Operation Sahara
andere, in der Uniform eines Seeoffiziers, Tombs erspähte und ihm zuwinkte.
Tombs stieg über die Planke auf das Dock, lief auf dem Kai zum Zweispänner hinüber und salutierte zackig. »Es ist mir eine Ehre, Admiral, Herr Minister. Ich hatte nicht für möglich gehalten, daß von Ihnen jemand die Zeit zum Abschiednehmen finden würde.«
Admiral Raphael Semmes, der als Kommandant des konföderierten Kaperers
Alabam
wahre Ruhmestaten vollbracht und inzwischen das Kommando über die Flottille gepanzerter Kanonenboote auf dem James River innehatte, nickte und lächelte. Unter dem gewachsten Schnurrbart schob sich dabei der kleine Spitzbart unter der Unterlippe nach vorn.
»Selbst ein Regiment Yankees hätte mich nicht davon abhalten können, Ihnen Lebewohl zu sagen.«
Stephen Mallory, Marineminister der Konföderierten, streckte die Hand aus. »Von Ihnen hängt zu viel ab, als daß wir uns nicht die Zeit nehmen würden, Ihnen Glück zu wünschen.«
»Ich habe ein starkes Schiff und eine tapfere Mannschaft«, erwiderte Tombs voller Selbstvertrauen.
»Wir werden den Durchbruch schaffen.«
Semmes’ Lächeln verschwand, und seine Augen spiegelten eine böse Vorahnung wider. »Sollte Ihnen das nicht gelingen, müssen Sie das Schiff in Brand stecken und an der tiefsten Stelle des Flusses versenken. Auf gar keinen Fall darf es für die Union möglich sein, unsere Archive zu bergen.«
»Die Sprengladungen sind angebracht und scharf gemacht«, versicherte Tombs. »Der Schiffsboden wird weggesprengt, und die beschwerten Kisten versinken im Schlamm des Flusses, während das Schiff unter Volldampf noch eine gute Strecke zurücklegen wird, bevor es untergeht.«
Mallory nickte. »Ein guter Plan.«
Die beiden Männer im Zweispänner tauschten einen Blick aus.
Nach einem Moment des Zögerns sagte Semmes: »Tut mir leid, daß ich Ihnen im letzten Augenblick eine weitere Aufgabe übertragen muß. Sie werden noch die Verantwortung für einen Passagier übernehmen müssen.«
»Einen Passagier?« knurrte Tombs. »Hoffentlich niemand, der am Leben hängt.«
»Ihm bleibt keine andere Wahl«, murmelte Mallory.
»Wo ist er denn?« erkundigte sich Tombs und sah sich auf dem Kai um. »Wir wollen jeden Augenblick ablegen.«
»Er wird bald eintreffen«, erwiderte Semmes.
»Darf ich fragen, um wen es sich handelt?«
»Sie werden ihn auf Anhieb erkennen«, sagte Mallory. »Und beten Sie, daß auch der Feind ihn erkennt, falls das nötig sein sollte.«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
Zum ersten Mal lächelte Mallory. »Das werden Sie schon begreifen, mein Junge. Ganz bestimmt.«
»Da gibt es noch etwas, das Sie wissen sollten«, wechselte Semmes das Thema. »Meine Spione haben berichtet, daß die
Atlanta,
eines unserer Kanonenboote, das im vergangenen Jahr den Panzerschiffen der Union in die Hände gefallen ist, jetzt bei der Marine der Nordstaaten Dienst tut und auf dem Fluß oberhalb von Newport News patrouilliert.«
Tombs strahlte. »Ja, verstehe. Die
Texas
hat ungefähr die gleichen Konturen und ganz ähnliche Abmessungen, so daß sie in der Dunkelheit gut mit der
Atlanta
verwechselt werden könnte.«
Semmes nickte und reichte ihm eine zusammengefaltete Flagge. »Die ›Stars and Stripes‹. Sie werden sie zur Tarnung brauchen.«
Tombs griff nach der Fahne der Union und klemmte sie sich unter den Arm. »Ich werde sie, kurz bevor wir die Geschützstellungen des Nordens bei Trent’s Reach erreichen, hissen lassen.«
»Dann viel Glück«, sagte Semmes. »Tut uns leid, daß wir nicht bleiben können, bis Sie ablegen. Der Minister muß noch einen Zug erreichen, und ich muß zurück und mich um die Zerstörung der Flotte kümmern, bevor uns die Yankees überrennen.«
Der Marineminister schüttelte Tombs zum Abschied die Hand.
»Der Blockadebrecher
Fox
wartet auf der Höhe von Bermuda, um Ihre Kohlenvorräte aufzufüllen. Viel Glück, Commander.
Das Heil der Konföderation liegt in Ihren Händen.«
Noch ehe Tombs etwas erwidern konnte, befahl Mallory dem Kutscher anzufahren. Tombs hob die Hand zu einem letzten Gruß und blickte dem Zweispänner verwirrt nach. Das Heil der Konföderation?
Diese Worte ergaben überhaupt keinen Sinn. Der Krieg war verloren. Von Süden vorstoßend, marschierte Sherman durch Carolina heran, während Grant sich mit seinen Truppen wie eine Woge durch Virginia Richtung Süden wälzte. Es konnte sich nur noch um ein paar Tage handeln, bis Lee gezwungen sein würde, sich zu ergeben. Und
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