Operation Overkill
aufzeichnen lassen?«, fragte Modin mit ungläubigem Blick.
»Selbstverständlich. Ich möchte wissen, was auf mein Geheiß hin geschieht. Ich habe eine ganze Reihe 131
von Videos, die bei diversen Vernehmungen aufgezeichnet wurden. Man sollte sie sich nicht unbedingt vor dem Schlafengehen anschauen, aber interessant sind sie dennoch.« Truschenko griff nach einem Keks und knabberte genüsslich daran. »Der Engländer war eine Enttäuschung«, fuhr er fort. »Er leistete so gut wie keinen Widerstand und hatte eine sehr niedrige Schmerztoleranzschwelle. Eine Memme«, fügte er abschätzig hinzu.
Modin starrte ihn immer noch an. Er kannte den Mann seit fast vier Jahren, hätte aber nie vermutet, dass er ein derartiger Sadist und Voyeur war.
»Zur Sache«, sagte Truschenko. »Der Engländer« –
er betonte das Wort, als bereite ihm das bloße Aus-sprechen Vergnügen – »bestätigte, was ich vermutet hatte. Er wusste nichts über Podstawa , was zumindest heißt, dass wir den Plan nicht sofort in die Tat umsetzen müssen. Offenbar haben die Amerikaner Verdacht geschöpft – genauer gesagt, man hat ihnen etwas verraten, weshalb sie ihr Spionageflugzeug einsetzten.
Aber sie haben ihre Erkenntnisse nicht mit den Briten geteilt.«
General Modin dachte nicht mehr länger über den toten Engländer nach, sondern konzentrierte sich auf die Worte des Ministers. »Sind Sie sich sicher, dass sie nicht nur das Waffentestgelände in der Tundra aus-kundschaften wollten?«, fragte er.
»Das glaube ich nicht«, sagte Truschenko und schüttelte entschieden den Kopf. »Bei den derzeitigen politischen Verhältnissen hätten sie es nicht gewagt, 132
in unseren Luftraum einzudringen, nur weil sie ein Waffentestgelände fotografieren wollten. Sie mussten einen gewichtigen Grund haben. Allerdings können sie nichts Näheres über Podstawa wissen, sonst hätten sie diesen Flug nicht riskiert.«
Modin nickte. Er war genau der gleichen Meinung wie der Minister. »Ich habe bereits die nötigen Schritte veranlasst, um den Verräter dingfest zu machen. Vorausgesetzt, es gibt einen.«
»Oh, den Verräter gibt es, Genosse General, davon bin ich überzeugt. Was haben Sie unternommen?«
»Ich habe General Grigori Sokolow angewiesen, jeden zu überprüfen, der etwas vom Projekt Podstawa weiß«, antwortete Modin. »Er darf die Post abfangen, die Telefone anzapfen und die betreffenden Personen beschatten lassen.«
»Versprechen Sie sich davon irgendetwas?«, fragte Truschenko zweifelnd.
»Ehrlich gestanden, nein, Herr Minister«, sagte Modin. »Aber dadurch wird verhindert, dass der Verräter den Amerikanern weiter Informationen zukommen lässt. Mehr dürfen wir nicht erwarten.«
»Einverstanden. Nun, wenn die Briten über Podstawa Bescheid gewusst hätten, hätten wir sofort alle Vorbereitungen in die Wege leiten müssen, um den Plan in die Tat umzusetzen. Dass die Amerikaner etwas davon erfahren haben, ist weniger schlimm, da diesbezüglich bereits alle Vorbereitungen abgeschlossen sind. Trotzdem wäre es gefährlich, den ursprünglichen Zeitplan einzuhalten. Immerhin könnten sich 133
die Amerikaner dazu entschließen, ihre europäischen Verbündeten ins Vertrauen zu ziehen.«
»Wollen Sie den Termin vorziehen?«, fragte Modin.
»Ja«, erwiderte Truschenko. »Die Operation Podstawa wird am Elften des nächsten Monats durchgeführt werden.«
»Das sind nur noch zwölf Tage«, sagte Modin mit einem kurzen Blick auf seinen Schreibtischkalender.
»Damit bleibt uns kaum Spielraum, falls irgendwelche Fehler oder Verzögerungen auftreten.«
»Für Fehler und Verzögerungen bleibt uns gar kein Spielraum, Genosse General. Wie Sie wissen, wurde ich vom Politbüro mit der Planung und Ausführung der Operation Podstawa betraut. Bislang habe ich mich zu-rückgehalten und nur die diversen Stufen überwacht.
Nun, da klar ist, dass gewisse Einzelheiten des Unternehmens an die Amerikaner durchgesickert sind, und die Zeit knapp wird, habe ich beschlossen, die Leitung der gesamten Operation Podstawa zu übernehmen. Da-zu gehört auch die Aufsicht über die Montage der letzten Waffe und natürlich die Ausführung des Plans.
Außerdem werden zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Ab sofort sind sämtliche Mitteilungen an Personen untersagt, die nicht voll und ganz in die Operation Podstawa eingeweiht sind. Dies gilt auch für Ihre Vorgesetzten und Untergebenen beim SWR und die Mitglieder des Politbüros.«
»Ihre bisherigen
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