Operation Blackmail
gelähmt?«
Professor Groenewold lächelte nachsichtig: »Sie haben Schmerzmittel
für einen Elefanten im Blut. Glauben Sie mir, Sie werden Ihre Beine spüren,
noch früh genug. Und was Ihre zweite Frage angeht: Ich will ehrlich zu Ihnen
sein. Ob Sie jemals wieder laufen können, ist fraglich. Sie werden sehr lange
an den Rollstuhl gefesselt sein, und selbst bei den besten Behandlungs- und
Reha-Methoden, die Ihnen Ihr Dienstherr sicherlich verschaffen wird, wage ich
keine Prognose. Viel wird von Ihnen selbst abhängen und davon, wie Ihr Körper
die Situation verkraftet.«
Immerhin etwas, dachte Dominique. Er schlieÃt es nicht aus. Der
Gedanke, den Rest seines Lebens in einem Rollstuhl zu verbringen, löste
Beklemmungen bei ihm aus. Dazu kam Wut, unbändige Wut auf sich selbst, dass er
so dämlich gewesen war, sich von Thanatos schnappen zu lassen. Und eine noch
gröÃere Wut auf seinen Peiniger, der ihm dies angetan hatte. Kalt, berechnend
und ohne jede Rücksicht hatte er ihn zum Krüppel geschlagen. Mutlos lieà er
sich zurück auf das Kissen fallen.
»Ruhen Sie sich aus, Mister Lagrand«, riet ihm der Mediziner.
Dominique hörte ihn kaum noch und sank in einen Dämmerschlaf. Er war stärker
mitgenommen, als er sich selbst gegenüber zugeben wollte.
Ein erneutes Klopfen an der Tür weckte ihn aus einem traumlosen
Schlaf totaler Erschöpfung. Viermal. Nicht der Professor. Die Tür ging langsam
auf, und Solveigh Lang stand im Zimmer. Ein wohliges Gefühl erfasste ihn. Er
hätte nicht gedacht, dass er sich jemals so freuen könnte, eine Kollegin
wiederzusehen. Und dabei kannte er sie erst seit nicht mal einer Woche. Er
lächelte ihr zu und winkte sie heran. Sie sah toll aus. Ihr Lächeln, die
hellgrauen Wolfsaugen auf einmal gar nicht mehr bedrohlich und exotisch,
sondern offen und warmherzig. So kann man sich täuschen. Sie nahm seine Hand
und sagte nichts. Ihre Augen sagten alles, was Worte niemals hätten ausdrücken
können. Bedauern, ein Schuldeingeständnis. Mut. Dominique schauderte, er
empfand es als magischen Moment. Mitten im Schlimmsten, was ihm jemals im Leben
zugestoÃen war, gab es dieses Gefühl. Schön, überwältigend schön. Sie hielt
einfach seine Hand. Ihr »Gespräch«, das keines war, dauerte minutenlang. Noch
immer hatte keiner von ihnen etwas gesagt. Dann sprachen ihre Augen: Ich muss
los. Kommst du klar? Dominique nickte ihr aufmunternd zu. Sanft entzog sie ihm
ihre Hand und streichelte seine Wange. Ihr liefen Tränen über die Wangen.
»Dominique, es tut mir so leid«, sagte sie. Er wollte etwas
erwidern, aber sie legte den Zeigefinger über seine Lippen und bedeutete ihm zu
schweigen. »Es tut mir unendlich leid«, wiederholte sie sich, und eine Träne
kullerte von ihrem Kinn auf seine Brust. Dann hauchte sie ihm einen Kuss auf
die Wange, drehte sich um und ging langsam zur Tür. Dominique wischte die
Ãberreste der Tränen von seiner Wange und setzte sich auf: »Solveigh?«, fragte
er, als sie schon die Hand an der Türklinke hatte. Sie drehte sich um. »Eine
Bitte hätte ich noch. Kannst du mir meinen Computer besorgen?« Sie nickte.
Eine halbe Stunde später stand ein Kurier in seinem Krankenzimmer
und lieferte eine groÃe Box mit Laptop, seinem ECSB-Ausweis und seiner
Dienstwaffe.
KAPITEL 38
ICE München-Nürnberg, Deutschland
Tag 7: Sonntag, 13. Januar, 17:32 Uhr
Mit 280 Stundenkilometern raste der ICE von München nach
Nürnberg. Mao saà im Speisewagen und träumte von den 500 Millionen Euro. Es
würde nicht mehr lange dauern, bis die Bank einknickte, vor allem, wenn er
seine zweite E-Mail abgeschickt hatte. Genau zu diesem Zweck fuhr er in eine
andere Stadt, denn er wollte nicht riskieren, sie aus einem Münchener
Internetcafé abzuschicken. »Der Zufall ist die gröÃte GroÃmacht der Welt«,
hatte einmal ein kluger Kopf gesagt. Ein Internetcafé, die Bedienung begegnet
ihm beim Bäcker, sie erinnert sich. Hatten sich nicht Polizisten nach dem
erkundigt? Nein, das konnte Mao nicht gebrauchen. Er würde die Mail von
Nürnberg aus abschicken, die Fahrzeit mit dem Zug betrug ohnehin nur eine
knappe Stunde, dank der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke. Er schlürfte den
heiÃen Kaffee, mit viel Zucker, wie er es mochte, und blätterte in einem
politischen Wochenmagazin.
Zwanzig Minuten später stand
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