Operation Blackmail
durch das kurzgeschorene
blonde Haar und hielt ihn fest. Er wimmerte, spuckte einen Schwall Blut. Sie
richtete ihn auf, damit das Blut nicht in seine Luftröhre lief.
»Haben wir ihn?«, hustete Dominique.
Solveigh nahm ihn noch fester in den Arm: »Alles wird gut. Halt
durch, mein tapferer Franzose«, flüsterte sie ihm ins Ohr. Sie hatte nicht den
Mut, ihm zu sagen, dass seine Höllenqualen umsonst gewesen waren. Sein Kopf
sackte zurück. »Hey, Dominique. Nicht aufgeben, okay? Bleib bei mir.« Sie
schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht, er durfte nicht das Bewusstsein
verlieren. Nach dem Schmerz fällt der Körper in ein tiefes Loch, sie musste ihn
festhalten, das Seil packen, das ihn mit der Welt verband. Sie fühlte nach
seinem Puls. Er war kaum noch vorhanden, wurde immer schwächer.
»Eddy, wann kommt die Ambulanz?«, drängte sie ihren Kollegen. »Er
stirbt mir unter den Händen weg.« Immer fester klatschten ihre Hände gegen
seine blutigen Wangen: »Halt dich fest, Dominique. Halt dich fest.« Hektisch
tastete sie wieder nach dem Puls, aber sie fand seine Halsschlagader nicht auf
Anhieb. Sich selbst zur Ruhe mahnend, legte sie abermals ihre Fingerkuppen auf
die Stelle, wo sie sein müsste. Aber da war nichts. Dominiques Herz hatte aufgehört
zu schlagen. Sie presste ihn an sich, wollte ihn zurückholen, Tränen liefen ihr
über die Wangen, als sie hörte, wie die Vordertür aufgestoÃen wurde.
TEIL 2
KAPITEL 35
München, Flughafen Franz-Josef-StrauÃ
Tag 6: Samstag, 12. Januar, 14:13 Uhr
Leonid Mikanasâ Lufthansa-Maschine landete pünktlich um
14:10 Uhr am Münchener Flughafen Franz-Josef-Strauà International. Es war
riskant, zu fliegen, aber Mao war überzeugt, dass es kein ernsthaftes Problem
darstellte. Selbst wenn den Behörden klar wurde, dass er per Flugzeug gereist
sein musste: Mehr als 5000 Fluggäste pro Stunde in Athen bedeuteten für die
Zeit, in der er abgeflogen war, über 60000 Menschen, verteilt auf Dutzende Ãberwachungskameras.
Zudem wären die Aufzeichnungen längst gelöscht, wenn er sein nächstes Ziel
erreichte. Deshalb machte er sich keine Sorgen, und innereuropäische Passkontrollen
gab es auch auf den internationalen Routen nicht. Als er den Sicherheitsbereich
verlieÃ, steuerte er direkt auf den Ausgang Richtung Bahn zu, die ihn in die
Stadt bringen würde. Er kannte München gut, sie hatten viele Abende in Maos
Wohnung verbracht und ihren Plan in jeder Einzelheit durchgekaut. Auch der
hiesige Geo-Cache war für ihn fast ein Heimspiel, den Koordinaten nach zu
urteilen, musste er irgendwo an den Isarauen liegen. Der Flusslauf war ihr bevorzugtes
Ãbungsgebiet gewesen, sodass Leonid es direkt an den Rohdaten wiedererkannte.
Als ihn die Drehtür des Flughafengebäudes ausspuckte, begrüÃte ihn
die Bayern-Metropole mit Kaiserwetter. Ein strahlend blauer Himmel lugte durch
die Traversen des Zeltdachs, das den Platz zwischen den beiden Terminals
überspannte. Der S-Bahnhof war nur hundert Meter entfernt, und Minuten später
saà er in der S8 Richtung Innenstadt und hatte Zeit, nachzudenken. Wieso hatte
ihn Mao jetzt schon nach Deutschland geschickt? War irgendetwas schiefgegangen?
In einer knappen Stunde würde er auf dem Weg zu seinem Cache beinahe an Maos
Wohnung vorbeilaufen, es wäre nur ein winziger Umweg. Aber nein, das konnte er
unmöglich riskieren. Er musste Mao vertrauen, dem Halbchinesen mit dem
aufbrausenden Wesen. Konnte er das denn, Mao vertrauen? Er war sich von Anfang
an nicht ganz sicher gewesen. Als er ihn in der hässlichen Spelunke, die er
seine Stammkneipe nannte, auf ein Geschäft angesprochen hatte, signalisierte er
natürlich Interesse. Mein Gott, zweieinhalb Millionen Dollar für ein paar
Monate Arbeit. Das Studium für seine Enkeltochter, ein Leben für seine Familie.
Nach all den Jahren spärlich flieÃenden Solds. Mütterchen Russland vergaà seine
treuesten Diener, zu denen er sich immer gezählt hatte. Wieder und wieder hatte
ihr Kommandeur Besserung gelobt, Rückzahlungen des ausstehenden Solds
angekündigt. Alle paar Wochen eine neue Hypothek auf die Zukunft, die niemals gekommen
war. Dann der reiche Chinese aus dem Westen mit seinen schicken Anzügen. Seine
Geschenke, das waren keine leeren Versprechungen, er hatte seiner Tochter etwas
Schönes zu Weihnachten kaufen können. Sie
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