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Operation Blackmail

Operation Blackmail

Titel: Operation Blackmail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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balancierend, stapelte sie zwei
Dosen Milch und zwei Packungen Zucker auf den Unterteller der gefährlich
schwankenden Tassen. Sollte sie wirklich? Was hatte sie schon zu verlieren? Sie
tat das Absurdeste, aber zugleich auch das Naheliegendste: sie setzte sich mit
ihren zwei Tassen auf den Hocker ihm gegenüber und fragte ihn geradeheraus:
»Kann ich dir einen Kaffee ausgeben?«
    Sie wusste, dass sie mit der Frage ein Risiko einging, denn viele
Männer konnten mit direkten Frauen, die auch noch einen Drink mitbrachten,
nicht sonderlich gut umgehen. Aber wenn sie sich nicht getäuscht hatte …
    Er lächelte. Ein freundliches Lächeln. Lachfältchen kräuselten sich
um seine Augen, und der Dreitagebart passte dazu: »Wie komme ich zu der Ehre?«
    Â»Du riechst gut«, platzte sie unverblümt mit der Wahrheit heraus. Er
zog die Augenbrauen hoch und legte die Stirn in zweifelnde Falten. Aber er
schien ihre Avancen nicht unangenehm zu finden und deutete mit einer
einladenden Handbewegung zu dem Hocker, auf dem sie längst Platz genommen
hatte. Die souveräne Geste ließ ihn viel älter wirken, als er sein konnte. Er
hatte auch noch Manieren und zeigte ihr deutlich, dass er ihre Einladung
akzeptierte, aber sich dennoch nicht unterordnen würde. Das war gut. Sehr gut.
Solveigh hielt die heiße Tasse zwischen ihren Händen, als ob sie sich daran
wärmte. Tatsächlich entschuldigte sie damit aber nur ein Vorbeugen, näher zu
diesem unwiderstehlichen Duft. Über die dampfende Schwade des Kaffees roch sie
wieder diese einzigartige Mischung. Altes brüchiges Leder, wettergegerbt und
weit gereist. Er bemerkte, dass sie ihn anstarrte. Immer noch lächelte er
zurück. Zeit, herauszufinden, ob du mich genauso attraktiv findest wie ich
dich, ermahnte sich Solveigh zu einem vorsichtigen Umgang mit ihrem
vermeintlichen Lottogewinn. Sie kannte keinerlei Skrupel, dazu Methoden
anzuwenden, die weit profaner waren als sein unverschämt guter Duft. Seufzend
stellte sie die Tasse ab und lehnte sich auf dem Hocker zurück, um ihm
Gelegenheit zu geben, sie in Augenschein zu nehmen.
    Â»Langweilt dich dein Medizinstudium nicht?«, versuchte sie ihn aus
der Reserve zu locken. Es war ein Schuss ins Blaue, aber auf ihre
Beobachtungsgabe konnte sie sich normalerweise blind verlassen. Sein Blick
wanderte verstohlen über ihren Bauch und tastete sich bis zum Saum ihres Rocks
vor.
    Er schien ehrlich überrascht: »Wie kommst du denn darauf?«
    Â»In den Unterlagen lesen, etwas anstreichen. Dann zwei Minuten in
die Luft starren, wieder etwas anstreichen. Einen Absatz später die Kamera
herausholen, Fotos anschauen. Ich schätze, es waren keine Bilder von einer
offenen Thoraxoperation auf einer Fünftausend-Euro-Leica, oder?«
    Ihm stand der Mund offen, als er stammelte: »Na ja, du hast schon
recht. Nehme ich zumindest an. Gut im Beobachten, was?«
    Jetzt war es an ihr, zu lächeln. Sie strich sich mit dem Finger eine
Strähne aus dem Gesicht, weil sie wusste, dass die Jungs früh lernten,
derartige Signale zu deuten. »Wie heißt der Mann, der so gut riecht?«, fragte
sie ihn.
    Â»Marcel. Marcel Lesoille.« Er hatte seine Fassung wiedergewonnen und
streckte ihr die Hand entgegen. Sie nahm sie an. Die langen, gepflegten Finger
eines Mediziners. »Und du?«
    Â»Ich heiße Solveigh. Wenn du möchtest, kannst du auch Slang zu mir
sagen, das tun die meisten.«
    Sie lehnte sich noch etwas weiter zurück und schlug die Beine
übereinander, sodass er etwas mehr zu sehen bekam. Die ganzen Lehrstücke beim
Mossad müssen ja schließlich zu irgendetwas gut sein. Und wenn nicht hierfür,
wofür dann?
    Â»Sag mal, was ist das …«, startete sie, aber sie wurde vom
Klingeln seines Handys unterbrochen. Er schaute auf das Display und murmelte:
»Entschuldige, kleinen Moment, bin gleich wieder da.«
    Er stand auf und ging zum Telefonieren aus Rücksicht vor den anderen
Gästen in das hinterste Eck des Speisewagens. Er telefoniert mit seiner
Freundin, vermutete Solveigh. Als sie bemerkte, wie seine Augen hektisch
zwischen ihr und einem belanglosen Plakat an der Wand hin- und hersprangen, war
sie sicher. Eine Woge der Enttäuschung drohte sie zu übermannen. Aber es war
sicher besser so, sie hatte eine Untersuchung zu leiten, männliche Ablenkung
war das Letzte, was sie im Moment brauchen konnte. Trotzdem beobachtete

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