Operation Cyborg
sie nicht angerührt hast«, sagte der Wirt doch der Mann reagierte nicht darauf. Stattdessen drückte er den Wirt einfach mit einer Hand zur Seite, was die Bedienung des 'Bärenecks' mit einigem Erstaunen registrierte. Ihr korpulenter Chef war nicht nur groß und kräftig, sondern vor allem dafür bekannt, auch einer handfesten Keilerei nicht aus dem Weg zu gehen. Doch dieses Mal verzichtete er überraschenderweise darauf, dem Zechpreller weiter zuzusetzen.
Noch während der düstere Gast den 120 Kilo schweren Wirt anscheinend mühelos zur Seite geschoben hatte, war diesem die schreckliche Wunde am Hals aufgefallen und er hatte Metallteile an einer Stelle gesehen, an der ein normaler Mensch gewöhnlicherweise Fleisch, Muskeln und Knorpel haben sollte. Fassungslos sah der Wirt der gruseligen Gestalt nach, als sie durch die Eingangstür nach draußen trat und seine Hände begannen zu zittern. Wer auch immer dieser Psycho gewesen war, der Kneipier war froh, ihn aus seiner Gaststätte zu wissen. Wortlos ging er an der verwunderten Bedienung vorbei in Richtung seines Büros. Die Angestellte zuckte schließlich die Achseln und wendete sich wieder den anderen Gästen zu. Niemand außer ihr hatte den Vorfall mitbekommen. Warum ihr sonst so streitbarer Chef diesmal so schnell klein beigegeben hatte, wußte sie zwar nicht, aber es ging sie ja schließlich auch nichts an.
*
Tom spähte zu Krieger hinüber. Ehrlich gesagt, hatte er ihn sich anders vorgestellt. Mit Uniform zum Beispiel, dazu ein Barett auf dem Kopf, einer Narbe im Gesicht und einem Zigarrenstummel im Mundwinkel. Na schön, er sah zu viele Filme, gestand er sich ein.
Krieger jedenfalls war in Zivil gekleidet. Er trug eine graue Kordhose, billige, braune Lederslipper und ein kurzärmeliges weißes Hemd. Mit der Kleidung sah er irgendwie eher aus wie ein Oberstufenlehrer, denn wie ein Bundeswehrsoldat. Er hatte silbergraues, aber volles Haar, das ihn älter wirken ließ, als er tatsächlich war und er trug einen gestutzten, ergrauten Schnurrbart im kantigen Gesicht. Einzig seine stahlblauen Augen und die gesunde Gesichtsfarbe offenbarten, daß er in Wahrheit ein Mann im besten Alter war. Welche Energie ihm innewohnte, deuteten seine sportliche Figur und die breiten Schultern an. Und er hatte im Gegensatz zu Tom den Dauerlauf zum Campingplatz mühelos bewältigt.
Seit fast fünf Minuten schon starrte der Bundeswehrmajor wortlos auf die zweite Bierflasche, die er zwischenzeitlich geleert hatte, während er sie gedankenverloren in den Händen hin und her drehte. Tom wendete den Blick von ihm ab. Er sah auf die Tischplatte vor ihm und hing seinen eigenen Gedanken nach. Jazz befand sich zu diesem Zeitpunkt vor dem Wohnmobil. Tom hatte sie nach draußen geschickt damit sie die Umgebung im Auge behalten sollte. In Wahrheit wollte Tom aber ungestört sein, wenn er versuchte, dem Major alles zu erklären. Und kaum daß sie das Wohnmobil verlassen hatte, begann Tom damit, Krieger die ganze Geschichte zu erläutern. Zumindest in einer Version, die Tom für angemessen hielt.
So berichtete Tom davon, wie er selbst fast Opfer eines Anschlags wurde, als Jazz versucht hatte, ihn in einem Frankfurter Café zu exekutieren. Er erzählte, wie Magnus ihn rettete und wie sie zunächst geflohen waren. Er wiederholte alles, was Magnus ihm über die Zukunft, S.net, Cyborgs und den Krieg der Maschinen gegen die Menschen erzählt hatte. Er schilderte wie Jazz sie wieder aufspürte und es zu der Verfolgungsjagd und dem Kampf an der Tankstelle kam. Er erklärte, daß Magnus im Kampf mit Jazz starb, während der Cyborg schwer beschädigt wurde und dadurch seine Primärdirektiven verlor. Doch ein glücklicher Umstand beim Kampf mit Magnus reprogrammierte Jazz. Sie, so erläuterte Tom, habe dadurch Magnus Stelle eingenommen. Sie übernahm dessen Mission und Aufträge. Und einer der Aufträge lautete, daß sie ihn, Werner Krieger, beschützen sollten, weswegen sie auch rechtzeitig in der Florinskriche aufgetaucht waren, bevor der Killer, ebenfalls ein Cyborg – ihn hatte töten können.
An dieser Stelle endeten Toms Erklärungen. Einige Details hatte er bewußt ausgelassen. So erwähnte er von THOR zunächst nichts und auch nichts davon, daß er in der Zukunft der Anführer des Widerstands in Deutschland sein sollte. Er befürchtete, daß gerade diese Punkte Kriegers Widerspruch provozieren würden, was ihn daran gehindert hätte, den Rest der Geschichte an den Mann zu bringen – und das
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