Operation Arche - 1
Feinde darauf vorbereitet waren – oder sich zumindest gerade darauf vorbereiteten –, geradewegs gegen Euch loszuschlagen, oder Euren Herrn Vater, oder beide. Von meinem Heim aus konnte ich nichts unternehmen, also bin ich mit dem Schiff nach Charis gereist. Vor drei Tagen bin ich eingetroffen, an Bord des Schiffes von Captain Charlz.«
»Marik Charlz?«, fragte Falkhan nach, und das in einem schärferen Ton, als er es eigentlich beabsichtigt hatte. Merlin nickte.
»Ja. Ich bin quer über Land nach Siddar gereist und hatte dort das Glück, die Wellentochter zu finden – beladen mit Tee aus Zebediah. Captain Charlz hatte gerade ein größeres Problem mit dem Zoll, das zu lösen mehrere Fünftage gedauert hatte, doch kurz bevor ich eintraf, war es ihm eben doch gelungen, eine Einigung zu erzielen. Nun wollte er mit einer Ladung Siddarmark-Brandy in die Heimat zurückkehren, und ich brauchte eine Reisegelegenheit.« Wieder lächelte Merlin. »Wenn der gute Captain charakteristisch ist für die Art und Weise, wie Ihr Charisianer feilscht, ist es kein Wunder, dass so viele Euch den Erfolg Eurer Handelsschiffe neiden.«
»Captain Charlz weiß hart zu verhandeln«, stimmte Falkhan zu. »Ich nehme an, das kommt von all den Jahren, die er als Zahlmeister bei der Navy war.«
»Sie brauchen mehr Erfahrung darin, Lügner als solche zu erkennen, Lieutenant«, gab Merlin zurück und lachte leise. »Captain Charlz war niemals Zahlmeister. Er hat mir, so glaube ich mich zu erinnern, sogar erzählt, er sei Reserveoffizier in Ihrer Navy. Captain sogar, wenn ich mich nicht irre.« Cayleb, der immer noch hinter Falkhan stand, stieß ein belustigtes Schnauben aus, und Merlin blinzelte dem Kronprinzen zu. »Außerdem«, fuhr er dann fort, »wäre es doch wohl außerordentlich dumm von mir, Ihnen sowohl den Namen des Schiffes als auch den des Captains zu nennen, wenn ich lügen würde, meinen Sie nicht auch?«
»Das wohl«, gab Falkhan zu. »Dennoch, angesichts der … ungeheuerlichen Geschichte, die Sie hier berichten, ist Ihnen sicherlich bewusst, dass wir mit Captain Charlz werden sprechen müssen?«
Merlin nickte nur, wieder mit diesem kleinen Lächeln, und Falkhan atmete tief durch.
»Also: Sie sind vor drei Tagen in Tellesberg eingetroffen. Warum haben Sie uns nicht früher von Ihrer Anwesenheit wissen lassen?«
»Ach, kommen Sie, Lieutenant!« Dieses Mal lachte Merlin lauthals. »Angenommen, ich wäre vor drei Tagen zum Tor des Palastes gekommen, hätte geläutet und dem Kommandanten der Palastwache kundgetan, ich sei von den Tempel-Landen bis hierher nach Charis gereist, weil ich in Visionen erfahren hätte, der Kronprinz sei in Gefahr, und ob ich bitte eine persönliche Audienz bei ihm würde erhalten können, um ihm all das zu erklären? Angesichts der derzeitigen politischen Strömungen und Gegenströmungen, die im Augenblick zwischen Charis, Emerald, Corisande und Tarot umherwirbeln: Was glauben Sie wohl, wie Colonel Ropewalk darauf reagiert hätte?«
»Nicht allzu gut«, gestand Falkhan und bemerkte erneut, wer und was auch immer dieser Athrawes tatsächlich sein mochte, er war geradezu ungeheuerlich gut über die Ereignisse und die Bewohner von Charis informiert.
»›Nicht allzu gut‹ ist schon sehr mild ausgedrückt, Lieutenant«, schnaubte Merlin jetzt. »Ich bin mir sicher, dass er sich mir gegenüber zumindest noch halbwegs höflich verhalten hätte, aber ich säße jetzt irgendwo in einer Zelle, während er versuchen würde herauszufinden, welcher der vielen Feinde von Charis mich wohl geschickt hat!« Er schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, Colonel Ropewalk gehört nicht gerade zu den leutseligsten Personen.«
»Genau deswegen ist er ja auch der Kommandant der Palastwache«, merkte Falkhan an.
»Das kann ich mir denken. Aber ohne jegliche Möglichkeit, meine redlichen Absichten zu beweisen, schien es mir doch ratsam, mir eine Herberge zu suchen und ein Zimmer zu beziehen, um weiter abzuwarten, was als Nächstes geschehen würde. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht von einer unmittelbaren, spezifischen Bedrohung für den König oder den Prinzen. Tatsächlich«, sagte Merlin jetzt und klang, als meinte er jedes einzelne Wort absolut ehrlich und aufrichtig, »habe ich erst am späten gestrigen Abend von dieser Verschwörung hier Kunde erhalten! In meinen Visionen habe ich bereits den Kommandanten dieser Männer hier …« – mit einer kurzen Kopfbewegung deutete er auf alle hier verstreut
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