Operation Arche - 1
vielmehr den Eindruck, in Wahrheit stehe Charis Euch zu Diensten.«
Wieder lächelte Merlin, doch innerlich verzog er das Gesicht. Von Angesicht zu Angesicht war Haarahld VII. noch deutlich beeindruckender, als Merlin ihn sich vorgestellt hatte.
»Bevor wir beginnen«, sagte der König jetzt deutlich ernsthafter, »bitte ich Euch, mir zu gestatten, Euch persönlich für Euer Eingreifen zu Caylebs Gunsten zu danken. Ohne Euch wäre er jetzt tot, und so stehen mein Haus und ich tief in Eurer Schuld. Wie darf ich Euch belohnen?«
»Euer Majestät«, gab Merlin entsprechend ernsthaft zurück, »auch wenn ich gewiss der Ansicht bin, ein Zeichen Eurer Dankbarkeit sei angemessen, so mag es doch auch darin bestehen, so wenig Aufmerksamkeit wie nur möglich auf mich zu lenken.«
»Und warum sollte dem so sein?«, erkundigte sich Haarahld nun.
»Weil ich Charis ungleich nützlicher sein kann, wenn meine Anwesenheit hier nicht allgemein bekannt wird.«
»Und warum solltet Ihr daran Interesse haben, mir nützlich zu sein?«
»Verzeiht, Euer Majestät«, erwiderte Merlin nun, fast im Flüsterton, »aber ich sagte nicht ›Euch nützlich sein‹. Ich sagte ›Charis nützlich sein‹. Die beiden hängen eng miteinander zusammen, aber ich fürchte, sie sind nicht identisch.«
»Der König ist das Königreich!«, fauchte Hahlmahn, dann schoss ihm das Blut ins Gesicht, als ihm bewusst wurde, wie vorlaut diese Bemerkung gewesen war. Doch trotz der Gesichtsröte war der neu aufflammende Zorn in seinem Blick unverkennbar.
»Nein, Mein Lord Kammerherr«, widersprach Merlin. »Der König ist das Herz und die Seele des Königreiches, aber er ist nicht das Königreich selbst. Wäre dem so, würde das Königreich mit seinem Tode zugrunde gehen.«
»Die Kirche lehrt, dass König und Krone eins sind«, merkte der Bischof an; er hatte zum ersten Mal das Wort ergriffen und sowohl Tonfall als auch Mimik bewusst neutral gewählt.
»Und in diesem Punkt werde ich der Kirche auch nicht widersprechen, Bischof Maikel«, sagte Merlin, und der Geistliche neigte den Kopf ein wenig zur Seite, als der Fremde auch ihn korrekt angesprochen hatte. »Ich stelle lediglich fest, dass der König, der das Herz des Königreiches darstellt, nicht einfach nur ein einzelnes Individuum ist, sondern eben alle Individuen, die dieses Amt bekleiden und ihre Pflichten im Namen des Königreiches erfüllen. Und während also der König und das Königreich eins sind, ist der Sterbliche, der dieses Amt bekleidet, doch nur ein einzelner Mann in einer endlosen Reihe Männer, die treuhänderisch die Krone für all jene bewahren, über die sie zu bewachen und die sie zu beschützen haben.«
Haarahld schaute zu Bischof Maikel hinüber, dann richtete er den Blick wieder auf Merlin und betrachtete ihn schweigend, fast eine Minute lang. Schließlich nickte er langsam.
»Eine durchaus treffende Unterscheidung«, sagte er. »Nicht alle Monarchen würden Euch zustimmen, aber ich kann Euch nicht widersprechen.«
»Und die Tatsache, dass Ihr das nicht könnt, Euer Majestät, ist der Grund meines Hierseins«, erklärte Merlin schlicht. »Während alle Könige von Gott bestimmt sein mögen, erweisen sich doch nur allzu wenige ihres Krönungseides würdig. Für jemanden, den Visionen ereilen, wie sie zu sehen mir gegeben ist, wird diese Tatsache allzu traurig offensichtlich.«
»Ach ja, diese ›Visionen‹, die Euch gegeben sind.« Haarahld schürzte die Lippen, dann lachte er leise und hob ein wenig die Stimme. »Charlz, Sie und Gorj können genau so gut Ihr Versteck verlassen und sich zu uns gesellen.«
Einen Augenblick später wurde der lackierte Paravent zur Seite geschoben, und zwei Angehörige der Royal Guards traten dahinter hervor. Beide trugen schwarze Brustharnische, auf denen der goldene Krake von Charis blitzte. Zudem hielten sie beide mit Stahlsaiten gespannte Armbrüste in den Händen, und nun schauten sie beide Merlin skeptisch an, während sie sich hinter ihrem König aufstellten.
»Ich muss zugeben«, sagte Haarahld, »dass ich Euer Auftreten recht beeindruckend finde, Seijin Merlin. Was Ihr zweifellos genau so beabsichtigt habt. Natürlich ist es immer möglich, dass hinreichend fähige Spione Euch diese Informationen haben zukommen lassen. Andererseits: wenn mein Hof schon derart von Spionen durchsetzt ist, dann ist mein Haus bereits jetzt dem Untergang geweiht. Da Ihr also offensichtlich wünscht, dass ich Euch diese Frage stelle, werde ich diesem Wunsch
Weitere Kostenlose Bücher