Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
vor Tallinn. Eine dritte ist im alten Kirchturm von Sankt Olaus, unmittelbar neben dem KGB-Hauptquartier. Vermutlich ist das der höchste Punkt in der Stadt. Von diesen drei Stationen aus stehen sie mit den patrouillierenden Mig-Piloten in ständigem Funkkontakt.«
Er lächelte. »An einem klaren Tag kann man vom Kirchturm aus den Flügelschlag eines Schmetterlings auffangen. Aber bei schlechtem Wetter, zum Beispiel bei Schnee und Hagel, kann das sowjetische Radar oft nicht zwischen einem möglichen Ziel und dem Chaos auf den Bildschirmen unterscheiden, das vom Wetter verursacht wird. Aus diesem Grund helfen uns schlechte Bedingungen wirklich. Außerdem bleibe ich so lange wie möglich innerhalb der Wolkendecke, damit sie mich gar nicht erst auf die Schirme bekommen.Knifflig wird es erst, wenn wir die Wolkendecke für unseren Zielanflug kurz verlassen müssen. Dann könnten wir auf dem Radar der Russen auftauchen und ihr Interesse wecken. Deshalb muß ich das Ziel schnell finden und Sie sofort absetzen. Aber zu diesem Zeitpunkt ist das nicht mehr Ihr Problem. Selbst wenn die Russen reagieren, sind Sie schon längst abgesprungen, und mit ein bißchen Glück bin ich auf dem Heimweg, bevor die ersten Migs auftauchen.«
Slanski schien Zweifel an dieser Einschätzung zu hegen. »Die ganze Sache klingt ziemlich riskant. Glauben Sie wirklich, daß es funktioniert?«
»Es ist ein Kinderspiel, glauben Sie mir.« Saarinen warf Anna einen Blick zu. »Es hört sich viel gefährlicher an, als es in Wirklichkeit ist. Piloten übertreiben die Gefahren ihrer Mission gern ein bißchen, vor allem, wenn eine Frau dabei ist. Dann wirken sie schneidiger und tollkühner.«
»Hält Ihr Flugzeug auch den Turbulenzen stand, wenn das Wetter wirklich schlechter wird?« forschte Slanski weiter.
Saarinen nickte. »Die kleine Norseman da draußen im Hangar übersteht selbst die schlimmste Suppe ohne Kratzer. Die Passagiere werden zwar nach diesem Ausflug reichlich durchgeschüttelt sein, aber sie leben, und darauf kommt’s ja an. Das Flugzeug ist wie ein Scheißhaus aus Ziegelsteinen gebaut.« Er lächelte Anna zu. »Entschuldigen Sie den Ausdruck.«
Massey trat ans Fenster und blickte hinaus auf die gefrorene Bucht. Hier im Norden war man schon froh, wenn man im Winter ein paar Stunden in der Woche die Sonne sah. Das Zwielicht hatte eine merkwürdig deprimierende Wirkung. Massey blickte wieder zu Saarinen hinüber. Der Finne war ein fähiger Pilot, doch seine Sorglosigkeit war eindeutig übertrieben, wenn man die Gefahren betrachtete. Massey fragte sich, ob die Schrapnellsplitter nicht nur sein Bein abrasiert, sondern auch seinen Kopf getroffen hatten.
»Gut, Janne, wie ist der Zeitplan? Wann können wir loslegen?«
Saarinen setzte sich lässig auf die Tischkante. »Die Wolken aus südöstlicher Richtung sollen morgen abend gegen achthier sein. Falls die Jungs vom Wetterdienst recht behalten, bietet uns das Deckung bis fast zur Küste von Estland. Wenn wir gegen 20 Uhr 30 starten, müßten wir etwa zwanzig Meilen weiter auf die Wolken treffen. Wir nehmen folgende Route …« Er deutete auf die rote Linie auf der Landkarte. »Fast gerade über die Ostsee zum Absprunggebiet. Ich kenne die Frequenzen der russischen Funkfeuer und kann sie als Navigationshilfe benutzen, wenn wir uns Tallinn nähern, damit ich den Absprungort finde.«
Massey runzelte die Stirn. »Und wenn das Wetter richtig schlecht wird, wie du gesagt hast?«
»Keine Sorge, damit werde ich fertig. Zur Not kann ich tiefer gehen, bis knapp fünfhundert Fuß über den Boden. Wenn wir die Wolkenschicht verlassen, müßte ich eigentlich die Lichter von Tallinn ausmachen können. Das Gebiet dort ist ziemlich flach, so daß wir hoffentlich nicht gegen irgendwelche Berge stoßen, wenn wir uns im Blindflug durch die Wolken tasten. Gut, noch irgendwelche Fragen?«
Keiner sagte etwas, und Saarinen lächelte strahlend. »Das heißt dann wohl, Sie trauen mir.« Er schwang das Holzbein herum und sagte zu Massey: »Komm mit, ich zeige deinen Freunden die kleine Schönheit, von der sie dem Teufel in den Rachen hüpfen.«
Saarinen führte sie über einen hölzernen Steg zum Hangar.
Es war ein umgebautes Bootshaus mit zwei Doppeltüren. Saarinen öffnete eine und zeigte ihnen das kurze, gedrungen wirkende einmotorige Flugzeug mit seinen hoch angesetzten Flügeln. Es war vollkommen weiß lackiert und trug keine Hoheitszeichen. Statt Rädern besaß es eine Kombination aus Skiern und
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