Operation Overkill
aufhalten, was wiederum heißt, dass wir das SAS-Team bis spätestens heute Nacht herholen müssen.«
»Angenommen, der Minister genehmigt den Ein-545
satz nicht?«, fragte Herron.
»Dann geht’s den Franzosen bald sehr schlecht. Wir müssen einfach davon ausgehen, dass er damit einverstanden ist. Können Sie ein Auto besorgen und einem Ihrer Freunde in der Botschaft sagen, dass er sich hier mit uns treffen soll, bevor wir ins Ministerium zurückkehren? Wir müssen die Sache so bald wie möglich in die Wege leiten.«
Im Geheimdienstjargon ist ein »Freund« ein Mitarbeiter des britischen Secret Intelligence Service, der für gewöhnlich an einer Botschaft stationiert ist.
»Ja«, erwiderte Herron. »Ich rufe gleich an.« Er zückte sein Handy, wählte eine Nummer und unterhielt sich kurz mit jemandem. »Kein Problem«, sagte er dann. »Er ist um Viertel nach zwei da.«
Waidhaus, Deutschland
Als der Konvoi die Grenze erreichte, winkten ihn die tschechischen Zöllner nach kurzem Blick auf die Pässe durch. Die Deutschen waren gründlicher.
»Warum«, fragte der Zollbeamte, »wird ein Möbel-transporter von drei Begleitfahrzeugen quer durch Europa eskortiert?« Er und Modin saßen in einem der Abfertigungsräume der Grenzstation und unterhielten sich auf Englisch, der einzigen Sprache, in der sie sich verständigen konnten.
Modin schüttelte den Kopf. »Das ist keine Eskorte«, sagte er. »Der Lastwagen befördert lediglich Möbel 546
und andere Einrichtungsgegenstände zu unserer Botschaft in London. Wir haben in letzter Zeit ähnliche Transporte zu anderen russischen Botschaften in Westeuropa durchgeführt«, fügte er hinzu. Er er-wähnte nicht, dass bei einigen dieser Transporte eine Fracht befördert worden war, die nicht in den Papieren aufgeführt war.
»Warum lässt die Londoner Botschaft ihre Möbel aus Russland liefern? Gibt es in England keine Möbel-geschäfte?«
Modin nickte. »Selbstverständlich«, erwiderte er.
»Aber Sie müssen bedenken, wie schlecht es seit Glasnost um die russische Wirtschaft bestellt ist. Unsere Regierung hat angeordnet, dass alle Möbel und Einrichtungsgegenstände für die Botschaften in Russland gekauft werden müssen.«
Der Deutsche schnaubte. »Wie ich sehe, bezieht sich diese Vorschrift nicht auf die Fahrzeuge, mit denen Sie unterwegs sind.«
»Das ist etwas anderes. Wir sind leider gezwungen, für unsere Botschaften Autos zu kaufen, die im Westen hergestellt wurden. Bei russischen Fahrzeugen kommt es bedauerlicherweise immer wieder zu Verzögerungen bei der Lieferung von Ersatzteilen, Wir können unseren Botschaften nicht zumuten, dass ihre Dienstfahrzeuge über einen längeren Zeitraum hinweg nicht zur Verfügung stehen. Das Gleiche gilt für internationale Schwertransporte – wir können es uns nicht leisten, dass liegen gebliebene Fahrzeuge tage-oder wochenlang herumstehen.«
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»Und die sechzehn Mann Begleitpersonal?«, hakte der deutsche Beamte nach.
»Das hat sich einfach so ergeben«, erwiderte Modin ruhig. »An unserer Londoner Botschaft findet zur Zeit ein größerer Personalwechsel statt.«
»Warum sind sie nicht nach London geflogen?«
»Aus wirtschaftlichen Gründen«, entgegnete Modin. »Da die Fracht ohnehin auf der Straße befördert werden musste und in den Fahrzeugen noch Plätze frei waren, wäre es Unsinn gewesen, Geld für Flugtickets auszugeben.«
Der Zöllner musterte Modin eine Minute lang, dann stand er auf. »Na schön«, sagte er und gab dem Russen den Diplomatenpass zurück. Ihm blieb kaum etwas anderes übrig, und sowohl er als auch Modin wussten es. »Fahren Sie weiter«, fügte er hinzu.
8. Arrondissement, Paris
Als der Wagen anhielt, stiegen die drei Männer hinten ein, und Herron wies den Chauffeur an, ein paar Minuten in der Gegend herumzufahren. Nachdem sie sich in den Verkehr eingefädelt hatten, teilte Herron dem SIS-Mitarbeiter, der neben dem Fahrer saß, mit, worum es ging. Dann wandte er sich an Richter. »Gut, was soll er für Sie erledigen?«
»Zunächst einmal«, sagte Richter, »möchte ich lediglich, dass der SAS in Marsch gesetzt wird. Können Sie von der Botschaft aus eine Nachricht an den FOE
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in London absetzen – zu Händen des Direktors, Mitteilung an den SIS und an Stirling Lines – und um den sofortigen Einsatz eines vierköpfigen SAS-Teams bitten? Ich möchte gern, dass Captain Colin Decker die Leitung übernimmt, falls er abkömmlich ist. Nähere Anweisungen werden in Paris erteilt,
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