doch gewiss nicht so … naiv zu glauben, dass dieser Angriff hier an diesem Morgen einfach aus dem Nichts heraus erfolgt ist? Ihr habt Feinde, Prinz. Feinde, die, ob sie sich dessen bewusst sind oder nicht, der Dunkelheit dienen, und zahlreiche Visionen haben mich ihre Pläne und Verschwörungen erkennen lassen, Visionen von Schriftwechseln und Befehlen, die hin und her geschickt werden. Seit fast einem halben Jahr weiß ich, dass sie die Absicht haben, Euren Tod herbeizuführen, auf welchem Wege auch immer. Das ist nicht ihr erster Plan, der in die Tat umgesetzt wird, sondern nur der erste, der einem Erfolg so nahe kam. Viele Fünftage lang bin ich nun von den Tempel-Landen nach Charis gereist, schon seit mir bewusst wurde, dass sie nicht mehr nur noch planten, sondern euch nun tatsächlich hinrichten wollten, wenn Ihr mir diese Ausdrucksweise gestattet.«
Er lächelte und entblößte dabei geradezu unglaublich weiße Zähne; und Cayleb stutzte.
»Halten Sie mich bitte nicht für undankbar«, sagte er dann, »aber es fällt mir schwer zu glauben, ich sei so redlich, dass Gott Selbst einen Seijin senden würde, um mich zu retten.«
»Ich vermute, Ihr seid redlicher als viele andere, Euer Hoheit. Vielleicht sogar als die meisten – wie oft hattet Ihr denn, in Eurem Alter, schon Gelegenheit, unredlich zu werden?« Leise lachte Merlin und schüttelte den Kopf. »Wie dem auch sei, ich bin mir nicht im Geringsten sicher, dass Eure persönliche Redlichkeit irgendetwas damit zu tun hat. Ihr scheint ein freundlicher junger Mann zu sein, doch ich vermute, dass das, was mich hierher brachte, eher mit etwas zu tun hat, was Ihr möglicherweise in der Zukunft werdet bewirken können als alles, was ihr bislang bereits getan habt.«
»In der Zukunft bewirken?« Cayleb erstarrte, und Merlin zuckte die Achseln.
»Wie ich schon sagte, Euer Hoheit, es war mir nie vergönnt, in die Zukunft zu blicken. Doch ich sehe ein Muster in der Gegenwart, und was ich über die Regentschaft Eures Herrn Vaters gesehen habe, verschafft mir eine sehr positive Meinung über ihn. Ich weiß …« Er lächelte und hob abwehrend die Hand. »Ich weiß! Es ist anmaßend von mir, den Wert eines Königs beurteilen zu wollen, gar eines Königs, der nicht der meine ist! Dennoch, es ist nun einmal so. Sein Volk ist glücklich, es gedeiht, und bis … gewisse andere Gruppen sich in Verschwörungen gegen ihn ergangen haben, waren sie auch sicher. Und er hat Jahre damit verbracht, Euch auszubilden, was vermuten lässt, dass Ihr als König in ähnlicher Weise sein Werk fortsetzen würdet. Wie dem auch sei, und aus welchem Grund auch immer diese Visionen mich ereilen, es scheint mir doch deutlich erkennbar, dass Eure
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