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Operation Cyborg

Operation Cyborg

Titel: Operation Cyborg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Riess
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geschlossen hatte, dachte er. Das erspart mir den Anblick ihrer 'Körperreinigung'.
    »Andererseits...«, kam es ihm kurzzeitig in den Sinn, doch dann rief er sich zur Räson. Nein, an so etwas sollte er nicht einmal denken. Nach einer ganzen Weile hörte er, wie die Dusche losplätscherte. Er ließ sich nochmal nach hinten auf das Bett fallen. Der erste Tag in seinem neuen Leben und er hatte jetzt schon keine Lust mehr darauf.
    *
    Nachdem Mensch und Maschine ihre Morgentoilette abgeschlossen hatten, war es an der Zeit zu überlegen, wie es weitergehen sollte. Sie saßen beide an dem kleinen Beistelltisch und Tom betrachtete prüfend den Cyborg. Die Verletzungen in seinem Gesicht waren erstaunlich gut am verheilen. Der Cyborg hatte sich Make-Up von Nina aus der WG mitgenommen und die verbliebenen Wundmale überschminkt. So sieht sie wenigstens wieder ganz passabel aus, bemerkte Tom. 'Es', nicht 'sie', korrigierte er sich in Gedanken. Verdammt nochmal! Als was sollte er diese Maschine definieren?
    Und diese Definition benötigte er, wenn er sich ihr gegenüber zukünftig positionieren wollte. Sie als Ding, als Sache, zu bezeichnen, würde alles viel komplizierter machen, vor allem wenn sie gemeinsam nach Außen hin auftreten und dabei nicht auffallen wollten. Früher oder später würde er sich entscheiden müssen. Rein äußerlich sah der Cyborg so echt aus, daß es schwer fallen würde, ihn nicht als Mensch einzustufen. Und damit dann als Frau, überlegte Tom. Und obwohl sie immer noch ein wenig entstellt war, sah sie immerhin auch recht gut aus. Nur die Kleidung, die zum Teil von ihm stammte, paßte ihr so ganz und gar nicht.
    Mist!, rügte Tom sich abermals, als er merkte, wie er den Cyborg in Gedanken schon wieder mit weiblichen Artikeln versehen und das Äußere nach menschlichen Maßstäben bewertet hatte.
    »Stimmt etwas nicht«, fragte der Cyborg, der bemerkte, wie Tom ihn nachdenklich musterte.
    »Hast du eigentlich einen Namen? Ich habe dich gestern schon gefragt, aber du hast nicht geantwortet«, sagte Tom.
    »Nein. Ich habe keinen Namen, zumindest wenn du einen Vornamen meinst, um mich anzusprechen«, antwortet der Cyborg. »Hier in der Pension habe ich mich als 'Ferro' vorgestellt. Der Pensionswirt führt mich als 'Frau Ferro'.«
    »Ferro? Eisen? Das ist ja mal einfallsreich«, grunzte Tom abfällig.
    »Es ist der Projektname meines Kernels«, rechtfertigte sich der Cyborg und rümpfte die Nase.
    Woher hatte das Ding denn diese Geste?
    »In der Single Community hast du dich mir als J3S716 vorgestellt. Was sollte das?«
    »Das ist meine Modellnummer.«
    »Bist du denn kein T888?«
    »Nein. Ich bin eine Weiterentwicklung des 'Drei-Achter'. Ein neuer Prototyp«, antwortet der Cyborg und es klang als wäre er stolz darauf.
    »Beta oder noch Alpha?«, sagte Tom leicht belustigt. Der Cyborg sah ihn mit einem Gesichtsausdruck an, als wäre er verwirrt. Tom machte eine Handbewegung. »Vergiß es, hab' nur einen Scherz gemacht. Wir sollten dir einen Namen geben. Wenn wir außerhalb dieses Zimmers miteinander kommunizieren soll es wenigstens so wirken, als wären wir ganz normale Menschen.«
    »Ja, ganz normale Menschen.« Der Cyborg nickte und es klang als gefalle ihm die Vorstellung.
    Oh je, dachte Tom, das wird noch was werden.
    »Na schön. Ich taufe dich hiermit auf den Namen Jessica«, sagte Tom, wobei er 'Jessica' englisch aussprach. Damit war also besiegelt, daß er sie von nun an als Frau betrachten würde – und sei es, um sich selbst einen Gefallen zu tun.
    »Jessica?«, sprach die frisch getaufte Maschine und lächelte. »Wenn dir der Name gefällt, mag ich ihn auch.«
    Tom lief es eiskalt den Rücken herunter. Es war das erste mal, daß die Maschine ihn anlächelte. Damit wirkte sie noch menschlicher – und das war irgendwie gruselig! Nur: Wie konnte sie etwas mögen? Wahrscheinlich eine einprogrammierte Floskel, dachte Tom und zuckte die Achseln.
    »Gut, Jazz«, meinte er, während der Cyborg ihn immer noch anlächelte. »Wie wäre es, wenn du deinen Hintern nach draußen bewegst und mir Frühstück holst. Ich habe einen mörderischen Hunger. Ich werde in der Zwischenzeit schauen, ob ich mein altes Laptop zum Laufen bringe.«
    Das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht und sie wirkte erneut ein wenig verwirrt.
    »Ich kann keine Körperteile einzeln fortbewegen. Aber ich werde nachsehen, ob die Küche schon auf hat«, sagte sie. Dann stand sie auf und verließ den Raum. Tom sah ihr nach.
    Oh je,

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