Operation Blackmail
Hausflur um. Die Villa war groÃ, aber
nicht protzig, und recht geschmackvoll eingerichtet, wie Leonid fand.
Wahrscheinlich hat seine Frau einen guten Innenarchitekten. Er hatte während
seiner nächtlichen Beobachtung die Zimmer, die er einsehen konnte, genau unter
die Lupe genommen und vermutete sein Ziel im ersten Stock. Obwohl er wusste,
dass niemand zu Hause war, stieg er leise und bedächtig die Treppe hinauf. Die
Macht der Gewohnheit. Und er hatte sich nicht getäuscht, hier befand sich das
Arbeitszimmer des Hausherrn mitsamt dem Computer. Leonid kniete sich auf den
Boden schraubte das Gehäuse auf. Er arbeitete sehr sorgfältig, löste Schraube
für Schraube und platzierte sie ordentlich nebeneinander, um nachher keine zu
vergessen. Vorsichtig nahm er die Haube des Computers ab und verband zunächst
zwei Kabel mit dem Motherboard des Rechners. Dann entnahm er seinem Rucksack
nach und nach kleine Pakete Semtex-Plastiksprengstoff und begann, diese im
Inneren des Rechners möglichst platzsparend aufzuschichten. SchlieÃlich verband
Mikanas den Zünder mit den beiden Kabeln, die er zuvor an der Hauptplatine
angeschlossen hatte. Der Stromkreis des Motherboards würde beim Einschalten
eine kleine elektrische Ladung an den Zündmechanismus leiten, die ausreichen
würde, das Semtex hochgehen zu lassen. Und mit ihm jeden, der sich in dem
kleinen Raum aufhielt. Ein einfacher, aber effektiver Plan.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass der Zünder sauber Kontakt
hatte, stopfte er ihn in das vorderste Paket aus grauem Plastiksprengstoff und
setzte das Gehäuse vorsichtig darüber. Sorgfältig zog er jede einzelne der
kleinen Schrauben fest und packte danach sein Werkzeug zusammen. Geschmeidig
kroch er unter dem Schreibtisch hervor und richtete sich auf. Seine Knie
knackten erbärmlich, langsam machte sich auch bei ihm das Alter bemerkbar. Zum
Glück würde dies sein letzter Job sein, dann konnte er sich mit Masha zur Ruhe
setzen. Und Kiki ihr Studium finanzieren. Mit einem letzten prüfenden Blick auf
das Zimmer vergewisserte er sich, dass alle Möbelstücke wieder so standen, wie
er sie sich eingeprägt hatte, und dass er kein verräterisches Ausrüstungsteil
vergessen hatte. Alles sah aus wie vorher, Kostas Kenteris würde sich ganz wie
zu Hause fühlen.
Beim Rausgehen suchte er auf dem Schlüsselbrett, das wie in beinahe
allen Häusern praktischerweise in der Nähe der Eingangstür hing, nach einem
Zweitschlüssel für die Haustür. Der würde vielleicht vermisst, aber dafür
konnte er von auÃen abschlieÃen. Somit würde niemand sein Eindringen bemerken,
die Villa schmiegte sich friedlich an den Athener Berghang wie immer.
KAPITEL 28
Athen, Hotel Hilton
Tag 5: Freitag, 11. Januar, 09:42 Uhr
Dominique hatte ihnen ein groÃes Frühstück beim Zimmerservice
bestellt, um eine »Grundlage« für ihre Strategiebesprechung zu schaffen, wie er
sich ausgedrückt hatte. Solveigh, die wieder einmal eine Nacht in einem
Charterflugzeug über den Wolken hinter sich hatte, labte sich an dem für sie
ungewöhnlichen Luxus aus Eiern, Speck und frischen Früchten. Sie saÃen im
Arbeitszimmer von Dominiques Suite, und sie berichtete ihm, was sie bei Rendson
in Stockholm in Erfahrung gebracht hatte. Dominique hielt die Kontaktaufnahme
in dem Café zunächst für unglaubwürdig.
»Was meinst du, wie findet ein Auftragsmörder sonst seine Kunden?
Denk mal drüber nach, ein Restaurant ist dafür noch eine der unverfänglichsten
Lösungen«, entgegnete sie ihm.
Nach einer hitzigen Diskussion einigten sie sich auf eine gemeinsame
Strategie: sie würde den Lockvogel spielen, der angeblich die Dienste eines
Berufskillers in Anspruch nehmen wollte, Dominique würde sich als normaler Gast
des Cafés im Hintergrund halten. Laut Rendson hatte Thanatos ein fast
legendäres Gespür für getarnte Annäherungsversuche von Polizisten. Solveigh war
dennoch zuversichtlich, ihn täuschen zu können, schlieÃlich gehörte das
Manipulieren von Menschen zu ihren absoluten Stärken. Mithilfe eines
Psychologen von der Universität Brügge, den sie per Videokonferenz
dazuschalteten, erarbeiteten sie ein detailliertes Profil einer Person, die
derartige Dienste benötigen und auch bezahlen konnte: Solveigh würde die Witwe
eines reichen Industriellen aus Nürnberg verkörpern, den die
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