Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Operation Blackmail

Operation Blackmail

Titel: Operation Blackmail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
Vom Netzwerk:
zwei
Tagen wurde das Internetcafé in Wien, von dem aus die E-Mail verschickt worden
war, lückenlos überwacht. Außerdem hatte er jeweils einen Beamten als
Verbindungsoffizier nach Paris und einen nach Bologna geschickt. Sie kopierten
alle Akten für die Server des BKA und erstatteten stündlich Bericht.
    Â»Alles in allem doch ein umfangreiches und sinnvolles
Maßnahmenpaket«, hatte Heinkel sich ausgedrückt. Doch Paul Vanderlists Zweifel
hielten sich hartnäckig. Ebenso wie seine Schweißattacken, für die er nach wie
vor kein Rezept gefunden hatte, außer jeden Tag ein zweites Hemd mit zur Arbeit
zu bringen. Nachdem er die ECSB-Zentrale verlassen hatte und zurück nach
Frankfurt geflogen war, hatte er wieder den Vorsitz des Krisenkomitees seitens
der Bank übernommen. Wie William Thater ihm geraten hatte, fügte er sich den
Vorschlägen des BKA und vertraute darauf, dass der Mann aus Amsterdam sich
melden würde. Auf diesen Anruf wartete Paul nun seit zwei Tagen und fragte
sich, ob die ECSB mit ihren parallelen Ermittlungen überhaupt etwas erreichte.
Sie hatten einen zwar unkonventionellen, aber auch überaus kompetenten Eindruck
hinterlassen. Mitten in seine Gedanken gestikulierte Thoma quer über den
riesigen Konferenztisch, an dem über zwanzig Spezialisten saßen, die mit dem
Fall betraut waren: es gab etwas Neues. Paul goss sich die elfte Tasse Kaffee
ein und blickte gespannt zu dem BKA-Mann, der die eingetretene Ruhe nutzte.
»Meine Herren, gute Neuigkeiten. Wir haben die Tatwaffe zweifelsfrei
identifizieren können. Es handelt sich um ein russisches Gewehr, ein VSS
Vintorez. Da es sowohl in Bologna als auch in Paris verwendet wurde, kennen wir
damit ihren Modus Operandi. Das ist ein wichtiger Meilenstein. Ich bitte Sie,
dies für alle Ihre jeweiligen Fachgebiete zu berücksichtigen, melden Sie es
auch nach Frankreich und Italien. Das Gewehr ist ungewöhnlich, aber in Berlin
gibt es einen Experten für russische Schusswaffen, er fertigt uns bis
übermorgen eine Expertise. Das wäre alles für den Moment, meine Herren. Sind Sie
bereit für den Vorstand? Die nächste halbe Stunde wird enorm wichtig für
unseren Fall. Herr Vanderlist, können wir mit Ihrer Unterstützung rechnen?«
    Paul nickte. Was sollte er auch anderes tun? Er lehnte sich zurück
und spürte schon jetzt die »Aura der Macht«, wie er das Phänomen nannte, das er
in diesem Moment zum wiederholten Mal beobachtete. Wie immer, wenn der Vorstand
der Bank geschlossen im Anmarsch war, schien ihre Ankunft eine Welle der
Beflissenheit vor sich herzuschieben. Gespräche wurden mitten im Satz
eingestellt, Krawattenknoten nachgezogen, Aktentaschen eilfertig aus dem Weg
geräumt. Eine Assistentin rückte sogar einen Drehstuhl gerade, sodass seine
Lehne parallel zum Tisch verlief. Irgendwie übertrieben, fand Paul.
    Der Vorstand verteilte sich um das Kopfende des Tisches, Dr. Heinkel
nahm direkt neben Paul Platz und raunte ihm zu: »Wie läuft’s?«
    Â»Thoma macht einen kompetenten Eindruck, soweit ich das beurteilen
kann. Er wird Ihnen gleich einige Vorschläge unterbreiten. Aber trotz der
vielen Experten und der ganzen Aktivität habe ich immer noch ein verdammt
schlechtes Gefühl«, bekannte Paul.
    Â»Irgendetwas Neues aus Amsterdam?«
    Â»Nein, bisher nicht«, musste Paul zugeben.
    Ulrich Thoma ergriff das Wort und führte den Vorstand durch die
Statuspräsentation, die sein Krisenstab vorbereitet hatte. Hinter die
bisherigen Maßnahmen wie die Überwachung des Internetcafés waren grüne Häkchen
gesetzt, um zu verdeutlichen, dass etwas unternommen worden war. Paul
betrachtete das als Augenwischerei, aber Heinkel und seine Kollegen wirkten
beruhigt. Immer wieder nickten Mitglieder des Vorstands zustimmend,
insbesondere Philipp Gessner, der Pressesprecher der Bank, schien hochzufrieden.
Schließlich kam Thoma zum wichtigsten Teil seiner Präsentation, der
Antwort-E-Mail, die er nun per Beamer an die Leinwand warf:
    Â 
    von:
    an: [email protected]
    Â 
    Sehr geehrter [email protected],
    Â 
    Wir brauchen mehr Zeit. 500000000
Euro sind selbst für die EuroBank nicht ohne Weiteres liquide. Seien Sie versichert,
dass wir Sie ernst nehmen. Bitte kontaktieren Sie uns, um weitere Opfer zu
vermeiden.
    Â 
    (Ich bitte Sie inständig.)
    Â 
    gez. Dr. Peter

Weitere Kostenlose Bücher